Fürstenfeldbruck:Weniger Futter, weniger Milch

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Milchbauer Alexander Rasch sorgt sich um seine Kühe. Wird er im Winter genug Futter für sie haben? Wegen der Hitze geben die Tiere weniger Milch. (Foto: Günther Reger)

Die hohen Temperaturen und die Trockenheit konfrontieren die Landwirte mit Ernteeinbußen. So setzt der Mais kaum Körner an und könnte das Heu knapp werden.

Von Ingrid Hügenell, Fürstenfeldbruck

Den Kühen ist der Sommer eindeutig zu heiß, die hohen Temperaturen setzen ihnen zu. Die Folge: Sie geben weniger Milch. Fünf bis zehn Prozent weniger, schätzt Milchbauer Alexander Rasch. Der Landwirt hat 60 Milchkühe im Stall in Hörbach (Gemeinde Althegnenberg) stehen. Vor allem hohe Temperaturen in der Nacht seien für die Tiere schwierig, erklärt er. Da helfen auch die großen Ventilatoren nur bedingt, die den Stall durchlüften, aber kaum kühlen. Wie Menschen auch seien die Kühe in der Hitze "lätschert".

Zwar hat der Regen am Wochenende Abkühlung gebracht. Doch eine weitere Sorge treibt Rasch um: Wird es im Winter genug Futter geben? Durch die Trockenheit ist ein Heuschnitt bereits ausgefallen. Rasch hat genügend Mais angebaut, als Kraftfutter, und der wächst auch einigermaßen. Aber manche Kollegen müssten ihre Bestände wohl reduzieren, denn es gibt Rasch zufolge überall zu wenig Gras und Mais, und vor allem das hochwertige Futter werde gar nicht gehandelt. "Von Heu alleine werden die Kühe satt, geben aber keine Milch", erklärt er. Reduzieren heißt: Tiere verkaufen. Oder in den Schlachthof bringen.

Auch Matthias Heitmayr, den neuen Kreisobmann des Bauernverbands aus Dünzelbach (Gemeinde Moorenweis), sorgt der Zustand der Wiesen. "Viele Landwirte haben Angst, dass das Futter nicht reicht", bestätigt er. Wiesen könnten durch die Trockenheit sogar langfristig geschädigt sein, wenn auch die Wurzeln kaputt gegangen sind. "Dann muss man nachsäen", sagt Heitmayr. Wirklich planen könne man aber auch das nicht. Denn damit die Saat keimen kann, braucht es Feuchtigkeit.

In diesem Sommer sind auch im Landkreis die Wiesen vertrocknet, die Milchbauern mussten fürchten, dass ihnen das Heu ausgeht - eine Folge des Klimawandels. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Einen gewissen finanziellen Ausgleich hätten die Landwirte, der Milchpreis sei gestiegen, sagt Josef Peis, Agrarwissenschaftler vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Fürstenfeldbruck. Die Erhöhung komme bei den Betrieben auch an. Aber Diesel und Dünger seien ebenfalls teurer geworden.

Bei den Feldfrüchten hängt der Ertrag Peis zufolge in diesem Jahr stark vom Standort ab - und vom Zufall. Da, wo es mehr Gewitter gab, seien die Erträge gut, sagt Peis. Und immerhin für die Ernte des Getreides seien die Bedingungen gut gewesen - es hat nicht geregnet. Die Mengen seien nicht schlecht, die Qualität schwankend. "Wir sind mit einem blauen Auge davon gekommen", sagt Heitmayr zur Getreideernte.

"Das ist keine gesunde Entwicklung", sagt Kreisobmann Heitmayr

Zum Teil sei sie im Landkreis recht gut ausgefallen, zum Teil allerdings auch unterdurchschnittlich. "Durch den Krieg in der Ukraine sind die Düngepreise explodiert. Auch die Getreidepreise haben angezogen." Das könne sich schnell wieder ändern, alles geschehe derzeit sprunghaft. "Das ist alles keine gesunde Entwicklung", sagt Heitmayr. Und für die Bauern sei es schwierig einzuschätzen, wie sie sich verhalten sollen.

Gelitten hat der Mais. Dessen Ernte beginnt bald, vier Wochen früher als normal. Vielerorts, vor allem im Osten des Landkreises, wo schon die Münchner Schotterebene beginnt, ist er wegen Wassermangels nicht genug gewachsen und nur zwei Meter groß statt drei. Beim Silomais, den die Landwirte verfüttern, lasse oft die Qualität zu wünschen übrig, erklärt Heitmayr. Viele Pflanzen hätten gar keine Kolben angesetzt, bei anderen seien die wenigen Körner schlecht ausgebildet. Da hilft der Regen auch nicht mehr.

Viele Maispflanzen sind vertrocknet, die Körner schlecht ausgebildet. Manche haben gar keine Kolben angesetzt. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Schwankend wird laut Peis auch die Qualität der Kartoffeln sein, bei den Frühkartoffeln, die schon geerntet wurde, habe man das bereits gesehen. Auch hier ist die Trockenheit der Grund. Die größeren Pommens-Kartoffeln seien noch in der Erde, sagt Peis. Sehr gut mit der Trockenheit kommen die Sojabohnen zurecht, die immer häufiger im Landkreis angebaut werden. Die Bestände zeigen Peis zufolge sehr gut die Bodenbeschaffenheit. Wo genügend Wasser verfügbar ist, sind die Pflanzen noch grün, da wird es wohl gute Erträge geben. Fehlt Wasser, sind die Pflanzen schon braun. "Das gibt keinen Spitzenertrag", sagt Peis. Hoffnung gibt es für die Zuckerrüben, vor allem, wenn es noch mehr regnet.

Der Agrarwissenschaftler rät den Landwirten zu wassersparender Bodenbearbeitung. Ein Baustein sei, möglichst wenig zu pflügen. Ein weiterer, darauf zu achten, dass der Boden möglichst ständig bedeckt ist. Dass heiße, dass man beispielsweise Mais nicht häckseln und in die Biogasanlage fahren solle, sondern nur die Körner heraus dreschen und den Rest auf der Fläche lassen müsste. "Die Landwirte sollten auch noch mehr auf den Humusaufbau im Boden achten", rät Peis.

Der Anbau von Lupinen könnte Chancen für Landwirte bieten, hat aber ganz eigene Probleme. (Foto: Christian Endt/Christian Endt, Fotografie & Lic)

Er sieht künftig Chancen im Anbau von Leguminosen wie Soja, Ackerbohnen oder Lupinen. Auch das ist nicht problemlos. Lupinen etwa wurden in der Dreißigerjahren verstärkt angebaut. Das kann jetzt, fast hundert Jahre später, Probleme machen, weil in damals stark für Lupinen genutzten Böden noch immer ein Pilz schlummert, der die Pflanzen noch immer befallen und stark schädigen kann.

Die obersten zwei Meter Boden sind viel zu trocken. Um den Mangel auszugleichen, müsste es sehr lange regnen

Fürs erste hoffen die Landwirte auf Regen, viel Regen. Der dürfe aber nicht zu schnell sein, erklärt Peis. "Sonst fließt alles ab ins Schwarze Meer." Insgesamt bräuchte es aber viel mehr als das, was seit Donnerstag gefallen sei. "Die obersten zwei Meter Boden sind vertrocknet." Und um die wieder aufzufüllen, müsste es wochenlang stetig und kräftig regnen.

Dass der heiße und trockene Sommer eine Folge des Klimawandel ist, ist für Kreisobmann Heitmayr klar, und es macht ihm "ganz große Sorgen". Dagegen werde viel zu wenig unternommen, sagt er, im Gegenteil, wer könne, mache immer weiter wie bisher, mit mehreren Flugreisen im Jahr. "Es wird eher schlimmer." Die Entwicklung sei gravierend. Die Hoffnung will er dennoch nicht aufgeben. "Wir müssen aus dem, was da ist, das beste machen. Man wird sehen, wie es sich entwickelt."

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