Österreicher und Türken im Landkreis:Fußballfans geben noch nichts verloren

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Türkische Fußballfans hatten bisher bei der Fußball-EM wenig Grund zum Jubeln. (Foto: AFP)

Ein türkischer Torjäger und ein österreichischer Wirt aus dem Landkreis sind vor den letzten EM-Gruppenspielen optimistisch.

Von Stefan Galler, Kirchheim/Sauerlach

Für die zwei größten nicht-deutschen Bevölkerungsgruppen im Landkreis München könnte die Fußball-Europameisterschaft schon diese Woche zu Ende sein: die Österreicher und die Türken.

Ihre Nationalmannschaften bangen dieser Tage um den Einzug ins Achtelfinale. 5035 Österreicher zählt das Landratsamt und 4593 Türken. Die SZ hat zwei von ihnen vor den entscheidenden dritten Gruppenspielen befragt.

Orhan Akkurt

Ein bisschen Häme muss er schon ertragen in diesen Tagen, aber das ist nun einmal so unter Fußballern. Orhan Akkurt, Torschützenkönig der Bayernliga und Deutsch-Türke, dessen Eltern aus Giresun am Schwarzen Meer stammen, leidet mit der türkischen Nationalmannschaft. Und so manche gehässige SMS früherer oder aktueller Mannschaftskollegen landet auf seinem Smartphone. Zwei Spiele, zwei Niederlagen stehen für die türkische Elf bislang bei der Europameisterschaft in Frankreich zu Buche. An diesem Dienstag hat das Team noch eine kleine Chance, durch einen klaren Sieg gegen Tschechien als einer der besten Gruppendritten ins Achtelfinale einzuziehen.

Der für Heimstetten spielende Deutsch-Türke Orhan Akkurt. (Foto: Claus Schunk)

Doch das werde nur gelingen, wenn sich seine Landsleute endlich von ihren taktischen Zwängen freimachten, sagt Akkurt: "Sie spielen nicht mit Leidenschaft und dem unbändigen Willen, der sie immer ausgemacht hat. Dieses taktische Ballgeschiebe können wir nicht", sagt der Mittelstürmer, der aktuell für den SV Heimstetten spielt und in den vergangenen sieben Jahren für verschiedene Klubs 150 Ligatore erzielte in der Regional-, Bayern- und Landesliga.

Orhan Akkurt ist also einer, der weiß, worum es beim Fußball geht. Und deshalb stellt er die Ausrichtung der türkischen Elf infrage: "2008 sind wir ins Halbfinale gekommen - ohne Angst und mit viel Mumm, auch wenn es manchmal Harakiri war." Auch zu den gnadenlosen Pfiffen der türkischen Fans gegen Spielmacher Arda Turan hat Akkurt eine sehr dezidierte Meinung: "Das sind Erfolgsfans, die ihn ausbuhen, weil er bei Barcelona spielt und sie meinen, er hängt sich für die türkische Mannschaft nicht genug rein." Doch derlei Unmutsbekundungen solle man nicht auf die Goldwaage legen, beschwichtigt der Mittelstürmer. "Wenn Turan gegen die Tschechen zwei Tore macht und eines auflegt, ist er wieder unser Nationalheld und sie bauen ihm in Istanbul eine Statue."

Josef Drexler

Mit den großen Idolen ist das bei der EM in Frankreich ohnehin so eine Sache. Auch David Alaba, der Star des FC Bayern und nach Meinung vieler Experten der einzige Weltklassespieler der österreichischen Auswahl, hat bislang wie sein türkischer Kollege Turan ebenfalls noch nicht zu seiner Form gefunden. Ein Grund dafür, dass der Alpenrepublik am Mittwoch ebenso das vorzeitige Aus droht.

Der Sauerlacher Wirt und gebürtige Österreicher Josef Drexler. (Foto: Claus Schunk)

Das sieht Josef Drexler, Chef des Postwirts in Sauerlach, nicht ganz so: "Wenn Alaba gegen Island durchspielt und vorne etwas mehr geht als gegen Portugal, dann werden wir gewinnen und kommen weiter", sagt der gebürtige Steirer, der schon seit 32 Jahren in Bayern lebt und gemeinsam mit Landsmann Walter Pacher den Gasthof seit drei Jahren leitet. Zuvor hatten beide das Bräustüberl in Aying gemanagt. Dass Alaba noch nicht zu seiner Glanzform gefunden hat, ficht dessen Landsmann nicht an: "Götze und Müller bringen es auch noch nicht rüber. Ich denke, dass in den ersten Spielen viel Taktiererei dabei war, aber Österreich hat eine gute Qualifikation gespielt und wird seine Chance nun nützen."

Er sei "schon patriotisch", sagt Drexler, weshalb er bei Österreich-Spielen auch immer wieder in der Gaststube einen Blick auf den großen Fernseher wirft, der dort läuft, wenn EM-Partien stattfinden. "Wir drehen aber den Ton ganz leise, damit sich niemand gestört fühlt", sagt der Wirt. Als das rot-weiß-rote Team am Samstag Portugal mit Reizfigur Ronaldo ein 0:0 abtrotzte, habe er seine gute Laune nur schwer zurückhalten können, sagt Drexler: "Wir haben die Portugiesen niedergekämpft, das hat mich sehr gefreut."

© SZ vom 21.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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