Jahresrückblick Umwelt:Von Trockenheit, Hitze und einem sensationellen Rückkehrer

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Weil der Grundwasserstand viel zu niedrig ist, ist der Starzelbach (hier in Eichenau) ausgetrocknet. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Der Sommer 2022 hat gezeigt: Der Klimawandel ist da. Bäche haben kein Wasser, Landwirte sorgen sich. Doch es gibt auch gute Nachrichten aus der Natur.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Zu warm, viel zu trocken - das Jahr 2022 hat es auch im Landkreis Fürstenfeldbruck gezeigt: Der Klimawandel ist da. Immerhin blieben Katastrophen aus. Aber vor allem im Juli gab es kaum Niederschläge. Offensichtlich wurde der Wassermangel an den Gewässern. Bäche, Flüsse und Seen im Landkreis zeigen die größeren Zusammenhänge.

Starzel- und Gröbenbach sind in diesem Sommer vertrocknet, der Starzelbach führt auch im Dezember kein oder nur sehr wenig Wasser, berichtet Christian Leeb, Leiter des Wasserwirtschaftsamts München. Was momentan an Wasser durch den Starzelbach fließe, komme nicht aus der Quelle des Bachs, sondern aus zwei Gräben.

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:Der Starzelbach bleibt trocken

Der Oberlauf in Alling und Eichenau ist immer noch leer. Im Quellgebiet müssen sich erst die Böden wieder vollsaugen, vermutet das Wasserwirtschaftsamt.

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"Es hat zwar einiges geregnet. Aber die Quellfläche im Moorgebiet westlich von Alling muss sich erst vollsaugen, ehe der Niederschlag im Grundwasser ankommt", erklärt Leeb. Derzeit sei der Grundwasserspiegel noch immer viel zu niedrig, so niedrig wie zuletzt in den Neunzigerjahren.

Wie kann das Reservoir im Boden wieder aufgefüllt werden? "Man muss schauen, dass man das Wasser länger in der Landschaft hält", sagt Leeb. Das funktioniere mit Schnee am besten, der langsam abtaue und einsickern könne. Kräftige Niederschläge, vor allem Starkregen, kommen Leeb zufolge gar nicht im Grundwasser an. Das Wasser fließe vielmehr über Bäche und Flüsse ins Meer und trage so zur Erhöhung des Meeresspiegels bei.

Dass die Bäche derzeit wenig Wasser führen, garantiert Leeb zufolge keineswegs, dass es kein Hochwasser geben werde. Bei Starkregen könne genau das passieren, vor allem dann, wenn der Boden ausgetrocknet sei. Dann könne das Wasser nicht einsickern, ähnlich wie in der Wüste.

Die Kneipp-Anlage in Puchheim-Ort ist nicht benutzbar - der Gröbenbach führt zu wenig Wasser. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Leeb rät dazu, beim Bauen und in der Landwirtschaft stärker auf den Grundwasserspiegel zu achten und Äcker beispielsweise parallel zum Hang zu bearbeiten. "Das hilft auch gegen Erosion."

Das Wasser, dass von ausgetrockneten Böden durch begradigte Bäche und Flüsse schnell Richtung Meer abfließt, fehlt in der Landwirtschaft und in den Wäldern.

Das Landratsamt warnte im Sommer vor extremer Waldbrandgefahr, die Landwirte fürchteten, nicht genug Heu ernten zu können. Denn das Gras wuchs sechs Wochen lang gar nicht. Auf ohnehin trockeneren Böden verdorrte der Mais, und auch auf den etwas besseren setzte er oft kaum Körner an.

Auf einem Feld bei Mammendorf vertrocknet der Mais. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Den Kühen machte die Hitze noch mehr zu schaffen als den Menschen. Rinder mögen am liebsten Temperaturen um 15, 16 Grad. Wird es so heiß wie im Sommer 2022, geben sie fünf bis zehn Prozent weniger Milch, wie Milchbauer Alexander Rasch im Sommer berichtete.

Ein, zwei Gewitter konnten den Unterschied machen zwischen einer zu geringen Getreideernte und einer, die eher durchschnittlich war. "Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen", kommentierte der neu gewählte Kreisobmann des Bauernverbands, Matthias Heitmayr.

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:Weniger Futter, weniger Milch

Die hohen Temperaturen und die Trockenheit konfrontieren die Landwirte mit Ernteeinbußen. So setzt der Mais kaum Körner an und könnte das Heu knapp werden.

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Obwohl im Landkreis das Artensterben deutlich merkbar ist, gab es 2022 auch gute Nachrichten aus der Natur: Auf dem Gelände des früheren Fliegerhorsts ließen sich Brachvögel nieder, und sie zogen sogar erfolgreich mindestens drei Junge auf.

Rückkehrer auf den Fliegerhorst: der Große Brachvogel. (Foto: Erich Pöhmerer/oh)

Das sind gleich zwei Sensationen auf einmal, erklärt Simon Weigl, Brachvogel-Experte des Landesbunds für Vogel- und Naturschutz in Bayern. Es ist schon ungewöhnlich, dass die großen Vögel an einen Standort zurückkehren, von dem sie schon verschwunden waren. Und dass sie auch noch erfolgreich gebrütet haben, hat bei Naturfreunden wie Natalie Beischl geradezu Euphorie ausgelöst.

Kommentar
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Die Brachvögel auf dem Fliegerhorst Fürstenfeldbruck zeigen, dass die Natur sich erholt, wenn wir Menschen ihr den Raum dazu geben.

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In ganz Bayern gibt es nur noch 500 Brutpaare des großen Brachvogels. Denn sein Lebensraum, weiträumige Wiesen, sind fast völlig verschwunden. Die Rückkehr der Vögel ist also Grund zur Hoffnung. Die Freude ist jedoch getrübt. Die Gemeinde Maisach möchte einen Teil des Geländes bebauen, unter anderem mit einem Freizeitgelände. Der kleinen Brachvogel-Kolonie könnte das gleich wieder den Garaus machen. Beischl hat deshalb eine Bürgerinitiative gegründet.

In Oberbayern sollen in sieben Landkreisen, auch in Fürstenfeldbruck, artenreiche Mähwiesen wieder hergestellt werden. Im Mai hat das Projekt im Landkreis begonnen. Es wurden Flächen ausgewählt, die wenig oder nicht gedüngt sind und noch über ein relativ breites Artenspektrum verfügen. Sie sollen so bewirtschaftet werden, dass der Artenreichtum bei den Pflanzen und Tieren wieder zunimmt.

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In Oberbayern sollen die blühenden Mähwiesen zurückkehren. Wie das Erholungssuchenden und der Artenvielfalt hilft, zeigt ein Beispiel auf einem Hügel in Kottgeisering.

Von Ingrid Hügenell
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