Blick in die Zukunft:Bleierne Leichtigkeit

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Schaut her - wir wissen was da kommt: Markus Büchler, Ernst Weidenbusch, Annette Ganssmüller-Maluche und Tobias Thalhammer (von links) präsentieren ihre Ergebnisse beim Bleigießen. (Foto: Angelika Bardehle)

Annette Ganssmüller-Maluche findet sich heiß, Ernst Weidenbusch geht bald oft Golfen, Tobias Thalhammer kreiert eine neue Leitkultur und Markus Büchler bändigt den Kormoran. Die Direktkandidaten für die Landtagswahl schauen mit viel Humor auf das Jahr 2018

Von Stefan Galler und Martin Mühlfenzl

Markus Büchler wäre kein echter Grüner, wenn ihm die Herkunft des Materials nicht wichtig wäre. "Das ist doch bestimmt Bio-Blei aus regionalem Fairtrade" witzelt der Oberschleißheimer in einer SMS. Klar, und "im mit Bioraps betriebenen Flugzeug" eingeflogen, bekommt er als Antwort. Geht auch, lässt Büchler wissen, "solang die Bioenergie von Urwaldindianern geerntet wurde".

Logisch. Markus Büchler ist also dabei beim Bleigießen. Wie auch Annette Ganssmüller-Maluche von der SPD, Ernst Weidenbusch (CSU) und der Liberale Tobias Thalhammer. Vier Direktkandidaten aus dem Landkreis München bei der Landtagswahl im kommenden Jahr schwingen im Ismaninger Bürgerhaus kurz vor der letzten Sitzung des Kreistags den Löffel mit geschmolzenem Blei, um heraus zu lesen was da auf einen persönlich - und was noch viel interessanter ist - auf die Konkurrenz zukommen wird.

Es ist angerichtet. Ein Bleigießen-Set, eine Kerze, ein paar Luftschlangen und ein Feuerzeug als flammende Unterstützung. Und sogleich die Diskussion um die Sitzordnung ..

Weidenbusch (zu Ganssmüller-Maluche): Du ganz links!

Ganssmüller: Und du ganz rechts!

Anschließend müssen noch die fingernagelgroßen Blei-Rohlinge verteilt werden, Annette Ganssmüller-Maluche schanzt dem CSU-Kollegen - natürlich - eine Krone zu, Markus Büchler reißt sich eine Sektflasche unter den Nagel, wohl weil er hofft, dass es nach der Landtagswahl für die Grünen einen triftigen Grund zum Feiern gibt. Die Sozialdemokratin beginnt. Als sich das Blei auf ihrem Löffel erstmals langsam auflöst, steigt die Spannung ..

Ganssmüller-Maluche: Da bleibt ja gar nichts mehr übrig.

Weidenbusch: Das ist wie mit euren Prozenten.

Büchler: Das nimmt das Ergebnis vorweg.

Das Blei der stellvertretenden Landrätin zischt ins Wasser - ergibt eine kleine Säule, spitz zulaufend. Annette Ganssmüller-Maluche deutet es als ihr bevorstehendes üppiges Wahlergebnis.

Weidenbusch: "Das ist ein Luftballon. Und weil wir uns so lange kennen, habe ich das Wörtchen ,heiß', das davor gehört, weggelassen."

Ganssmüller-Maluche: Wie, du findest mich jetzt nicht heiß?

Weidenbusch: Also dann doch: Das sieht aus wie ein Heißluftballon.

Büchler: Für mich sieht das eher aus wie eine Stütze, eine Krücke. Fragt sich nur, für wen.

Ganssmüller-Maluche: Oder wie ein göttlicher Fingerzeig für mich.

Und weiter geht die Dampfplauderei. Jetzt ist erst einmal die Frage zu klären, wer als nächster drankommt.

Thalhammer: Ernst, mach du mal.

Weidenbusch: Ich mach am Schluss.

Ganssmüller-Maluche: Aber nicht, dass der mich dann nachher mit Blei bewirft.

Weidenbusch: Die Reihenfolge geht nach der Prozentzahl: Von unten nach oben.

Thalhammer: Also gut, ich nehme die Uhr, weil unsere Stunde jetzt schlägt.

Das Blei des Liberalen schmilzt sehr langsam. Thalhammer bleibt gelassen: "Manchmal muss man warten können, bis man etwas Gutes machen kann." Da kommt der CSU-Bundestagsabgeordnete und Kreisrat Florian Hahn an der lustigen Runde vorbei: "Sieht nach einem Abklingbecken aus", sagt er feixend und erntet Gelächter. Nach mehreren Minuten über der Flamme hat Thalhammers Bleiuhr immer noch nicht ihre Konsistenz verändert.

Thalhammer: Wenn ich es jetzt ins Wasser werfe, kommt wieder eine Uhr heraus.

Weidenbusch: Dann kriegst von mir ein Armband dazu.

Büchler: Als Trost.

Weidenbusch: Das mache ich nachher auch. Ich werfe die Krone einfach so rein, dann weiß ich gleich, was es ist. (Zu Thalhammer): Tobi, etwas höher, gib der Flamme ein bisschen Luft!

Thalhammer: Luft nach oben, meinst du?

Dann geht alles ganz schnell: Das Blei schmilzt und Thalhammer kippt es ins Wasser. Es entstehen mehrere verschieden große Bleitröpfchen.

Thalhammer: Man sieht auf jeden Fall schon mal die ..

.

Büchler: ... Zersplitterung ..

. Weidenbusch: Der eine da sieht aus wie Darth Vader. Eindeutig.

Thalhammer: ... die Vielfalt, die wahre bayerische Leitkultur, nicht wie ihr von der CSU sie meint.

Weidenbusch: Toby, ganz ehrlich, das sieht eher aus wie die Reste der bayerischen FDP. (Thalhammer fischt die Bleibröckerl aus dem Wasser).

Weidenbusch: Jetzt nimmt er sie auch noch mit. Aber klar, wenn du nur drei Prozent hast, darfst du nix liegenlassen.

Der CSU-Fraktionsvorsitzende im Kreistag, Stefan Schelle, schließt sich den Bleigießern an und sieht Thalhammer nach dem Blei greifen. "Das ist jetzt Pilatus: Ich wasche meine Hände in Unschuld", sagt er und meint wohl die einige Tage zuvor von der FDP beendeten Sondierungsgespräche bezüglich der Bildung einer neuen Bundesregierung.

Als Nächster ist der Grüne Markus Büchler an der Reihe. Bei ihm geht das mit dem Schmelzen deutlich schneller, während sich die Kandidaten über das Material der Rohlinge austauschen (Büchler: "Das ist Zinn, kein Blei"). Und schon versucht auch er, den Löffelinhalt in die Schüssel zu kippen. Die flüssige Masse bleibt zunächst am Löffel hängen, dann entsteht ein eigentümliches Gebilde, flach und breit.

Bleigießen ist out - das ist eine der überraschenderen Erkenntnisse der Studie. (Foto: Angelika Bardehle)

Weidenbusch: Wie nicht anders zu erwarten, hat der Grüne das Set zerstört. Nicht regierungsfähig.

Thalhammer: Die Grünen kommen nicht weg vom Fleck und ihre Suppe müssen andere wieder auslöffeln.

Ganssmüller-Maluche: Die bleiben an alten Gedanken kleben.

Büchler: Das ist eindeutig ein massives, stabiles, solides Ergebnis, auf das sich aufbauen lässt.

Weidenbusch: Markus, sei ehrlich - so etwas nennt man Totalschaden.

Büchler: Das könnte auch ein Schatten sein.

Thalhammer: Die Grünen stehen im Schatten der CSU.

Büchler: Oder ein Adler ... ja, ganz eindeutig, man sieht vorne die Hakennase.

Weidenbusch: Das ist höchstens eine Möwe.

Thalhammer: Ich sehe da einen Kormoran, auch weil der ja ins Wasser geht.

Zu einer Einigung kommt es nicht - kaum überraschend, die drei Diskutanten bilden ja das Jamaika-Dreigestirn in der Runde und Annette Ganssmüller-Maluche steht in diesem Fall natürlich für Gespräche nicht zur Verfügung. Da hat sich auch schon Ernst Weidenbusch den Löffel geschnappt und platziert sein Blei darauf. Doch der Rohling hat nun doch nicht die Form einer Krone, der CSU-Politiker hat sich im letzten Moment für einen Sack entschieden.

Weidenbusch: Ich habe den 1000-Kilo-Sack genommen mit dem Weizen, wie es sich für einen bayerischen Landwirtschaftsvertre ter gehört.

Büchler: Machst jetzt auf Bio-Bauer?

Thalhammer: Früher hat die CSU noch Geld in den Säcken gehabt.

Weidenbusch: (wechselt ganz schnell das Thema) Wenn ich mich hier so umschaue, bin ich sowieso der einzige, der seine Magersucht im Griff hat. Naja gut, Annette ... Wollen wir mal nicht uncharmant sein.

Mittlerweile ist das Blei geschmolzen, der Landtagsabgeordnete zählt von vier herunter. Im Wasser entsteht eine kleine kompakte Skulptur.

Thalhammer: Harry Potter!

Büchler: Das ist auch so ein Knochen.

Ganssmüller-Maluche: Eine doppelte Schlange.

Büchler: Ja, eine Schlange!

Thalhammer: Oder ein Pantoffel, ich trau's mich gar nicht zu sagen.

Weidenbusch: Das ist der bayerische Löwe mit dem Zepter.

Thalhammer: Eher als Bettvorleger. Und Zepter passt doch, das heißt herrschsüchtig.

Büchler: Es könnte auch eine Golftasche sein. Das deutet auf Freizeit hin.

Ganssmüller-Maluche: Das heißt, dass du ab Herbst Zeit zum Golfspielen hast.

Büchler: Da würde ich mir jetzt Sorgen machen.

Weidenbusch: Das ist eben der Unterschied zwischen uns: Ich neige nicht zur Sorge.

Am Ende entbrennt noch eine lebhafte Diskussion darüber, ob eher Annette Ganssmüller-Maluche das Direktmandat im nördlichen Landkreis gegen Ernst Weidenbusch gewinnt oder Tobias Thalhammer über die FDP-Landesliste in den Landtag zurückkehrt. Ergebnis: offen. Genau wie der ganze Hokuspokus mit dem Bleigießen. Aber eine Gaudi war's allemal.

© SZ vom 30.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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