Kommunalwahl:Regierungsbündnis: Grüne halten sich alle Optionen offen

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Rechnerisch wäre eine Zusammenarbeit mit der CSU oder mit der SPD möglich. Für die anstehende OB-Stichwahl will die Partei keine Empfehlung abgeben

Von Heiner Effern, München

Die Grünen erleben als unangefochtener Sieger der Stadtratswahl etwas, das völlig neu für sie ist: Alle anderen Parteien blicken nun auf sie. Traditionell stößt in einer Demokratie ja die größte Fraktion Gespräche über mögliche Regierungsbündnisse an. Da kann nun jede Äußerung zu einem Richtungshinweis werden. Die Grünen freuen sich über den Zuwachs von zwölf Prozentpunkten und zehn Stadtratssitzen und halten sich im Übrigen alle Optionen offen. "Für die Stichwahl wird es von Seiten der Grünen keine Wahlempfehlung an die Münchner geben", heißt es in einer Mitteilung am Montag.

Aber auf welche Hauptthemen sich mögliche Partner einstellen müssen, das machen die Grünen deutlich: "Wirksamer Klima- und Umweltschutz, eine Verkehrswende mit Fokus auf ÖPNV und Rad sowie eine weltoffene und bunte Stadtgesellschaft" würden "Richtschnur" grüner Politik sein. Die Hauptadressaten dieser Botschaft, die bisherigen Regierungspartner CSU (24,7 Prozent, 20 Mandate) und SPD (22 Prozent, 18 Mandate) mussten schmerzliche Verluste hinnehmen, gemeinsam verlieren sie etwa 17 Prozentpunkte und könnten im Stadtrat auch keine Mehrheit mehr bilden, wenn sie das wollten. Beide hätten sich mehr gewünscht, allerdings wissen sie auch, dass es noch schlimmer hätte kommen können. Von einem "ordentlichen" Ergebnis spricht deshalb Bürgermeister und Fraktionschef Manuel Pretzl von der CSU. Es liegt in etwa auf dem Niveau der letzten Werte seiner Partei in ganz Bayern, die meistens besser sind als die in einer Großstadt. Die psychologisch wichtige Grenze von 20 Stadtratssitzen wurde gehalten. Nun konzentriert sich die CSU auf die Unterstützung ihrer OB-Kandidatin Kristina Frank in der Stichwahl, sendet aber in Richtung der Grünen offene Signale. "Wir werden uns Gesprächen nicht verwehren."

Die SPD schwankt noch in der Interpretation, wie schlecht sie ihr Ergebnis finden soll. Oberbürgermeister Dieter Reiter nannte es "enttäuschend". Auch Fraktionschefin Verena Dietl ist damit keineswegs zufrieden, schließlich war die SPD mit dem Anspruch angetreten, stärkste Fraktion zu werden. Wenn man allerdings den Zustand der SPD insgesamt betrachte, sei das Ergebnis schon irgendwie auch ein gutes. "Wir sind noch voll dabei, so weit liegen die Parteien nicht auseinander", sagte Dietl. Der Kurswechsel der SPD vor gut einem Jahr sei richtig gewesen, der einzelne Mensch müsse noch viel mehr im Mittelpunkt stehen und in der wachsenden Stadt entlastet werden. Die Zeit bis zur Wahl sei zu knapp gewesen, damit das auch schon jeder gespürt hätte. Auch die SPD sieht sich nicht in der Situation, Koalitionsangebote zu machen. Dietl stellt nur eines neutral fest: Im ersten Wahlgang hätten die Münchner mehrheitlich einen roten OB und im Stadtrat eine grüne Mehrheit gewählt. Kommt einem bekannt vor, diese Farbenkombination. Und eine Mehrheit hätte sie auch.

Die Wahl hat aber nicht nur die Reihenfolge oben neu definiert, sie hat auch ein Zwei-Klassen-System etabliert. Es gibt außer den drei Großen nun noch sehr Kleine. Keine andere Partei erreichte mehr als drei Sitze (ÖDP: 4,0 Prozent; AfD: 3,9 Prozent; FDP: 3,5 Prozent; Linke: 3,3 Prozent), zwei Sitze (FW: 2,5 Prozent) oder nur einen (Volt: 1,8 Prozent; Die Partei: 1,3 Prozent, Rosa Liste: ein Prozent; München-Liste: 0,8 Prozent; Bayernpartei: 0,7 Prozent). Sie alle können alleine keine Fraktion bilden, was große Bedeutung für die Arbeitsausstattung und Präsenz in den Ausschüssen hat. Allerdings könnten sich einzelne Abgeordnete zusammenschließen.

© SZ vom 18.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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