Kommunale Finanzen:Rettungsschirm für Sport und Kultur

Lesezeit: 3 min

Im Phönix-Bad wurde die Zwangspause zum Teil für Renovierungsarbeiten genutzt. (Foto: Steffen Volk/oh)

Musikschulen, Bäder und Kulturhallen treffen die Einschränkungen der Pandemie hart. Weil kommunale Einrichtungen keine staatlichen Corona-Hilfen bekommen, müssen die Städte und Gemeinden einspringen.

Von Daniela Bode, Ismaning/Ottobrunn/Taufkirchen

Ottobrunns Bürgermeister Thomas Loderer (CSU) wählt deutliche Worte: "Ich habe bewusst den Begriff ,Rettungsschirm' gewählt, damit klar ist: Diese Einrichtung geht nicht pleite." Zuletzt beschloss der Hauptausschuss der Gemeinde, die Rosmarie-Theobald-Musikschule und die Ballettschule mit zusätzlichen 90 000 Euro zu bezuschussen, um coronabedingte Ausfälle aufzufangen. Wie Ottobrunn müssen auch andere Städte und Gemeinden im Landkreis Geld für Kultur- und Freizeiteinrichtungen zuschießen, die als kommunale Eigenbetriebe organisiert sind. Denn im Grundsatz erhalten gemeindliche Einrichtungen trotz großer Ausfälle keine Corona-Nothilfen.

Die Ottobrunner Musik- und die Ballettschule sind unter dem Dach der Musik,Tanz und Bewegung GmbH (MTB) organisiert, deren alleinige Gesellschafterin die Gemeinde ist. Da für GmbHs gesetzlich vorgeschrieben ist, dass für die Jahresrechnung eine positive Prognose für das kommende Jahr nötig ist, musste die Gemeinde Zuschüsse in Aussicht stellen. Loderer ging es dabei um die Botschaft, dass die Liquidität der Einrichtung immer sichergestellt werde. Dass die gesamten 90 000 Euro gebraucht würden, erwartet er nicht.

Sicherheit verschaffen sie der Einrichtung freilich schon. Wie Geschäftsführer Robert Jobst, Leiter der Musikschule, berichtet, hätte die MTB 2020 Mehrausgaben in fünfstelliger Höhe gehabt, etwa wegen vermehrter Reinigungsarbeiten und der Aufrüstung der EDV-Ausstattung, um den Online-Unterricht zu ermöglichen. Jobst spricht auch von hohen Mindereinnahmen, weil seit Herbst die Schülerzahlen abgenommen hätten, was man bisher nicht habe kompensieren können. "Wir hoffen, dass es wieder aufwärts geht und sich die Leute verstärkt anmelden", sagt er. Die Geschäftsführung der MTB habe überprüfen lassen, ob staatliche Hilfen abgeschöpft werden könnten. Um Mittel über den Musikschulverband zu erhalten, hätten aber beispielsweise "massive Liquiditätsengpässe" bestehen müssen, wie Jobst sagt. In dem geforderten Maß bestanden sie aber nicht. Der Rettungsschirm soll laut Jobst nur eine Überbrückung bleiben.

Noch tiefer als bei der MTB muss die Gemeinde Ottobrunn für das Phönix-Bad in die Tasche greifen, das über die kommunale Sportpark GmbH betrieben wird und bei vielen Menschen aus der Region beliebt ist. Statt der normalerweise um die 800 000 Euro im Jahr muss die Gemeinde die Einrichtung dieses Jahr mit fast 1,5 Millionen Euro unterstützen. "Das tut schon weh", sagt Loderer. Jeder Monat, den die Gemeinde das Bad geschlossen halten müsse, gehe ihr viel Geld verloren.

Eine große Streichliste an anderer Stelle gebe es deshalb aber nicht. "Wir sind eine sehr effizient und wirtschaftlich geführte Gemeinde", sagt er. Dennoch würde er sich gerade beim Phönix-Bad eine Unterstützung des Staats wünschen, zumal Ottobrunn damit einen großen Beitrag zur Daseinsvorsorge leiste. Zudem hätte er gerne, dass bei staatlichen Leistungen auch darauf geachtet werde, welche Kommune sie nötig habe. Er spielt darauf an, dass die reiche Gemeinde Grünwald zuletzt wegen der coronabedingten Ausfälle einen Gewerbesteuerausgleich von 18 Millionen Euro erhalten habe, die Gemeinde Putzbrunn aber nichts.

Ismaning lässt seine Einrichtungen nicht hängen

Auch die Gemeinde Ismaning lässt ihre kommunalen Einrichtungen dieses Jahr nicht hängen. "Es ist eine große Herausforderung für die Kulturträger, aber mit Hilfe der Gemeinde ist das machbar", sagt Bürgermeister Alexander Greulich (SPD). Coronabedingte Zusatzzahlungen hat Ismaning für die Einrichtungen aber offensichtlich nicht zu stemmen. Das Kallmann-Museum, dessen Hauptsponsor die Gemeinde ist, wird wie jedes Jahr mit 100 000 Euro gefördert. Heuer sind außerdem 1,6 Millionen Euro für die Sanierung in den Haushaltsplan eingestellt. Wie in den Jahren zuvor werde die Gemeinde etwa die Musikschule mit 1,2 Millionen Euro unterstützen, teilt Greulich mit.

Doch erstmals hat die Gemeinde ihren Betrag für die freiwilligen Leistungen dieses Jahr "auf sieben Millionen Euro gedeckelt" - eine Million Euro davon ist für die Kinderbetreuung eingeplant -, weil sie infolge der Corona-Pandemie weniger Steuereinnahmen als sonst verzeichnete. "Ich hoffe, dass wir damit gut hinkommen werden", sagt Greulich. Dass gemeindliche Einrichtungen vom Staat keine Corona-Hilfen bekommen, missfällt ihm.

Er verkenne die Gewerbesteuerausgleichszahlungen an die Kommunen nicht, sagt er. "Mir fehlt aber der Ausblick für dieses Jahr." Zudem beklagt er, dass Kommunen staatliche Aufgaben übernehmen müssten - Stichwort Lehrerendgeräte oder Digitalisierung an den Schulen. "Da wünsche ich mir noch eine stärkere Unterstützung der Kommunen", sagt er.

Dass kommunale Einrichtungen keine Corona-Hilfen erhalten, wird auch die Gemeinde Taufkirchen dieses Jahr zu spüren bekommen. Denn entsprechend dem Haushaltsplan wird sie beim Kultur- und Kongresszentrum, in dem noch 2019 drei bis vier Kulturveranstaltungen in der Woche stattfanden, ein Defizit von etwa 1,3 Millionen Euro schultern müssen. 2019, also vor der Corona-Pandemie, lag dieses bei etwa einer Million Euro. "Weil 2021 Veranstaltungen nachgeholt werden und daher mehr als 2019 stattfinden sollen, aber der Zutritt beschränkt wird, steigt das Defizit 2021 stark an", sagt Zweiter Bürgermeister Michael Lilienthal von den Freien Wählern. Dafür hatte das Kulturzentrum die Gemeinde 2020 weit weniger belastet als sonst. Weil Künstlerhonorare, Betriebskosten und andere Ausgaben, die normalerweise angefallen wären, nicht gezahlt werden mussten, war das Defizit auf etwa 830000 Euro gesunken.

Für den großen Sportverein SV-DJK Taufkirchen hat die Gemeinde eine pragmatische Lösung gefunden, diesen zu unterstützen. Hier wurde laut Lilienthal der Zuschuss schon ausgezahlt, der erst im Herbst angefallen wäre. Die Musikschule und die Volkshochschule bekämen, was immer gezahlt werde. "Zusätzliches Geld ist bislang nicht geflossen", sagt Lilienthal. Dass gemeindliche Einrichtungen in der Pandemie nicht vom Staat unterstützt werden, findet Lilienthal weniger schlimm als den Umstand, dass Firmen coronabedingte Verluste mit Gewinnen aus dem Jahr 2019 verrechnen dürfen. "Das bedeutet, dass rückwirkend die Gewinne sinken, damit auch die Gewerbesteuer, und dass Gemeinden möglicherweise Geld zurückzahlen müssen."

© SZ vom 26.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: