In der Gemeinde Gräfelfing gibt es eine neue Institution: Anfang der Woche wurde der Verein "Kurt-Huber-Stiftung" gegründet. Seine zehn Mitglieder, darunter Dieter Püschel als Vorsitzender, wollen das Wirken von Professor Kurt Huber, Mitglied der Widerstandgruppe Weiße Rose während des Naziregimes, stärker im Bewusstsein verankern und aktiv in die Öffentlichkeit tragen. Und es gibt noch einen Vereinszweck: 50 000 Euro will der Verein sammeln, um langfristig eine Stiftung zu gründen, die unter anderem wissenschaftliche Arbeiten und Fachtagungen zu Kurt Huber ermöglicht.
Professor Kurt Huber hat es dem Philosophen Dieter Püschel angetan: Püschel, der 40 Jahre lang in der DDR gelebt hatte und 1989 nach München kam, hatte vom Musikwissenschaftler und Widerstandskämpfer Huber nie gehört, bis er vor etwas mehr als einem Jahrzehnt nach Gräfelfing zog. Huber lebte seit 1938 in der Gemeinde, hier verfasste er das sechste Flugblatt der Widerstandsgruppe Weiße Rose, das nicht mehr an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität verteilt werden konnte, denn in den frühen Morgenstunden des 27. Februars 1943 wurde Huber in Gräfelfing durch die Gestapo festgenommen und später in Stadelheim hingerichtet. Erst als Püschel vor der Stele an der Einmündung zur Professor-Kurt-Huber-Straße stand, die an den Widerstandskämpfer erinnert, erlebte der Gräfelfinger Neubürger Püschel eine "Inititalzündung", wie er es nennt. Seitdem beschäftigt er sich intensiv mit Huber und "das Staunen hält an", wie er sagt.
In Gräfelfing ist Huber bekannt, das nach ihm benannte Kurt-Huber-Gymnasium erinnert an den Widerstandskämpfer. Doch darüber hinaus sei noch "viel Luft nach oben", was die Bekanntheit dieser historischen Person angehe, sagt Püschel, der zwölf Jahre in Gräfelfing gelebt hat und erst kürzlich nach Olching umgezogen ist. Der Verein soll das ändern und versteht sich als Ergänzung zu bestehenden Initiativen in Sachen Erinnerungskultur in Gräfelfing. Püschel ist Vorsitzender, Susanne Ludwig, in der Huber-Villa in Gräfelfing geboren, seine Stellvertreterin. Der Philosoph Dominic Kaegi aus Heidelberg ist Sprecher der Mitgliederversammlung, Püschels Ehefrau Sandra Meilhaus ist mit im Vorstand und Wolfgang Huber, der Sohn von Kurt Huber, ist Ehrenvorsitzender. Die Villa in der Professor-Kurt-Huber-Straße wurde 1956 verkauft, die Familie Willi, die heute im Huber-Haus lebt, zählt ebenfalls zu den Gründungsmitgliedern des Vereins.
Das Gründungskapital für die Stiftung einzusammeln, wird wohl "einige Jahre dauern", sagt Püschel. Die Stiftung sei "der Traum". Mit ihr soll das Gedenken an Huber "in Europa verankert" werden, die Stiftung soll politische Bildung betreiben. Denn viele Themen, mit denen sich der Professor beschäftigte, seien heute noch hochaktuell: Huber habe für ein demokratisches Nachkriegs-Europa plädiert, die Rolle Russlands in Europa sei damals wie heute eine "brennende Frage" gewesen. Bis die Stiftung aktiv werden kann, wird der Verein an Huber erinnern: Nächstes Jahr ist Hubers 130. Geburtstag, ein guter erster Anlass, als Verein in die Öffentlichkeit zu treten.