Jahresausstellung in der Internationalen Jugendbibliothek:Fuchs im Fokus

Lesezeit: 3 Min.

Als gerissener Eindringling taucht der Fuchs in Christian Osters moderner Fabel "Besuch beim Hasen" auf - doch die anderen Tiere wissen sich zu wehren. (Foto: Illustration von Katja Gehrmann/Moritz Verlag 2013)

Die Ausstellung "Von Füchsen und Fabeln" mit Tiergeschichten aus aller Welt lässt den rotfelligen Protagonisten in vielerlei Facetten schillern - vom Schurken bis zum Sympathieträger.

Von Barbara Hordych

Wie um Himmels willen sollte sie nur eine Systematik in all diese findigen, fabelhaften Füchse bringen? Vor dieser Herausforderung stand Ines Galling, als sie die neue Jahresausstellung "Von Füchsen und Fabeln" zu Tiergeschichten aus aller Welt in der Schatzkammer der Internationalen Jugendbibliothek kuratierte.

"Tatsächlich kristallisierte sich in der Planungsphase heraus, dass man die Ausstellung auch ganz allein diesen wunderbaren Füchsen hätte widmen können", sagt Galling und schmunzelt. Neben Löwe, Rabe, Maus oder Hase nimmt er nicht nur in vielen Fabeln einen prominenten Platz ein, sondern tritt dazu noch in unterschiedlichen Konstellationen auf. "Gerade dass er nicht auf eine Rolle festgelegt ist, macht ihn zu so einer spannenden Figur", so Galling.

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Also stellte sie ihn als "zentrales Fabeltier" in den Fokus der Ausstellung und sortierte seine Auftritte in Text und Bild nach Charaktereigenschaften von listig über freundlich bis dumm. Das Ergebnis ist nun im "Fuchs-Turm" im Zentrum der Schatzkammer zu bewundern, in einer hohen Glasvitrine, auf deren vier Seiten der rotfellige Protagonist in vielerlei Facetten schillert.

In ein weit aufgerissenes Fuchsmaul blickt der Rabe in Dominique Descamps' "Der Rabe und der Käse. Eine Fabel nach meinem Fontaine". (Foto: Dominique Descamps (Text und Illustr.), Éditions des Grandes Personnes 2015 /Internationale Jugendbibliothek)

In seiner listigen Variante ist er bei Aesop im antiken Griechenland anzutreffen; hier wie auch später bei La Fontaine agiert er etwa in der bekannten Fabel von "Fuchs und Rabe" als verschlagener Schmeichler, der dem eitlen Raben ein Stück Käse abluchst, indem er ihn als hervorragenden Sänger preist. Und sich dessen Käse schnappt, als der hocherfreut über das Lob ein Liedchen anstimmt.

Über Jahrhunderte wurde diese Geschichte über die Fallstricke der Eitelkeit immer wieder aufgegriffen - wunderschön gestaltet und humorvoll weitererzählt etwa in dem Französischsprachigen Kinderbuch von Dominique Descamps "Le corbeau et le fromage. Fable à ma Fontaine", ("Der Rabe und der Käse. Eine Fabel nach meinem Fontaine", 2015). Vor zwei Jahren hauchte Judith Auer der alten Fabel modernes Leben ein und verlieh ihr mit einer grafischen Formensprache eine moderne Ästhetik ("Ein Stück Käse", Kunstanstifter 2020).

Noch späht der Fuchs in Shoham Smits "Fabel über einen Fuchs" unternehmungslustig über den Zaun - bald wird er darin feststecken. (Foto: Omer Hofman (Illustr.), Or Yehuda: Kinneret 2014/Internationale Jugendbibliothek)

Doch mitunter ist es auch der Fuchs, der übertölpelt wird. Der syrische Kinderbuchautor Jekar Khourchid lässt ihn etwa selbst über eine Schmeichelei stolpern - weil ihm die Nachtigall weismacht, er könne fliegen, stürzt er in den Abgrund. In einer Neuinterpretation der Fabel vom Fuchs und den Trauben ist er in dem israelischen Kinderbuch von Shoham Smit und Omer Hofman gieriger, als ihm guttut - am Ende steckt er vollgefressen mit einem dickem Bauch in einem Zaun fest. Und in Christian Osters Variante der Fabel von Hase und Fuchs wird die Thematik "Fressen und gefressen werden" weniger furchteinflößend als frech behandelt: Der gerissene Eindringling, zu "Besuch beim Hasen" wird von einer wehrhaften Igel-Dame schachmatt gesetzt - den neuen Dreh für die alte Fabel hat Katja Gehrmann 2013 für den Moritz Verlag farbenfroh in Szene gesetzt.

Inspiriert von der Ausstellung "Von Füchsen und Fabeln" (hier eine Illustration aus "Füchse lügen nicht" von Ulrich Hub) entsteht in der Werkstatt der IJB eine Ausstellung mit eigenen Werken. (Foto: Heike Drewelow (Illustration)/Carlsen 2014)

Doch recht eigentlich scheint sich der Fuchs in seiner Rolle als clever-charmanter Profiteur am wohlsten zu fühlen: In Jörg Mühles "Zwei für mich, einer für dich" löst er das Problem von drei Pilzen für zwei Freunde in bewährter Schurken-Manier: Während Bär und Wiesel noch über die gerechte Aufteilung ihres Fundes streiten, verspeist er kurzerhand den strittigen dritten Pilz. Um Teilen, Diskutieren und Übersohrgehauenwerden geht es auch in Ulrich Hubs "Füchse lügen nicht": Doch hier besinnt sich der notorische Lügner und Betrüger, nachdem er allen anderen Tieren am Flughafen mit demagogischem Geschick ihre Pässe abgeluchst hat, eines Besseren. Mitunter fürchtet eben auch so ein Trickser, plötzlich einsam zu sein.

Als Detektivfuchs "Jacky Marrone" zeigt der notorische Trickser seine hilfsbereite Seite. (Foto: Franziska Biermann (Text und Illustr.)/dtv Junior)

Zum Sympathieträger wandeln sich Füchse, wenn sie ihre Schlauheit einsetzen, um anderen behilflich zu sein. So löst er als Privatdetektiv "Jacky Marrone" in der erfolgreichen Buchreihe von Franziska Biermann mit seiner außergewöhnlichen Spürnase besonders verzwickte Fälle - und befreit sogar ein entführtes, wertvolles "Goldhuhn". Und in Bjørn F. Rørviks Vorlese-Bilderbuch "Fuchs & Ferkel: Torte auf Rezept", das aktuell für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert ist, erfindet der Fuchs mithilfe eines roten Filzstifts für seinen Freund, das Ferkel, eine gefährliche Krankheit. Und erschwindelt so von der Kuh Limonade und eine Marzipantorte als Medizin.

"Ein Fuchs namens Kotelett" wird zum Vegetarier: Weil er Angst hat, dass ihm niemand glaubt, verkleidet er sich als Wassermelone. (Foto: Mujer Gallina (Illustr.), Cataplum Libros 2020)

Letztendlich hat der Fuchs auch das Zeug, bei Themen wie Ernährung und Umwelt auf der Höhe der Zeit zu agieren: So widmen Sol Undurraga und Mujer Gallina in dem spanischsprachigen Bilderbuch "El zorro Chuleta" - "Ein Fuchs namens Kotelett" ihn zum Vegetarier um. Weil er gerne zu seinen Freunden ins Tal der Vegetarier ziehen würde, aber befürchtet, dort nicht akzeptiert zu werden, verkleidet er sich als Wassermelone. An Erwachsene wiederum wendet sich das Buch "Fuchs 8" des Amerikaners George Saunders (2019). "Eine tolle Geschichte, in der der Fuchs die Menschensprache erlernt hat und als Erzähler auftritt", sagt die Kuratorin. Hat man sich erst einmal an die syntaktischen und grammatikalischen Eigenarten seiner Sprache gewöhnt - für die er sich bei seinen Lesern gleich in der Einleitung mit der Offenbarung "ich bin ein Fuks" entschuldigt -, erfährt man von seinem Herzensanliegen: Der Wald, Lebensraum so vieler Tiere, soll einem Einkaufszentrum weichen. Und das gilt es zu verhindern.

Anlässe zuhauf, um sich inmitten dieser und weiterer ausgestellter thematischer Fabel-Kreise wie Hase und Igel sowie Grille und Ameise seine eigenen Gedanken zu machen. Dazu gibt es in Kreativworkshops, aber auch bei einem Familienausflug auf eigene Faust, mannigfaltige Gelegenheiten.

Von Füchsen und Fabeln, bis 7. April 2024, IJB, Schloss Blutenburg, www.ijb.de

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