Kreis und quer:Da schlackern die Lauschlappen

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Der veranstaltungsreiche Sommer hat ohrenbetäubende Nebenwirkungen, sogar über weite Entfernungen. Gegen die akustischen Attacken hilft mitunter nur inneres Schnurren.

Kolumne von Udo Watter

Zu den unangenehmsten Eigenschaften unserer Spezies gehört, dass sie Geräusche macht. Beim Essen, beim Telefonieren, beim CSU-Parteitag, am Stammtisch, im Schlaf, am stillen Örtchen. Manchmal muss die Lärmbelästigung freilich gar nicht so laut sein, um Wirkung zu zeitigen. Es gibt wahrscheinlich nichts Enervierenderes als die Essgeräusche des entfremdeten Ehepartners: Schlürfen, Kauen und - als Krönung - das leise vernehmbare Hinunterschlucken.

Zu den unangenehmsten Eigenschaften unserer Spezies gehört, dass sie viele Dinge erfunden hat, die Geräusche machen. Etliche davon haben mit Mobilität und Gartenarbeit zu tun: das schwere Motorrad für Berufsjugendliche, das etwa auf dem Weg ins Oberland die Ayinger oder Sauerlacher Ohren malträtiert, oder der kleinbürgerliche Abgott der Lärmbelästigung: der Laubbläser, der die Blätter vom Pflaster eines Ismaninger Innenhofes wirbelt. Ein Ohrkrepierer par excellence.

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Der moderne Mensch, zumal der, welcher in einem urbanen Umfeld lebt, ist oft akustischen Verschmutzungen ausgesetzt, und ganz besonders im Sommer. Es wird gebaut, geflogen, gefahren, gefeiert. Die Menschen mähen im Garten den Rasen und dreschen im Biergarten Phrasen. Und dann gibt es noch die Open-Air-Konzerte mit ihrem Krach-Bum-Bäng und andere kulturelle Freiluft-Ereignisse. Vor etlichen Jahren gingen mal nach einem AC/DC-Konzert im Olympiastadion Beschwerdeanrufe aus dem 13 Kilometer entfernten Unterhaching ein - einen faszinierenden akustischen Strömungskanal muss es in dieser Nacht quer durch die Stadt gegeben haben. Dass Helene Fischer oder Andreas Gabalier mit ihren wummernden Auftritten auf dem Riemer Messegelände schon die Lauschlappen der Feldkirchner zum Schlackern gebracht haben, ist da nicht mehr ganz so erstaunlich.

Krach wegen Lärm, eine Konstante dieser Jahreszeit. In Haar haben sich jetzt auch ein paar lärmgeplagte Anwohner gemeldet. Ihnen mutet das Outdoor-Veranstaltungsprogramm des Kleinen Theaters im Jugendstilpark unzumutbar an. Auf Außenstehende wirken solche Beschwerden immer wieder verwunderlich: Da ziehen Menschen an Orte, die schon seit Jahrzehnten durch ein lebendiges Nacht- oder Kulturleben geprägt sind, und echauffieren sich danach darüber oder gehen sogar juristisch dagegen vor. Ähnliches gibt es ja immer wieder in innerstädtischen Vergnügungshotspots wie dem Glockenbachviertel oder Schwabing.

An diesem Sonntag ist jetzt auch noch große Oper im Haarer Theatergarten: Immerhin steht in der Inszenierung der antike Sänger Orpheus im Mittelpunkt. Und der hat so schön gesungen und mit der Lyra gespielt, dass er bei seinem Ausflug in die Unterwelt nicht nur den Gott Hades betört, sondern auch den Zerberus besänftigt hat. Einer bislang unbekannten Überlieferung nach soll der Höllenhund sogar geschnurrt haben. Vielleicht sollten wir alle ein bisschen mehr schnurren.

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