Filmgespräch:Dem Wahnsinn entfliehen

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Perspektiven zeigen: Die Schauspielerin Senta Berger (Mitte), der Regisseur und Schauspieler Michael Herbig und Ursula Münch, Direktorin der Akademie für Politische Bildung, vor dem "Filmgespräch am See" im Rosengarten der Akademie. (Foto: Ursula Düren/dpa)

Zum Abschluss des Fünf-Seen-Filmfestivals machen sich die Ehrengäste Senta Berger und Michael Herbig für das Kino als Bühne für die Kultur stark - auch und gerade in Corona-Zeiten.

Von Veronika Kügle, Tutzing

Im Rosengarten der Akademie für politische Bildung in Tutzing hat sich eine Traube von Fotografen gebildet, die nur stellenweise den Blick freigibt auf die beiden Stargäste an diesem Sonntag. Geduldig lassen Senta Berger und Michael Herbig auch noch das 20. Foto von sich schießen, nebenan greifen Hände zu Sektgläsern. Schon jetzt hat Michael "Bully" Herbig einen Witz auf den Lippen, eine lockere Art, mit der er sich auch später in den Innenräumen der Akademie zeigen wird. Berger ist in dunkelblaue, fließende Stoffe gehüllt, die große Sonnenbrille soll sie wohl mehr vor Blitzlichtgewitter als vor UV-Strahlen schützen. Im Starnberger See spiegeln sich bereits dunkle Wolken, das Wetter ist so wechselhaft und ungewiss wie die pandemiebedingten Aussichten auf den Herbst.

Um eben solche "postpandemische Perspektiven" soll es in der Podiumsdiskussion gehen, gemeinsam mit Sylvia Griss vom BR werden die beiden prominenten Gäste über die aktuellen Chancen und Herausforderungen für den deutschen Film sprechen. Nach mehr als 100 gezeigten Filmen kommt das Fünf-Seen-Filmfestival damit zu einem Höhepunkt. Am selben Tag noch sind Michael Herbigs Drama "Ballon", das von einer Flucht aus der DDR erzählt und "Wickie und die starken Männer" zu sehen. Die Komödie "Willkommen bei den Hartmanns" mit Senta Berger, bei der ihr Sohn Regie führte und auch der Spielfilm "Satte Farben vor Schwarz" bilden dann tags darauf den Abschluss des Festivals. Die beiden mal nicht auf der Leinwand, sondern auf der Bühne sprechen zu hören - das wollten sich die Gäste an diesem Nachmittag nicht entgehen lassen. Die Plätze im Saal sind restlos gefüllt, als die Direktorin der Akademie, Ursula Münch, das Publikum begrüßt.

Moderatorin Sylvia Griss, die für das Kulturmagazin Capriccio mitverantwortlich ist, möchte zunächst von ihren Gesprächspartnern wissen, wie sie die Pandemie erlebt haben. Als "gewöhnungsbedürftig und schwierig" beschreibt Michael Herbig die Zeit, er sei aber noch "relativ heil durchgekommen". Nicht ohne Ironie erzählt er von seinen "First world problems", vom Homeschooling und der Schwierigkeit, im Büro allein die Spülmaschine anstellen zu müssen. Beruflich wäre zwar alles wahnsinnig schwierig zu planen gewesen, im Vergleich zur Eventbranche hätten Filmemacher in Deutschland wenigstens noch drehen dürfen.

Senta Berger, früher selbst Kinobesitzerin, weiß um die Schwierigkeiten der Betreiber während der Pandemie

Trotzdem wäre das Kino in der Pandemie hinten runtergefallen. "Das Kino ist auch eine Bühne. Da passiert Kultur", sagt Herbig. Auch Senta Berger, selbst einmal Besitzerin eines Berliner Kinos, weiß: "Ein Kino muss belebt werden, und das kostet Geld." Was viele nicht wissen würden: Große Häuser wie die Bayerische Staatsoper würden gefördert werden, Kinos aber kaum. Deutschland fehle "ein gewisses Selbstbewusstsein", auch in den deutschen Medien bräuchte der Film eine größere Plattform. "Film kommt merkwürdigerweise immer zuletzt", sagt sie. Das hat sich auch in der Corona-Krise bemerkbar gemacht: "Das Kino hat mir sehr gefehlt." Gerade eine Komödie würde man in Zeiten der Krise im Kino mehr genießen. "Das Lachen der anderen wirkt inspirierend", sagt Berger. So ein Kinobesuch sei außerdem ein Gemeinschaftserlebnis, findet auch Herbig. Auch aus beruflicher Sicht steht für ihn fest: "Als Schauspieler will man seinen Film im Kino sehen."

In der Podiumsdiskussion wird es konkret, zeitweise auch politisch. Vor allem aber zeigen sich die Prominenten von einer sehr persönlichen Seite. Die beiden übertrumpfen sich gegenseitig mit Anekdoten, die auch mal "nichts zur Diskussion beitragen", wie "Bully" zwischendurch witzelt. Das ist das, was der Münchner machen möchte und auch am besten kann: unterhalten. "Gerade fühlt sich alles sehr wild an, was wir so erleben", so der 53-Jährige, "Dramen sieht man schon in den Nachrichten." Jetzt sei eher die Zeit, den Leuten optimistische und lustige Filme zu zeigen und "so zwei Stunden dem Wahnsinn entfliehen".

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