Bildung:Vorzeigeprojekt mit vielen Fragezeichen

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Nachhaltiges aus Holz: Architektenmodell des Erweiterungsbaus der Berufsschule München-Land in Riem. (Foto: köhler architekten)

Die Berufsschule München-Land in Riem wird erweitert. Ob alle Nachhaltigkeitsziele eingehalten werden, ist ebenso offen wie die Frage, ob ein Wohnheim gebaut werden kann.

Von Stefan Galler, Landkreis München

Nur noch ein gutes Jahr, dann soll der Erweiterungsbau der Staatlichen Berufsschule München-Land im Münchner Stadtteil Riem in Angriff genommen werden. Und in weniger als vier Jahren, genauer gesagt im Februar 2027, will der Landkreis die moderne, nachhaltig gestaltete und im Vergleich zu jetzt mehr als doppelt so große Lehranstalt in Betrieb nehmen.

Die Zeit drängt also, weshalb sich die Mitglieder des Ausschusses für Bauen und Schulen und jene des Kreisausschusses in einer gemeinsamen Sitzung am Montag ziemlich intensiv mit diesem Mammutprojekt auseinandergesetzt haben. Das Schulareal an der Stadtgrenze liegt zwischen zwei Biotopen, im Norden begrenzt es eine Lindenallee, die Schule und Galopprennbahn voneinander trennt, im Süden führt ein Fuß- und Radweg parallel der Bahnlinien durch eine naturbelassene Gegend.

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Derzeit besuchen etwas mehr als 500 Auszubildende in den Bereichen Landwirtschaft, Hauswirtschaft und Pferdewirtschaft die Schule. Ergänzt werden soll das Angebot nach der Erweiterung der Gebäude durch den Bereich Kinderpflege, ein Berufsfeld, in dem eklatanter Fachkräftemangel herrscht. Vorläuferklassen für diesen Zweig sind bereits am Außenstandort in Feldkirchen in Betrieb gegangen, wenn alles fertig ist, werden mehr als 1000 Schülerinnen und Schüler in Riem ausgebildet.

Natürlich ging es bei der Debatte in den Ausschüssen wie so oft vor allem ums Geld: Der Kreis will unbedingt ein "Vorzeigeprojekt" (Landrat Christoph Göbel) in Sachen Nachhaltigkeit schaffen, einerseits um ein ökologisches Zeichen zu setzen, andererseits um die höchstmögliche Förderung abzugreifen. Unumstritten ist dabei die Holzbauweise, ebenso wie eine Begrünung der Dächer, die außerdem mit aufgestellten Photovoltaik-Modulen ausgestattet werden.

Umstritten ist die Verwendung von Regenwasser für die Toilettenspülungen

Weniger einig sind sich die Kreisräte darüber, ob man das Gebäude mit einem doppelten Wasserkreislauf ausstatten soll: Das Konzept sieht vor, dass es eine Versorgung der Waschräume und der Küchen mit Trinkwasser geben wird, gleichzeitig aber auch das Regenwasser wiederverwendet werden soll, nämlich für die Bewässerung der Außenanlagen und für die Toilettenspülungen. Setze man diese Pläne allesamt um, hieß es vonseiten der ausführenden Architektenbüros, stehe einer Projektzertifizierung in Sachen Nachhaltigkeit mit dem Prädikat Gold nichts im Wege. Holzbauweise und Dachbegrünung alleine reichten dafür nicht aus, es benötige auch die Verwertung des Regenwassers.

CSU-Fraktionschef Stefan Schelle stellte das Modell mit den WC-Spülungen dennoch in Frage, man spare sich dadurch nur etwa 3200 Euro im Jahr, nehme dafür aber einen immensen Aufwand und eine hohe Fehleranfälligkeit in Kauf. Auch der Brunnthaler Bürgermeister und CSU-Kreisrat Stefan Kern argumentierte, dass eine solche Lösung "technisch schwer umsetzbar" sei. Landrat Göbel hielt den beiden Parteikollegen entgegen, dass es sich der Landkreis nicht erlauben könne, eine Förderung von 1,8 Millionen Euro infrage zu stellen. Letztlich einigten sich die Gremien darauf abzufragen, ob die Gold-Zertifizierung nicht doch ohne regenwassergespeiste Toilettenspülungen möglich sei.

Auch die Entwicklung der Kosten bereitet den Kreisräten Sorgen: Noch im Jahr 2022 war man von einer Investitionssumme von knapp unter 70 Millionen Euro ausgegangen, im Mai war schon von einem Gesamtvolumen von mehr als 83 Millionen Euro für den Ausbau der Berufsschule die Rede gewesen. Um die Ausgaben zu verringern, strichen die Kreisräte den Bau einer neuen Maschinenhalle und sparten weitere kleinere Posten ein. Im Gegenzug aber schlägt das begrünte Dach mit zusätzlichen 640 000 Euro zu Buche, für zusätzliche Sport-Außenanlagen fallen 110 000 Euro an. Damit beziffern sich die Ausgaben nunmehr auf 80,7 Millionen Euro, im Falle einer Zertifizierung würde man insgesamt etwa 2,1 Millionen Euro an Förderung erhalten. "Weitere Förderungen sind in Prüfung", sagte Göbel, der voll hinter den Nachhaltigkeitszielen steht. Ähnlich sieht das Grünen-Fraktionschef Christoph Nadler: "Wir haben uns unsere Energievision selbst auf die Fahnen geschrieben, da ist es nur konsequent, Worten Taten folgen zu lassen."

Noch nicht umfassend geklärt ist, ob auf dem Schulgelände ein Wohnheim errichtet werden kann. Die Landeshauptstadt München hatte ein solches aus naturschutzrechtlichen Gründen noch im Mai abgelehnt, aber nun gibt es einen neuen Entwurf mit bis zu 24 Wohneinheiten an den westlichen und östlichen Rändern des Schulgeländes. Dieser muss laut den Architekten aber noch mit den Münchner Verantwortlichen abgeklärt werden.

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