Verkehrswende:Wenig Interesse am Car-Sharing im Westen

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Das Schöngeisinger Leihauto, hier vor dem Scherer-Haus, wird es künftig nicht mehr geben. (Foto: Johannes Simon)

In Schöngeising entscheidet der Gemeinderat, das Angebot einzustellen. Auch in anderen Kommunen ist man mit der Nachfrage eher unzufrieden.

Von Manfred Amann, Schöngeising

Die Absicht von Kommunen, mit einem Car-Sharing-Angebot Bürger vom Zweitauto oder ganz von einem eigenen Fahrzeug abzubringen, um so einen Beitrag zur Verkehrsentlastung und zum Klimaschutz zu leisten, trifft nicht überall auf ausreichend großes Interesse. Während in den größeren Ost-Gemeinden die Nachfrage meist ausreicht, um das "Auto für alle" wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben und daher private Unternehmen auf eigenes Risiko tätig werden, müssen die kleineren Orte im Westen des Landkreises von sich aus die Initiative ergreifen. Sie müssen Geld in die Hand nehmen und meist auch noch anfallende Defizite übernehmen, wenn das Angebot dauerhaft vorhanden sein soll.

Oder aber der Betrieb wird wieder eingestellt, wenn mangels Nachfrage die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben dauerhaft zu hoch ist. So wie aktuell in Schöngeising. Dort hat der Gemeinderat nach zwei Jahren Probelauf nun im wahrsten Sinne des Wortes dem Orlando-Mobil den Stecker gezogen. Das Elektroauto hatte die Gemeinde von der Firma "Teilzeug" in Starnberg angemietet, um den Bürgern eine temporäre Ausleihe anbieten zu können. Im Frühjahr 2021 war das Projekt laut Bürgermeister Thomas Totzauer (FW) "mit viel Begeisterung" gestartet. Die Gemeinde habe das Auto als Ergänzung zum Öffentlichen Personennahverkehr und als umweltfreundliche und kostengünstige Alternative zum Zweitwagen gesehen. Der Gemeinderat sei davon ausgegangen, dass das Angebot vor allem für ältere Mitbürger aber auch für junge Leute ohne Auto interessant sein könnte, ebenso für Familien, die dadurch den heimischen Fuhrpark hätten verkleinern können, erklärte der Gemeindechef. Im ersten Jahr hätten aber nur 27 Personen das Orlando-Mobil genutzt und 2022 nur 26.

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Car-Sharing ist im Grunde eine gute Idee, wie sehr es allerdings die Verkehrswende vorantreibt, ist fraglich.

Kommentar von Manfred Amann

Als weiteren Grund für das Aus nannte Totzauer im Gemeinderat, dass einer der häufigsten Nutzer wegen Wegzugs aus Schöngeising zukünftig ausfalle und so das Defizit, 2022 über 8000 Euro, zukünftig noch größer sein würde. Angesichts der angespannten Finanzlage könne die Gemeinde diese freiwillige Leistung nicht mehr anbieten.

In Kottgeisering muss der Gemeinderat bald entscheiden, wie es mit dem Car-Sharing-Angebot weitergeht. (Foto: Johannes Simon)

In einer ähnlichen Situation steckt die Gemeinde Kottgeisering, Auch dort steht seit November 2021 ein von der Firma Teilzeug gemietetes Fahrzeug zur Ausleihe bereit. Die zweijährige Probephase geht in Kürze zu Ende. Dann wird auch dort der Gemeinderat darüber befinden, ob das Angebot "Ko-car-sharing" trotz geringer Nutzung beibehalten werden kann.

Eine relativ gute Auslastung des "Rasso-Mobils" dagegen verzeichnet die Gemeinde Grafrath. Wie Bürgermeister Markus Kennerknecht (parteifrei) im Gemeinderat informierte, wurde das Angebot 2019 für eine zweijährige Probephase installiert, wegen Corona aber um weitere zwei Jahre verlängert. Es seien aktuell 35 Nutzer registriert und das jährliche Defizit habe sich bei etwa 4500 Euro eingependelt. Um davon wegzukommen und damit es bei den bisherigen Investitionskosten von etwa 35 000 Euro bleibt, stimmte der Gemeinderat dem Vorschlag des Bürgermeisters zu, ein "Teilzeug-Angebot" anzunehmen, wonach das Unternehmen zukünftig auf eigene Rechnung arbeitet. Allerdings hat dies eine Anhebung der Nutzungskosten von 25 auf 30 Cent je Kilometer und von 2,50 auf fünf Euro je Stunde zur Folge.

Das "Rasso-Mobil" in Grafrath hat aktuell etwa 35 Nutzer. Es bleibt wohl bestehen, allerdings könnten die Preise deutlich steigen. (Foto: Johannes Simon)

Ein Car-Sharing-Angebot gibt es auch in Türkenfeld. Dort haben im vorigen Jahr mehrere Interessenten die "Car-Sharing-Kooperative Türkenfeld/Geltendorf e.V." gegründet. Der Verein stellt in beiden Gemeinden je zwei Autos bereit und wirbt um weitere Mitglieder.

In der Gemeinde Maisach bietet die Firma "MER E-Car-sharing" ein Fahrzeug an, das laut Geschäftsführer Peter Eberlein "zu etwa 50 Prozent" von Gemeindemitarbeitern genutzt wird, aber auch ausgeliehen werden kann. Ein weiteres, das vom Münchner Unternehmen Stattauto bereitgestellt worden war, ist inzwischen mangels Nutzung wieder abgezogen worden. Damit war laut Eberlein auch die Zuversicht dahin, ein weiteres in Gernlinden anzubieten, falls Maisach ein Erfolg werden sollte.

Die Firma Stattauto betreibt nach Angaben der Pressestelle im Landratsamt auf eigenes Risiko in Germering drei Fahrzeuge, in Gröbenzell zwei und in Puchheim, Olching und Eichenau jeweils eines. In Puchheim steht auch noch ein Auto der Firma "Flinkster" (Bahn) zur Verfügung. Die meisten Ausleih-Fahrzeuge bietet im Landkreis mit vier Autos die "E-Car-Sharing Strom Germering" an.

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