Ein Jahr Verspätung:Endlich öffnet das Gymnasium in Riem

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Moderne Lernhäuser, eine Fahrradtiefgarage mit 850 Plätzen und beheizbarer Rampe: Der Bildungscampus Riem ist eines der ehrgeizigsten und modernsten Schulbauprojekte Münchens. (Foto: Robert Haas)

Am Dienstag betreten 530 Jugendliche erstmals das Gymnasium auf dem Bildungscampus Riem. 2024 soll auch die Realschule fertig sein. Die Corona-Pandemie und Lieferengpässe haben das 252-Millionen-Euro-Projekt verzögert.

Von Ellen Draxel

13 112 Mädchen und Jungen werden an diesem Dienstag in München besonders aufgeregt sein. Jetzt, da die Sommerferien zu Ende sind, dürfen sie endlich mit ihren Schultüten in ihre neuen Klassen marschieren. Die meisten von ihnen, 12 141 Erstklässler, besuchen in den kommenden vier Jahren eine der 142 öffentlichen Grundschulen.

Mit Spannung dürften aber auch ältere Schüler und Schülerinnen das neue Schuljahr erwarten. Allen voran die 530 Jugendlichen, die am 12. September erstmals das neu gebaute Gymnasium Riem mit Leben erfüllen werden. Das ist später als zunächst geplant, denn eigentlich hätte die Schule bereits im vorigen Herbst ihre Pforten öffnen sollen. Doch die Auswirkungen der Corona-Pandemie, Material- und Lieferengpässe sowie der Ukraine-Konflikte ließen den Zeitplan ins Rutschen geraten. Der Start in Riem wurde verschoben - unter massivem Protest der Eltern.

Inzwischen kann Schulleiter Günter Förschner darüber schmunzeln: "Im Nachhinein", sagt er lächelnd, "hatte es auch etwas Gutes, dass wir in einem Interimsquartier an der Schwanthalerstraße waren. Jetzt wissen wir den Neubau ganz anders zu schätzen. Wir sind froh und happy, nun hier starten zu können." Wobei die Schüler und Schülerinnen in der Innenstadt durchaus viel fürs Leben gelernt hätten.

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Das Riemer Gymnasium ist Teil eines der ehrgeizigsten und modernsten Schulbauprojekte Münchens. Auf 32 000 Quadratmetern Fläche hat die Münchner Raumentwicklungsgesellschaft (MRG), eine hundertprozentige Tochter der Stadt, mit dem Bildungscampus Riem ein "Mammutprojekt in Krisenzeiten" gestemmt, wie sie es selbst nennt. Entstanden sind in knapp fünf Jahren Bauzeit nicht nur zwei Schulen: das staatliche Gymnasium für künftig 1500 Kinder und ein Neubau für 900 Schüler und Schülerinnen der städtischen Elly-Heuss-Realschule, der 2024/25 eröffnet werden soll. Plus zwei große Dreifachsporthallen und zwei wettkampftaugliche Schwimmbecken mit höhenverstellbaren Hubböden. Sondern auch ein 40 000 Quadratmeter großer, vom Bildungscampus mittels Unterführung erreichbarer Sportpark, der auch Vereinen zur Verfügung stehen soll. Gesamtkosten: 252 Millionen Euro.

Mammutprojekt für 2400 Gymnasiastinnen und Realschüler: Stadtschulrat Florian Kraus (links) und Oberbürgermeister Dieter Reiter beim Rundgang durch die neue Schule. (Foto: Robert Haas)

"Damit zeigen wir, dass wir es ernst nehmen mit dem Schulbauprogramm", sagte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) bei der offiziellen Präsentation des Gymnasiums. 7,84 Milliarden Euro will München in mehr als 100 Bauprojekte investieren, im Laufe der Jahre entstehen 61 000 Schulplätze in 131 Schulen, mehr als 200 Sporthallen, rund 80 Mensen und zwölf Schwimmhallen. Im Dezember wurde das vierte Bauprogramm im Stadtrat beschlossen, das fünfte, mit sieben neuen Projekten an sechs Standorten, ist für den Herbst angekündigt.

Wenn das Gymnasium in Riem am Dienstag mit 20 Klassen der Jahrgangsstufen 5 bis 9 startet, wird es dabei auch einige Räume der benachbarten Realschule mitbelegen. Denn zuletzt gab es noch einen großen Wasserschaden, weshalb zwei Drittel des Gebäudes vorerst nicht nutzbar sind.

Zwei große Dreifachsporthallen, zwei wettkampftaugliche Schwimmbecken und ein Sportpark gehören zum neuen Schulkomplex in Riem. (Foto: Robert Haas)

Abgesehen davon aber ist die Schule bestens ausgestattet. Sie ist hell und weitläufig, mit großem, offenem Pausenhof und vielen Besonderheiten im Inneren. Freiluftklassenzimmern etwa, die bei schönem Wetter Unterricht unter freiem Himmel ermöglichen. "Denn schließlich brauchen wir nicht nur was für den Kopf, sondern auch für die Hand", sagt Schulleiter Förschner. Oder Lernhäusern, in denen sich jeweils vier Klassenräume, ein Lehrerteamzimmer und ein Inklusionsraum um eine zentrale Mitte gruppieren. Diese Mitte, konzipiert für selbstorganisiertes Arbeiten, ist dank Glastüren jederzeit einsehbar. Dort gibt es bunte Sitzsäcke, gemütliche Sofas, Gruppentische und einen flexibel verstellbaren Stehschreibtisch für vier Personen, intern "Totem" genannt.

"Mit Sicherheit Bayerns größte Fahrradgarage"

Sechs Schulstunden pro Woche sollen die Schülerinnen und Schüler in diesem zentralen Raum Zeit haben, Gelerntes zu intensivieren. Alle Klassenzimmer verfügen über Whiteboards und Beamer, die 22 Fachlehrsäle sind so konstruiert, dass die Kinder an ihren Tischen das von der Lehrkraft Gezeigte parallel selbst ausprobieren können. Es gibt überall Wlan, eine Aula samt hoher Tische mit Barhockern und ein Lehrerzimmer, in dem ein Kicker, ein kleiner Billardtisch und zwei Strandkörbe stehen. "Ist aber keine Spielhölle, im Gegenteil", betont Förschner. "Mir war es wichtig, den Kollegen und Kolleginnen zu zeigen, wie sehr wir ihre Arbeit schätzen. Sie machen einen harten Job und sollen gerne hierher kommen und auch mal Spaß haben. Es geht ums Wohlfühlen, um die Chance durchzuatmen, bevor es wieder in den Unterricht geht."

Und noch etwas ist einzigartig in Riem: das Mobilitätskonzept. Unterhalb des Bildungscampus findet sich eine Fahrradtiefgarage mit 850 Stellplätzen, zu erreichen über eine im Winter beheizbare Abfahrtsrampe. "Das ist mit Sicherheit Bayerns größte Fahrradgarage", glaubt der Oberbürgermeister. "Aber es wird trotzdem spannend werden, ob sie ausreicht, wenn die Schule voll belegt ist."

Das Oskar-von-Miller-Gymnasium an der Karl-Theodor-Straße - das Bild von 2022 stammt aus der Bauzeit - ist jetzt bezugsfertig. Am Dienstag kehren die Schülerinnen und Schüler aus dem Ausweichquartier zurück. (Foto: Florian Peljak)

Dabei ist Riem nicht das einzige Schulbau-Großprojekt in München, das zum neuen Schuljahr fertiggestellt worden ist. Ein aus Sicht von Baureferentin Jeanne-Marie Ehbauer "besonders eindrucksvolles Projekt" war über gut vier Jahre die Generalsanierung und Erweiterung des Oskar-von-Miller- sowie des Maximiliansgymnasiums in Schwabing: "Mit viel Umsicht, Kreativität und Geschick konnten wir hier Denkmalschutz und den sich ausweitenden Schulbedarf in architektonisch sehenswerter Weise in Einklang bringen."

Die Schulfamilie des "Max" ist bereits vergangenes Jahr in den Altbau zurückgezogen, jetzt ist, ebenfalls wie in Riem mit einem Jahr Verspätung, das "Oskar" dran. "Wir sind total begeistert von dem Umbau und der Sanierung", sagt "Oskar"-Schulleiterin Angelika Schneider. "Ganz tolle Räumlichkeiten" habe man in einem speziell für die Naturwissenschaften konzipierten Bau an der Karl-Theodor-Straße und im ausgebauten Dachgeschoss des Altbaus bekommen - insgesamt 20 neue Klassenzimmer. Und eine zusätzliche unterirdische Turnhalle unter dem Pausenhof.

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