Münchner Großmarkthalle:Ein schwer verdauliches Desaster

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Teile der alten Großmarkthalle müssen statisch gesichert werden, Millionen fließen in die Instandhaltung. (Foto: Stephan Rumpf)

2010 beschlossen - frühestens 2030 fertig. Die Münchner Stadtpolitiker geben beim Bau der neuen Großmarkthalle ein denkbar schlechtes Bild ab.

Kommentar von Heiner Effern

Quiz-Sendungen erfreuen sich bei Anhängern des Fernsehens konstant großer Beliebtheit, deshalb hier eine politische Frage. Wann meldete die SZ folgende Neuigkeit? "Der Stadtrat hat mit großer Mehrheit beschlossen, eine neue Großmarkthalle an der Schäftlarnstraße zu bauen." Na, macht es klick? Es war die Ausgabe vom 20. Mai 2010. Nein, das ist kein Druckfehler: 2010 ist richtig. Fast zwölf Jahre später hat der Stadtrat nun beschlossen, den Bau einer neuen Planungsvariante für private Investoren auszuschreiben. Anvisiertes Einzugsdatum: das Jahr 2030. Wenn Stadtpolitiker behandelt würden wie Quiz-Kandidaten, dann müsste man sie umgehend nach Hause schicken.

Die Fraktion aus FDP und Bayernpartei hat in der Debatte völlig zurecht den zeitlichen Ablauf des Neubaus der Großmarkthalle als "Desaster" bezeichnet. Es ist die dritte Stadtregierung, die nun versucht, den entsprechenden Beschluss umzusetzen. Wenn es zeitlich gut geht, weiht ihn die vierte gerade noch ein. Dass der jetzige CSU-Stadtrat und frühere langjährige Fraktionschef der SPD, Alexander Reissl, eine solche Kritik als nicht gerechtfertigt zurückweist, fällt auf ihn selbst zurück. Die SPD musste 2010 von CSU, Grünen, Linken und ÖDP gezwungen werden, dem Neubau überhaupt zuzustimmen.

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Im Jahr 2017 wurde schließlich ein Entwurf des zuständigen Kommunalreferats unter dem damaligen Chef Axel Markwardt im Stadtrat debattiert. Die Kosten lagen bei 160 Millionen Euro. SPD und CSU verwarfen die Pläne, der damalige SPD-Fraktionschef Reissl bezeichnet sie heute als völlig untauglich. Da fragt man sich, was das Kommunalreferat und die ihm unterstehenden Markthallen denn sieben Jahre lang getrieben haben? Und warum hat der damalige Fraktionschef Reissl fünf Jahre lang zugesehen, wie der seit 2012 amtierende SPD-Parteifreund Markwardt einen seiner Ansicht nach völlig untauglichen Entwurf erarbeiten ließ?

Als rettende Lösung wurde ein privater Investor gesucht und gefunden. Ein Unternehmen, das Obst und Gemüse kann, aber noch nie in so großem Stil gebaut hatte. Natürlich kam dann die Pandemie auch noch dazwischen, doch ein Risiko ging die Stadt mit dieser Wahl von Anfang an ein. Mittlerweile hat sich die Büschl-Gruppe eingekauft, weshalb nun eine europaweite Ausschreibung nötig wird. Fünf Jahre nach dem Beschluss der Investoren-Lösung. Es mag neben Corona und Planungspannen noch viele weitere, auch nachvollziehbare Gründe für Verzögerungen geben. Betrachtet man nüchtern die Zeiträume und die Millionen, die in die Instandhaltung des alten Großmarkts flossen und weiter fließen, dann kann einem die Antwort auf die eingangs gestellte Quizfrage kräftig auf den Magen schlagen.

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