Berühmt werden. Ein Star sein. Weltweit gefeiert. Wer möchte das nicht? Freilich - wer besser als die Konkurrenz sein will, muss zu allem entschlossen sein. Eventuell auch über Leichen gehen, vielleicht sogar über die eigene.
"Herzstillstand" heißt die neue Produktion des Garchinger Kulturvereins "Blue Art" und eine Herzstillstand-Show, in der es um Leben und Tod geht, ist der erzählerische Ausgangspunkt der dystopisch-irrwitzigen Geschichte. Inszeniert wird diese als "Cinecal", eine Kombination von cineastischen Effekten mit klassischem Musical-Theater. Dank großflächiger Videoinstallationen auf einer Leinwand erhält das Theatergeschehen live eine neue visuelle Dimension, wird zum Generalangriff auf die Sinne. "Es ist ein ambitioniertes, ein cooles Projekt", sagt Blue-Art-Vorsitzende Christiane Gimkiewicz.
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Sie zeichnet federführend für die Story, die Kompositionen und die Regie verantwortlich, aber die Produktionen des Vereins, der 2023 mit dem Tassilo-Kulturpreis der SZ ausgezeichnet wurde, sind vor allem auch Gemeinschaftsproduktionen. "Nichts für Einzelkämpfer. Jeder wird wichtig sein", betont Gimkiewicz. Dafür sucht der 2018 gegründete Verein, der bereits mit seiner ersten großen Produktion "Wellenreiter" Aufsehen erregt hat, noch zahlreiche Darstellerinnen und Darsteller. "Es ist eine schöne Möglichkeit, mal auf die Bühne zu kommen", sagt Gimkiewicz, die auch schon in diversen Bands und als Solo-Musikerin aktiv war.
Willkommen sei jeder, "der Spaß hat an Musik, Gesang und Bewegung". Dazu bietet der Verein auch Workshops mit Profis an, die Theater-Neulingen die ersten wichtigen Schritte auf dem Weg zur guten Performance beibringen wollen. Einbringen können sich bei dem Projekt Interessierte freilich auch durch Mitarbeit an Kostümen, Bühnentechnik, Musikaufnahmen oder Videodrehs.
Beim Casting, zu dem der Verein für den 29. Januar in die Turnhalle an der St. Severin-Straße in Garching lädt (Beginn 19.30 Uhr, Anmeldung unter info@blueart-ev.de), gilt es freilich vor allem, Akteure für die Bühne zu finden. Gut 25 Darsteller werden wohl eingesetzt, einige Rollen sind bereits besetzt, aber etliche noch offen, Haupt- wie Nebenrollen. Für eine Bewerbung sollte man mindestens 16 Jahre alt sein.
Nicht nur das spezielle Genre, auch der Plot klingt jedenfalls vielversprechend: Die besagte Herzstillstand-Show wird von einer Gruppe von Investoren finanziert, die auf Anraten einer KI auf drei Erfolgskriterien basiert: gute Musik, Green-Washing und ein paar Leichen. Eine zu allem entschlossene Band lässt sich darauf ein und wird, wie vorausberechnet, weltberühmt. Nur geht die Show dann doch einmal katastrophal schief. Alles vorbei? Nicht im heutigen Musikgeschäft. Die fünf jungen Leute werden medienwirksam tiefgefroren, posthum weiter vermarktet bis sie zweihundert Jahre später wiederbelebt werden: als Sklaven einer künstlichen Intelligenz, der "Krähen". Sapperlot.
KI und Digitalisierung - es geht um gesellschaftlich hochaktuelle Themen
Um sich von diesen zu befreien, brauchen sie dann vornehmlich Witz und Wahnsinn als Waffen, dazu viel Musik. Am Ende kommt es zum großen Showdown zwischen Mensch und Maschine. "Das Stück ist kurios", sagt Gimkiewicz, "aber im Irrwitzigen liegt ja auch das Menschliche."
Offensichtlich setzt sich die Handlung mit etlichen gesellschaftlich relevanten und hochaktuellen Themen kritisch auseinander: die mit KI und Digitalisierung verbundenen Gefahren, das popkulturelle Casting-System, kapitalistische Gier. Und auch der Umweltschutz spielt eine Rolle - in der glatten, von Maschinen dominierten Zukunft gibt es etwa noch ein letztes Waldreservoir, das es zu retten gilt. Moralinsauer soll das Stück indes nicht sein, wie Gimkiewicz betont: "Gesellschaftskritik steht nicht im Vordergrund, aber wir wollen schon etwas bewegen. Etwas Sinnvolles mit einfließen lassen."
Die Uraufführung wird voraussichtlich Anfang April 2025 in Garching sein (eine klein dimensionierte Voraufführung gab es schon im Herbst 2023), der lange Prozess der Vorbereitungen und des Einstudierens ist nicht zuletzt dem hohen künstlerischen Anspruch des Laien-Ensembles geschuldet. "Wir brauchen schon Zeit, auch weil wir natürlich nicht so oft proben können wie Profis", sagt Gimkiewicz. Neben den Proben oder Tanz- und Gesangsworkshops gibt es auch Videodreh-Termine, zudem weitere Möglichkeiten, sich kreativ zu entfalten im Bereich Film, Trickfilm, Kostüm und Maske.
Und so eindrucksvoll "Wellenreiter" schon war - dramaturgisch und für die Projektionstechnik haben die Blue-Art-Macher um Gimkiewicz, Daniela Fölsner und Martina Loibl einiges dazugelernt, was sie nun für "Herzstillstand" optimiert anwenden wollen: So wird diesmal die Konzentration vornehmlich auf die beweglichen Leinwände gerichtet, um die Kraft der visuellen Eindrücke noch zu verstärken. Schnelle Szenenwechsel sollen sich mit Action-geladenen Live-Darbietungen, emotionale Songs mit witzigen oder hitzigen Dialogen abwechseln. Und den Generalangriff auf die Sinne noch intensivieren.
"Es ist viel Arbeit", so Gimkiewicz. Als Belohnung winkt vielleicht nicht weltweite Berühmtheit, aber die Aussicht, Teil einer besonderen Inszenierung zu sein: "Nur als Gruppe können wir Unglaubliches auf die Bühne bringen."