Oper:Die große Heiratsshow

Lesezeit: 2 min

Cenerentola und ihre Stiefschwestern haben verzaubernd junge Stimmen: Chloë Morgan, Corinna Scheurle und Sara Šetar (von links). (Foto: Ludwig Olah)

Echt lustig und schauspielerisch brillant: Rossinis "La Cenerentola" am Staatstheater Nürnberg.

Von Egbert Tholl

Gerade wenn man in seinem Leben einige sehr unlustige Inszenierungen vermeintlich lustiger Opern gesehen hat, kann man sich gar nicht genug freuen über diesen Abend. Es geht immer noch um (fast) nichts, das aber brillant. Jan Philipp Gloger, Schauspiel-Chef des Staatstheaters Nürnberg, beweist mit dem Ensemble der Nürnberger Opernabteilung, dass Sängerinnen und Sänger sehr wohl auch sehr gut schauspielen können; diese Erkenntnis ist natürlich alles andere als neu, aber selten trifft sie einen so umfassend wie hier bei Rossinis "La Cenerentola".

Wir befinden uns Backstage. Zum Glück nicht Backstage bei Rammstein, sondern bei einer Fernsehshow mit dem Titel "Marry The Prince". Geschichten, die hinter den Kulissen von Shows oder Aufführungen spielen, lassen sich oft munter erzählen, hier zeichnet Gloger mit Liebe und der Mithilfe zahlreicher Statisten viele herrliche Figurenminiaturen, die jede für sich allein schon eine kleine Erzählung bildet, die man im Kopf fortsetzen kann. Viele Väter schleppen ihre Töchter zu dieser "Bachelor"-Verheiratungsnummer, im ersten Teil sieht man deren Vorbereitung von hinten, im zweiten dann die Show selbst.

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Bevor das alles losgeht, stehen Don Ramiro und sein Kammerdiener Dandini vor dem Vorhang des Nürnberger Staatstheaters, der Prinz will die Kleider tauschen, klappt aber nicht wegen der sehr unterschiedlichen Physiognomien, ein Techniker kommt vorbei, gegen Bezahlung gibt der seine Kleidung her, passt. Don Ramiro wirkt also bei der Show der eigenen Verheiratung als Techniker mit, Dandini spielt mit Freude Prinz. Was Ben Connor stimmlich nicht zu leisten vermag, macht er mehr als wett mit seinem Spiel - sein Dandini geht auf in der Prinzenrolle, spielt herrlich blasiert, bis er die Flucht ergreift, weil Cenerentolas Stiefschwestern ihm zu sehr zu Leibe rücken. Chloë Morgan ist dabei der selbstironische, handfeste Bauerntrampel, Sara Šetar die arrogante Schönheit, sehr lustig und frei von jeder Eitelkeit sind beide.

Und: Ihre Stimmen sind verzaubernd jung, ebenso die von Sergei Nikolaev als Don Ramiro und Corinna Scheurle als Cenerentola. Es ist ein Stimmenquartett von entzückender Leichtigkeit, frei in der Gestaltung der aberwitzigen Koloraturen. Dazu lässt Björn Huestege das Orchester mit Verve rasen, ein bisschen geradtaktig vielleicht, aber auf jeden Fall mitreißend.

Der Kern von Glogers schauspielerischer Präzisionsarbeit liegt im Dreieck Prinz, Cenerentola und deren Stiefvater Don Magnifico. Den spielt und singt Taras Konoshchenko als beflissenen Parvenü, schwankend zwischen dem Streben nach Höherem und dem Unverständnis für solche Sphären. Sergei Nikolaev indes ist ein sehr feiner Prinz mit einem sehr großen, lyrischen Herz, Corinna Scheurle ist reine Freude. Ihre Cenerentola trägt Beinschiene, kann nicht gut gehen, sie passt nicht in diese Welt der Oberflächenschönheit (der Techniker-Prinz ja auch nicht), sie ist aber selbstbewusst, selbstbestimmt, weiß genau, wann sie wen küsst. Und dazu kommt ihre anrührende, stimmliche Poesie. Reizend.

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