Nach der Kritik an einer unangemessenen Kontrolle in der Münchner S-Bahn in der vergangenen Woche gibt es nun einen ähnlichen Vorfall, der sich in einer U-Bahn in Richtung Innenstadt zugetragen hat. Weil er sein Ticket an der falschen Seite abgestempelt habe, soll nun ein junger Mann aus Syrien, Hassan T., ein Bußgeld in Höhe von 60 Euro bezahlen. Géraldine Aroles-Brunner, 45, engagiert sich bei der Flüchtlingshilfe der Diakonia und betreut darüberhinaus privat rund 25 Flüchtlinge. Einer ihrer Schützlinge ist Hassan T., 28, Banker aus Syrien.
Wie Aroles-Brunner erzählt, sei T. seit sechs Monaten in Deutschland. Am Freitag sei er nach München gefahren, um seine Betreuerin zu besuchen. In der U-Bahn habe ein Kontrolleur beanstandet, dass T. die Fahrkarte an der falschen Seite abgestempelt habe. Ein Foto des Tickets, gekauft am Freitag um 18.45 Uhr und abgestempelt um 18.50 Uhr, bestätigt dies.
Hassan T. bestätigt die Angaben seiner Betreuerin: Er sei zum ersten Mal mit dem Zug nach München gefahren, habe eine Fahrkarte gekauft und den Stempel gesetzt. Der Kontrolleur habe erklärt, der Stempel sei falsch, und Hassans Ausweis sehen wollen. Auf dem Beanstandungs-Formular ist als Kontrollzeit 18.55 Uhr angegeben. Nun sind 60 Euro fällig.
Aroles-Brunner beschwerte sich bei der Inkasso-Stelle der MVG und fragte, ob man in einem solchen Fall nicht großzügiger vorgehen könne. Ein Mitarbeiter antwortete per E-Mail, dass Fahrscheine grundsätzlich an der gekennzeichneten Stelle zu entwerten seien: "Unser Personal ist jedoch (gerade bei nicht tarifkundigen Fahrgästen) nicht so streng wie in Ihrer Feststellung beschrieben. Es muss wohl noch ein anderer Grund vorgelegen haben." Was dieser Grund sein könnte, ist weder T. noch Aroles-Brunner bekannt.
Bei der MVG wurde der Vorwurf inzwischen intern überprüft. Ein Sprecher teilte mit, dass die Kontrolleure bei ihrer Arbeit nur einen sehr eingeschränkten Ermessensspielraum haben, um alle Fahrgäste nach gleichen Maßstäben behandeln zu können: "Unsere Kontrolleure prüfen daher schlicht und einfach, ob ein Ticket nach den geltenden Regeln gültig oder ungültig ist."
Das Ticket könnte ja ein zweites Mal gestempelt werden
Kunden hätten jedoch die Möglichkeit, im Nachhinein schriftlich Einspruch einzulegen. "Falls unsererseits bei der Kontrolle ein Fehler passiert sein sollte, wird eine Entscheidung dann auch revidiert", so der MVG-Sprecher.
Im Fall von Hassan T. sei die Fahrkarte zu Recht beanstandet worden - zumal eine falsch entwertete Fahrkarte ein zweites Mal gestempelt und widerrechtlich genutzt werden könne: "Dies kommt durchaus vor und kann bei der üblichen Sichtkontrolle der Fahrkarten nicht bemerkt werden." Der Sprecher geht davon aus, dass die Strafe in diesem Fall bezahlt werden muss.
Update: Mittlerweile hat sich MVG-Chef Herbert König bereit erklärt, die 60 Euro aus eigener Tasche zu übernehmen, um den Vorgang aus der Welt zu schaffen.