Nachwuchs-Wettbewerb:Leistungsnachweis der jungen Szene

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Der Berliner Schlagzeuger Matthias Meyer gewann mit seiner Band "Niemandsland" den 11. Jungen Münchner Jazzpreis. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Auch beim 11. Jungen Münchner Jazzpreis in der Unterfahrt gibt es nur Gewinner.

Von Oliver Hochkeppel

Die Jury hatte den größten Brocken Arbeit schon hinter sich, als am Freitag der 11. Junge Münchner Jazzpreis in der Unterfahrt ausgespielt wurde. Aus diesmal 35 Bewerbern hatte sie zuvor die drei teilnehmenden Bands im Blindfold-Verfahren ausgefiltert. Ein Beleg dafür, wie sehr sich der Wettbewerb bundesweit etabliert hat. Anders als in den Jahren zuvor war heuer im Finale keine heimische Formation vertreten, die Aspiranten kamen aus Köln, Berlin und Mannheim - recht repräsentativ für die deutsche Jazzszene also.

Repräsentativ war auch, dass alle Bands ausschließlich Eigenkompositionen spielten. Und noch einen Trend bildete der Abend ab: Zwei der Ensembles wurden von einem Schlagzeuger geleitet, eines von einer E-Bassistin - den Instrumenten also, "bei denen sich in der jüngsten Vergangenheit am meisten getan hat", wie Jury-Mitglied und -Sprecher Ralf Dombrowski meinte. Am Ende gingen zwei der vier Preise - denn neben den Platzierungen gibt es seit einiger Zeit auch noch einen von Andreas Schillers Jazzstiftung München ausgelobten Solistenpreis - nach Berlin. Das Quintett Niemandsland des Schlagzeugers Matthias Meyer siegte, und dessen Altsaxofonist Efim Braylovskiy bekam die Auszeichnung als bester Solist.

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Völlig zu Recht, denn das "Berliner Brett" (Dombrowski) hatte sich als dynamischste und reifste Truppe präsentiert. Alle fünf Musiker wiesen in den Soli wie im Interplay ihre Extraklasse nach. Matthias Mayer, der am Berliner Jazz Institut und aktuell dank eines Stipendiums in New York studiert, hatte für sie sehr unterschiedliche, trotzdem schon mit einer Handschrift versehene Stücke komponiert. Am eindrucksvollsten vielleicht "Holy E", eine Hommage an Duke Ellington, die den Bläsern die typisch blues-induzierten, sinnlichen Linien a la Johnny Hodges oder Ben Webster zuwies, während die Rhythmusgruppe ganz modern davonzog.

Mit eindrucksvollen Kompositionen sicherte sich das Sextett "Smuk" des Schlagzeugers Micha Jesske den zweiten Platz des Jungen Münchner Jazzpreises. (Foto: Oliver Hochkeppel)

Hätte es auch einen Kompositionspreis gegeben, hätte man ihn trotzdem Micha Jesske geben können. Das Mannheimer Sextett Smuk des jungen Schlagzeugers war vielleicht spieltechnisch und solistisch noch nicht ganz so weit wie Niemandsland, aber Jesske schreibt für diese Besetzung zauberhafte ("Harry Potter" hieß die erste Nummer), mal geheimnisvoll schillernde, mal triolisch wogende , stets dichte und famos auf die Melodieführung durch Bläser und Gitarre arrangierte Stücke. Beim melancholischen "Gartenhaus" (in einem solchen während der Pandemie entstanden) konnte man sich vorstellen, wie Elvis Costello es singen würde - das wäre ein Hit.

Mit Gesang, dem von Merle Böwering nämlich, trat Ursula Wienkens Quintett Summit an. Gerade hier zeigte sich aber, dass der Optimierungsbedarf bei dieser Gruppe der größte war. Bei drei von vier Stücken wurde ihre Stimme instrumental eingesetzt, und zwar leider in den immer gleichen Unisono-Vokalisen. Der einzige Song war dann für Böwerings Lage schlicht zu hoch geschrieben. Dass die Kompositionen durchaus unterschiedlichen Charakter hatten, mal Wayne-Shorter-Anklänge, mal brasilianische Elemente einflochten, wurde unter anderem dadurch eingeebnet, dass die Soli am Fender Rhodes ähnlich klangen. Wienken, die aktuelle Bassistin des Bundesjazzorchesters BuJazzo, hat also noch Arbeit vor sich, exzellente Ansätze waren klar zu erkennen.

Man kann natürlich grundsätzlich am Sinn und an der Gerechtigkeit von Wettbewerben in der Musik und insbesondere im Jazz streiten. Der Junge Münchner Musikpreis bewies aber wieder einmal, dass man zumindest im Nachwuchsbereich kaum besser Aufmerksamkeit für noch unbekannte Künstler schaffen (die Unterfahrt war ausverkauft), konkurrenzlose abwechslungsreiche Konzertabende kreieren und nicht zuletzt ein bisschen Geld an arme junge Jazzer verteilen kann.

Größere Formationen lagen heuer im Trend. Entsprechend viele Musiker drängten aufs Siegerbild. (Foto: Oliver Hochkeppel)
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