Kommentar:Wer Bedenken gegen die MS Utting hat, verkennt den Zauber des Projekts

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Der ausgemusterte Ausflugsdampfer "MS Utting" vom Ammersee steht nun auf einem Abstellgleis in der Lagerhausstraße in Sendling. (Foto: Daniel Hofer)

Daniel Hahn und sein Team von Wannda sind so kreativ, dass ihnen keine bürokratischen Hürden in den Weg gestellt werden dürfen.

Kommentar von Birgit Lotze

Freiräume sind rar in München, noch seltener als anderswo. Doch gibt es viele Kleinkünstler, Musiker und Schriftsteller, die sie benötigen - um Ideen auszutauschen, sie zu verwirklichen und sich öffentlich zu präsentieren. Daniel Hahn und seine Mitstreiter von Wannda schaffen Bühnen für diese Freigeister, ebenso auch für Vereine - zum Proben, für Auftritte. Sie eröffnen auf Brachen neue, aufregende Orte.

Insofern unterscheidet sich der Verein Wannda von anderen Clubbetreibern. Im Mittelpunkt steht die Idee und deren Umsetzung, und nicht, zumindest nicht zuvorderst, der materielle Gewinn. Dass Wannda das mit Engagement und auch mit Gespür macht, zeigt auch die Tatsache, dass sich das Projekt langsam zur Bewegung entwickelt. Wer hier arbeitet, ist von der Sache überzeugt, von der Idee begeistert. Immer wieder finden sich Helfer und Unterstützer, ein Schreiner, der seine Werkstatt zur Verfügung stellt, eine Filmausstatterin, die Ersatzteile für Lampen beisteuert.

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Von Birgit Lotze

Dass das Ausbremsen dieses Engagements gerade die junge, kreative Szene treffen würde, die sich bereits jetzt mehr von Berlin als von München angezogen fühlt, steht außer Frage. Der Oberbürgermeister, die Stadträte, die Stadtteilpolitiker haben das erkannt, sogar die Referate, die sonst Jahre benötigen, um zwei Bänke zu genehmigen, fangen plötzlich an zu zaubern, lassen innerhalb kurzer Zeit ganze Straßen sperren - nur, damit Wannda einen Dampfer vom Ammersee nach Sendling bringen und dort auf ein ausrangiertes Bahngleis hieven konnte.

Diese Aufbruchstimmung sollte man nicht gefährden. Eine Stadt wie München braucht das kreative Potenzial. Berlins Ruf, eben dieses zu haben, hat auch mit der Bar 25 zu tun - sozusagen das Vorbild von der Spree für Hahns Bahnwärter Thiel, der derzeit den Viehhof bespielt. In den Jahren 2004 bis 2010 trafen sich dort junge Menschen im Berliner Sand zum Fußballschauen, zu Diskussionen, Vorführungen, Lesungen oder Workshops. Nachts wurde natürlich auch gefeiert. Was dort an Geld hineinkam, finanzierte weitere Pläne. Nun eröffnen die Betreiber von damals und heute ein Kreativdorf, den "Holzmarkt", dauerhaft und auch zum Wohnen. Mit ihrer Kreativität haben sie das Grundstück an der Spree vor den Investoren gerettet.

Was an der Spree möglich war, sollte auch an der Isar machbar sein. An bürokratischen Einwänden oder den Bedenken von Anwohnern, die um ihre Ruhe fürchten, darf es nicht scheitern.

© SZ vom 25.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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