Isabelle Faust ist eine furchtlose Herrscherin im Riesenreich der Geige. Sie spielt auf Darmsaiten die sechs Monstersoli J. S. Bachs, sie geigt in György Kurtágs "Kafka-Fragmenten", spielt immer wieder Beethovens Violinkonzert mit den unterschiedlichsten Dirigenten, macht Kammermusik. Immer schwebt ihr Geigenton mit einem Lächeln durch die Musik, immer triumphiert sie ohne Anstrengung in den turbulentesten und aberwitzigsten Geigengetümmeln.
Jetzt kam Isabelle Faust zum Münchener Kammerorchester ins Prinzregententheater, um György Ligetis fünfteiliges Geigenkonzert aufzuführen. Gerade wird Ligeti weltweit gefeiert, weil 1923 geboren, er starb 2006. Ligeti, einer der großen und sogar populären Komponisten der Moderne, ging immer eigene Wege, indem er Franz Listzs Virtuosität mit afrikanischer Xylophonrhythmik und schwirrenden Liniengeflechten vereinigte. Dazwischen stehen karg archaische Melodien, die an Balkanfolklore und damit an Ligetis großes Vorbild Béla Bartók erinnern.
All das findet sich im Violinkonzert, das nicht so sehr die Solovioline in den Vordergrund stellt, sondern jeden Spieler des Kammerorchesters zu Solovirtuosen macht. Und Dirigent Enrico Onofri, einer der drei "associated conductors" der Truppe und auch ein grandioser Barockgeiger, putscht den Sound und die Musiker in Extreme. Es tobt, strudelt, rauscht, brodelt. Da kommt selbst Königin Isabelle Faust, ihr Lächeln erstirbt, ins Kämpfen. Aber immer behält sie zuletzt die Oberhand, ihr Geigenton steigt phoenixhaft aus jedem Tumult hervor, in den ruhigen dunklen Momenten ist sie sowieso überwältigend.
Auch in Wolfgang A. Mozarts drittletzter Sinfonie versteht sich Onofri als Teufelsanimator. Er tanzt das Stück, lässt Geigenblitze zucken, Bläserabgründe sich auftun, Harmonien leichenblass werden. Und die Kammerorchestler liefern lustvoll willig alles, was Luzifer Onofri von ihnen verlangt.