Das ist schön:Wille und Wut

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Kubra Khademi wehrt sich gegen Gewalt mit den Mitteln der Kunst. (Foto: Marilou Daube)

Das Buch "Political Bodies" dokumentiert den Einsatz der afghanischen Künstlerin Kubra Khademi für die Frauen ihres Landes.

Von Magdalena Zumbusch

Die Künstlerin Kubra Khademi litt schon als kleines Kind unter den patriarchalen Strukturen Afghanistans. "Political Bodies", das neue Buch zu ihrer Kunst, zeigt einen Aspekt der afghanischen Machtverhältnisse auf, der mit am schwersten auszuhalten ist: Die Strukturen sind so zementiert, dass die Frauen nicht mal mehr den Mut zusammengekratzt kriegen, den es bräuchte, um sich untereinander zu helfen. Khademi musste sich mit Gewalt auch durch die Frauen ihrer Familie klein halten lassen. Sie sei das "böse Kind" gewesen, das ihre Mutter ständig verprügelt habe, weil sie heimlich zeichnete etwa - eine streng verbotene Missetat. "Ich war der Dämon", so beschreibt sie ihre Rolle in der Familie drastisch. Aus dieser Hölle ausgebrochen, will sie es jetzt besser machen, also: mutig sein und mit Frauen zusammenhalten. Durch ihre Bilder und Performances versucht sie seit vielen Jahren, Widerstand zu leisten gegen die Gewalt in ihrer Heimat.

Seit einigen Jahren findet dieser Widerstand aus dem Exil heraus statt. Nachdem Khademi 2015 in Kabul durch die Performance "Armor" den Hass der Öffentlichkeit auf sich gezogen hatte, floh sie nach Frankreich. Khademi war im Zentrum der Hauptstadt mit einem Metallharnisch, der die weiblichen Körperformen nachzeichnet, durch die Straßen spaziert. Die Idee sei gewesen, dass die Rüstung die Weiblichkeit der Trägerin gleichermaßen betont und schützt. Khademi wollte so ein öffentliches Zeichen setzen. Das gelang ihr, besser als beabsichtigt: Die männlichen Reaktionen waren so aggressiv bedrängend, dass die Aktion nach wenigen Minuten abgebrochen werden musste.

In der Neuerscheinung des Münchner Hirmer Verlags kommt der französische Kunstkritiker Philipp Dagen zu Wort, der erschrocken ist, wie jung viele Männer in den Videoaufnahmen der Performance "Armor" sind, die auf offener Straße ausfällig werden. Ein trauriges Vorzeichen: Eine neue Generation der wieder erstarkten Taliban war am Heranreifen. Die Machtübernahme vor fast genau einem Jahr ist der ernüchternde Beweis. Dass ein Verlag trotz der vielen Probleme auch hierzulande die Zeit findet, sich mit dem spannenden Werk einer Künstlerin zu beschäftigen, die dort helfen möchte, wo alles um vieles schlimmer ist als hier, das ist schön. Schön wäre übrigens auch eine Ausstellung der Künstlerin in München. Die "Klarheit, stets mit starkem Willen und Wut gepaart", die die pakistanische Künstlerin Huma Mulji der Person und Arbeit Khademis attestiert, würde man vor den Werken selbst sicher noch eindrucksvoller spüren.

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