Grünwald:Nur nicht nachlassen

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Der Grünwalder Gemeinderat Wolfgang Kuny wird 80. Noch immer engagiert sich der ehemalige Chefentwickler bei Airbus für die Gesellschaft.

Von Ulrike Schuster, Grünwald

Wenn sich andere zurücklehnen, hängt er sich hinein. Rentner-Dasein? Hat ihn nie interessiert. Seine tägliche Agenda füllt immer noch eine Din-A4-Seite, hinter die To-dos setzt er den Haken. Wolfgang Kuny ist ein Macher. Einer, der leise die Strippen zieht, aber im entscheidenden Moment klar ansagt. Diesen Sonntag feiert der Grünwalder Gemeinderat seinen 80. Geburtstag.

"Die direkte Botschaft ist nichts ohne die Zwischenzeile", sagt Wolfgang Kuny

Als größte Herausforderung empfindet der CSU-Kommunalpolitiker die immer gleiche: einander zu verstehen. Egal in welcher Rolle er steckte - ob als Angestellter, Ehrenamtler, Politiker, Vater oder Ehemann - über Gewinnen oder Verlieren entscheide, ob das Zuhören klappt. "Die direkte Botschaft ist nichts ohne die Zwischenzeile. Beide muss man lesen können", sagt Kuny bestimmt. Und doch klingt dieser Lehrsatz nach programmiertem Missverständnis.

Genau das aber sollte er vermeiden, so seine Aufgabe bei Airbus. Als technischer Chefentwickler musste er die Teams in aller Welt - trotz verschiedener Sprachen und Kulturen - so miteinander funktionieren lassen, dass Tornado und Eurofighter am Ende abheben konnten. Er hielt durch, machte Karriere. Irgendwann hingen 2200 Menschen von seiner Führung ab.

Für Kuny hieß das Arbeit von 7 bis 22 Uhr, drei von fünf Tagen unterwegs, Familie nur am Wochenende. Work-Life-Balance? So dachte man nicht. "Ganz oder gar nicht", hieß die Losung und er habe es nie bereut. "Halber Einsatz schafft nur mittelmäßige Ergebnisse." Die Rollen waren verteilt: Er verdiente das Geld, Ehefrau Uta kümmerte sich um die vier Kinder. Nach 35 Berufsjahren bei Airbus war Schluss, mit 60 wurde er Sozialarbeiter, übernahm die Nachbarschaftshilfe.

Mit 60 Jahren wurde der Chefentwickler bei Airbus Sozialarbeiter

Täglich fährt er "Essen auf Rädern" aus, organisiert Hilfen im Haushalt, verschafft Gestrandeten neues Obdach. "Ich hätte auch Golf spielen können, aber das wäre leicht gewesen", sagt Kuny. "Helfen ist genauso leicht, man muss nur organisieren können." Als er 1996 anfing, hatte der Verein ein Dutzend Helfer, heute sind 40 Menschen angestellt und 120 freiwillig im Einsatz - ein richtiges Unternehmen.

Wolfgang Kuny glaubt an Gott, am Sonntag geht er in den katholischen Gottesdienst, er betet jeden Tag. Die Bibel und die Psalmen helfen ihm beim Entscheiden, lassen ihn weitermachen, wenn er müde ist. Kuny glaubt fest an die Gesellschaft, die fair und barmherzig ist. "Jeder muss sich bloß seiner Verantwortung stellen", sagt er. "Nur Ansprüche stellen, funktioniert nicht."

Sozial sein sollte zum guten Image gehören, findet Kuny

Sozial zu sein, sollte so sehr zum guten Image gehören, wie guten Wein zu trinken oder den Künstler Gerhard Richter zu mögen, findet Kuny. Ohne die Kunst würde auch er sein Leben als weniger schön empfinden. Er mag die Münchner Schule, Holzschnitte und Lithografien. Und Geschichte findet er spannend, besonders die Heimatkunde. Etwa was Grünwald ausmacht, wo der gebürtige Schwabinger seit 62 Jahren lebt.

Am Sonntag kommen die Kinder, die Schwestern. Torte isst er nicht, im Wirtshaus wird er Fisch bestellen, ein Zugeständnis an die Gesundheit. Er hat noch was vor - von New York nach Los Angeles mit der Bahn. "Das ist mein Traum". Noch so ein To-do.

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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