Festnahme in Amsterdam:Flüchtiger Automatensprenger nach zwei Jahren gefasst

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Germering im Oktober 2018: Einsatzkräfte der Polizei arbeiten an dem abgesperrten Tatort um die Bankfiliale. (Foto: dpa)

Eine kriminelle Bande wollte eine Bank in Germering ausrauben - nun ist auch der vierte und letzte Verdächtige in Haft. Er wurde in den Niederlanden festgenommen.

Von Julian Hans

Zwei Jahre nach dem spektakulären Polizeieinsatz gegen eine Bande von Automatensprengern in Germering ist auch der letzte Tatverdächtige festgenommen worden. Niederländische Kollegen hätten den flüchtigen 28-Jährigen am Freitag in Amsterdam verhaftet, teilte die Münchner Polizei am Mittwoch mit und lobte die grenzübergreifende Zusammenarbeit.

Beamte eines Sondereinsatzkommandos hatten im Morgengrauen des 17. Oktober 2018 zwei Männer dabei überrascht, als sie gerade Gas in einen Geldautomaten der Sparda-Bank in der Otto-Wagner-Straße in Germering leiten wollten, um ihn anschließend aufzusprengen. Einer der Männer versuchte, mit einem 450 PS starken Audi die Polizeifahrzeuge zur Seite zu schieben, die ihn blockiert hatten, und rammte dabei auch einen Polizisten. Der Beamte wurde schwer verletz, fünf Dienstwagen wurden demoliert. Die Polizisten gaben mehr als ein Dutzend Schüsse ab, ein Treffer in die Schulter stoppte den damals 27-Jährigen schließlich. Derweil war sein Komplize zu Fuß geflohen. Zwei junge Frauen und ein Mann wurden noch am selben Morgen in einer Wohnung in Gilching festgenommen, sie sollen als Logistiker die Tat mit vorbereitet haben. Seit Freitag ist nun auch der letzte mutmaßliche Beteiligte an der Tat in Haft.

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Die Strafe fällt so hoch aus, weil sich der 29-Jährige bei seiner Flucht äußerst rücksichtslos verhielt - drei Beamte wurden dabei verletzt, fünf Polizeiautos beschädigt und 30 Schüsse abgefeuert.

Im aktuellen Lagebild zur Organisierten Kriminalität (OK) in Bayern, das Innenminister Joachim Herrmann am Dienstag vorgestellt hat, ist der Fall exemplarisch als Beispiel für bundesweit agierende kriminelle Gruppierungen aufgeführt. Deutschlandweit gab es im vergangenen Jahr 340 solcher Taten, die Ermittler beobachten seit 2014 eine stetige Zunahme von Geldautomatensprengungen. Das Phänomen war zunächst in den Niederlanden aufgetreten; nachdem dort viele Banken ihren Schutz verstärkt hatten, wurden die Täter in Deutschland aktiv. Laut OK-Bericht sind es überwiegend Niederländer marokkanischer Abstammung, die in dieser Form professionell vorgehen: Logistiker mieten Wohnungen an, Autoknacker stehlen Autos mit starken Motoren, die Automatensprenger leiten dann Gas in die Geldautomaten und bringen es zur Explosion.

Dank eines Hinweises konnten Ermittler 2018 die Täter schon bei der Vorbereitung observieren, die eigentlichen "Sprenger" reisten erst am Abend vor der Tat an. In dem Bericht zur Organisierten Kriminalität heißt es noch: "Die zu Fuß vom Tatort geflüchtete Person konnte nicht mehr gestellt werden." Dass dieser Satz inzwischen überholt ist, macht den Herausgeber bestimmt nicht traurig.

© SZ vom 17.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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