Tatort Feuerwache:Warum Feuerwehren immer wieder Ziel von Einbrüchen werden

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Das Grundwerkzeug der Feuerwehr bei schweren Verkehrsunfällen: Muss ein Verletzter nach einem Unfall aus einem Wrack gerettet werden, zählt oft jede Sekunde. Mit speziellen Gerätschaften, wie hier einer Rettungsschere, gelingt dies den Rettern oft in kurzer Zeit. (Foto: Marco Einfeldt)

Rettungsschere und Rettungsspreizer sind bei Kriminellen sehr begehrt. Warum das so ist und wie sich die Ehrenamtlichen schützen können.

Von Lisa Marie Wimmer, Landkreis München

Ein schwerer Verkehrsunfall: Menschen wurden verletzt, sind in ihrem Fahrzeug eingeklemmt. Jetzt zählt jede Sekunde. Die Feuerwehr rückt aus. Mit ihrem Rettungsspreizer drücken sie verklemmte Autotüren auf, mit der Rettungsschere schneiden sie das Autodach herunter - sie tun alles, um die Verletzten schonend und schnell zu befreien, sie aus ihrer Lage zu retten. Doch was tun, wenn der Alarm ausgelöst wird und die Einsatzkräfte vor einem leeren Feuerwehrauto stehen?

Immer wieder werden Feuerwachen Ziel von dreisten Einbrechern, die vor allem an den speziellen Rettungsgeräten der Helfer Gefallen gefunden haben. Denn mit Rettungsschere und Rettungsspreizer lassen sich nicht nur Menschenleben retten, sondern sie können auch als Einbruchswerkzeug für schwer zugängliche Objekte oder Gegenstände missbraucht werden. So sollen bei dem Einbruch in das Grüne Gewölbe in Dresden etwa die Fenstergitter mit einer hydraulischen Schere geöffnet worden sein.

"Mich wundert da mittlerweile nichts mehr", sagt Michael Basler, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Feldkirchen im Landkreis München. Auch seine Wehr wurde 2021 Opfer von Einbrechern. Damals wurde in der Nacht ein kompletter Rettungssatz, sprich ein hydraulischer Rettungsspreizer und eine Rettungsschere samt Stromaggregat, im Wert von mehreren 10 000 Euro gestohlen. Die Einbrecher waren in der Nacht über ein Fenster, das sie aufgehebelt hatten, in die Feuerwache eingestiegen.

Rettungsscheren und -spreizer seien für schwere Verkehrsunfälle das Grundhandwerkszeug, sagt der Feuerwehrkommandant: "Gut, dass wir bei uns so eine hohe Feuerwehr-Dichte haben", denn: "Wenn am Land der eine verfügbare Spreizer gestohlen wird, dann dauert es im Ernstfall zu lange, bis eine entfernte Feuerwehr mit dem nächsten da ist."

Der Rettungsspreizer ist für die schnelle Befreiung von Verletzten aus Unfallautos ein essenzielles Werkzeug für die Feuerwehrkräfte. (Foto: Leonhard Simon)

Der Landesfeuerwehrverband Bayern kennt die Thematik um die Einbrüche in Feuerwachen und weiß, dass es kein lokal beschränktes Phänomen ist. "Mittlerweile passiert das leider seit Jahren schon deutschlandweit", sagt Jürgen Weiß vom Landesfeuerwehrverband (LFV). Eine Statistik über die Häufung liege dem Verband allerdings nicht vor.

Zuletzt wurde im März 2024 bei der Freiwilligen Feuerwehr in Heimstetten im Landkreis München eingebrochen und Rettungswerkzeug gestohlen. Wirft man einen Blick auf die Berichterstattung der jüngsten Einbrüche in Bayern, so fällt auf, dass die Diebe überwiegend bei kleineren Feuerwehren außerhalb der Großstädte zugreifen, also immer wieder bei den Freiwilligen Feuerwehren. Vermutlich, da die im Gegensatz zu den Berufsfeuerwehren nicht rund um die Uhr in ihrem Feuerwehrhaus sind. "Feuerwehrhäuser stehen meistens alleine und es wohnt keiner drinnen", so Weiß vom LFV: "Es fällt also nicht gleich auf, wenn etwas fehlt."

Das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) weist zudem auf ein "großes Hindernis für einen effektiven Einbruchs- und Diebstahlschutz" hin. Wenn nämlich die Frauen und Männer der Feuerwehr alarmiert werden, dann muss es vor allem schnell und unkompliziert aus der Fahrzeughalle und zu den Gerätschaften gehen. "Diese Vorgaben für die schnelle Verfügbarkeit von Fahrzeugen und Rettungstechnik erschweren die Umsetzung von bestimmten Sicherungsmaßnahmen", sagt das LKA.

Trotzdem müssen Feuerwachen nicht ungeschützt bleiben. Das LKA stehe bereits mit dem Landesfeuerwehrverband in Kontakt, um allen Feuerwehren in Bayern aktuelle Informationen zur Verfügung stellen zu können, heißt es aus der LKA-Pressestelle. Neben "einbruchshemmenden Fenstern, Türen und Toren" für Feuerwehren, sei es laut dem Bayerischen Landeskriminalamt auch möglich, elektronische Überwachungstechnik einzubauen oder nachzurüsten. Die 33 kriminalpolizeilichen Beratungsstellen in Bayern würden hier den Wehren beratend zur Verfügung stehen.

Aber auch jeder Bürger ist gefragt. "Die 'Alleinlage' von Feuerwehrhäusern, häufig am Ortsrand, erleichtert es Tätern bei den meist nicht bewohnten Gebäuden, unbemerkt einzudringen", so das LKA, daher sollten Bürgerinnen und Bürger "verdächtige Wahrnehmungen" über die Notrufnummer 110 unverzüglich an die Polizei melden.

Nach dem Einbruch 2021 wollte auch die Feuerwehr Feldkirchen im Hinblick auf Einbruchschutz nachrüsten. Die alten Türen - das Feuerwehrhaus ist aus dem Jahr 1981 - wurden erneuert und auch die Fenster werden laut dem Kommandanten Basler Stück für Stück ausgetauscht. Man hatte zudem einen Termin mit einem Fachplaner und es seien noch weitere Maßnahmen geplant.

Feuerwehr und weitere Rettungskräfte demonstrieren in Ebersberg die Bergung von Unfallopfern. Hier wird das Dach eines Autos abgeschnitten, um besser an das überlebende Unfallopfer zu kommen. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Laut LFV sei in Hinblick auf einen Einbruch jede Feuerwehr gefährdet, da diese in der Regel "gutes technisches Spezialgerät vorhalten". Publicity sei auch nicht immer positiv. Wenn eine Feuerwehr über neues technisches Gerät in der Öffentlichkeit informiere "natürlich voller Stolz", wie Jürgen Weiß erklärt, berge das die Gefahr, dass auch Personen davon Kenntnis erhielten, die "nichts Gutes im Sinn" hätten. Erste Feuerwehren halten bereits Berichte und Social-Media-Posts zu ihrem Rettungswerkzeug zurück.

"Ärgerlich", wie Michael Basler von der Feuerwehr Feldkirchen findet: "Wir sind schließlich eine öffentliche Einrichtung, wir wollen transparent sein und uns nicht einbunkern. Aber letztlich ist das die Konsequenz, dass man weniger Informationen freigibt."

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