Fallzahlen:Corona bremst kriminelle Banden

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Innenminister Herrmann sieht das organisierte Verbrechen weiterhin als große Bedrohung - auch wenn eines in Bayern anders sei als in anderen Bundesländern. (Foto: imago images/ZUMA Wire)

Sie steuern das Geschäft mit Rauschgift, sprengen Geldautomaten oder betrügen alte Menschen am Telefon: Organisierte Kriminelle haben 2019 in Bayern einen Schaden von rund 63 Millionen Euro angerichtet.

Von Dietrich Mittler, München

Bayern sieht sich im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität (OK) "bestens gerüstet", wie Innenminister Joachim Herrmann und Justizminister Georg Eisenreich (beide CSU) am Dienstag in München erklärten. Doch auch im Freistaat entstanden durch kriminelle Banden hohe Schäden. Zwar fielen diese 2019 mit gut 63 Millionen Euro deutlich geringer aus als noch 2018 mit 169 Millionen Euro. Dennoch aber gelte: "Die Organisierte Kriminalität ist eine große Bedrohung, die wir nicht aus den Augen verlieren dürfen." Im Vorjahr habe insbesondere der Rauschgifthandel mit Cannabis, Kokain, synthetischen Drogen und Heroin zu einer der lukrativsten Einnahmequellen der Organisierten Kriminalität gezählt.

Aber auch Waffenhandel, Schleuser-Delikte, Betrug über Call-Center und Überfälle gehörten zum Geschäftsmodell solcher Banden. Stark gestiegen seien die Fälle, in denen Geldautomaten gesprengt wurden. Allein 2019 seien dabei rund 900 000 Euro erbeutet worden, stellten beide Minister fest. Tendenz steigend: "Für das laufende Jahr haben wir mit rund 1,3 Millionen Euro eine deutliche höhere Tatbeute", sagte Herrmann - und das, obwohl die Fallzahl im Vergleich zu 2019 bislang um 30 Prozent gesunken sei.

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Um zu demonstrieren, wie gezielt und zugleich auch rücksichtslos die Täter dabei vorgingen, war für die Pressekonferenz im Foyer des Bayerischen Landeskriminalamts ein gesprengter Geldautomat aufgebaut worden. Ein ebenfalls vorgeführtes Video, aufgenommen von einer Überwachungskamera im unterfränkischen Marktheidenfeld, verdeutlichte die Sprengkraft des verwendeten Gases. "Das kann auch Unbeteiligte gefährden", kommentierte Harald Pickert, der neue Präsident des bayerischen Landeskriminalamtes (LKA), den Tathergang.

Wenig Hoffnung macht sich Pickert bezüglich der gesunkenen Fallzahlen. Das sei letztlich auf die wegen Corona geschlossenen Grenzen zurückzuführen, sagte der LKA-Chef. Für die Minister Herrmann und Eisenreich ist aber auch dies ein Indiz für die länderübergreifenden Verflechtungen bei der Organisierten Kriminalität. "Gut 87 Prozent aller OK-Verfahren hatten 2019 internationale Bezüge", sagte Eisenreich. Auch Herrmann lieferte Zahlen: Demnach wurde vergangenes Jahr gegen 913 Tatverdächtige aus 59 verschiedenen Staaten ermittelt. "Rund 72 Prozent von ihnen waren ausländische Staatsangehörige", sagte Herrmann. Bei den Geldautomaten-Sprengern habe es sich vielfach um aus den Niederlanden eingereiste Täter gehandelt.

Um die Schlagkraft gegen international agierende Kriminelle weiter zu erhöhen, hat die bayerische Justiz Spezialeinheiten bei grenznahen Staatsanwaltschaften eingerichtet, dabei habe Traunstein im August 2018 den Auftakt gemacht, sagte Eisenreich. Auf Seiten der Polizei hätten sich wiederum spezialisierte OK-Einheiten in allen Polizeipräsidien bewährt. Überdies gebe es im LKA ein eigenes Dezernat zur OK-Bekämpfung. Auch das Landesamt für Verfassungsschutz beobachte die Entwicklung der kriminellen Strukturen. Um erfolgreich zu ermitteln, bedürfe es zudem einer intensiven länderübergreifenden Zusammenarbeit. "In 78 Prozent der Fälle haben wir im Jahr 2019 mit Kollegen aus dem Ausland kooperiert", hieß es.

Zufrieden waren beide Minister mit dieser Bilanz: "Unsere Ermittler konnten 2019 von der Tatbeute im Rahmen der Vermögensabschöpfung 30 Millionen Euro vorläufig sichern."

© SZ vom 16.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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