Landtagswahl:Lauter Mannsbilder

Frauenquote Gleichberechtigung

Der Frauenanteil in Führungspositionen steigt nur sehr langsam.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Im Landkreis Freising gibt es nur eine einzige Direktkandidatin. Sie heißt Katharina Capric und tritt für "Mut" an. Alle finden den Frauenmangel schade, für viele wäre die Quote eine Option.

Von Nadja Tausche, Landkreis

Dass im Stimmkreis Freising neun der zehn Direktkandidaten für die Landtagswahl männlich sind, ist Susanne Günther nicht nur aufgefallen. Die Grünen-Stadträtin fand es sogar so beachtlich, dass sie eine Statistik erstellt hat: Darin vergleicht sie die Frauenquote unter den Direktkandidaten in allen Stimmkreisen Oberbayerns miteinander. Das Ergebnis: "Auch nach dieser Landtagswahl werden wieder Männer Politik für Männer machen." Denn der Stimmkreis Freising ist keine Ausnahme: In den Stimmkreisen Erding und Ebersberg kandidieren nur zwei Frauen als Direktkandidatinnen, in Pfaffenhofen keine einzige, so das Ergebnis.

Einen Grund dafür sieht Günther in der Bedeutungszunahme konservativer Parteien. "Die konservativen Parteien setzen sich überhaupt nicht für Gleichberechtigung ein", meint Günther. Damit mache sie auch persönlich Erfahrung: Wenn sie etwas zum Thema Gleichstellung auf Twitter poste, komme oft ein Querschuss von der Bayernpartei. Auch das Thema Frühsexualisierung, das etwa die AfD immer wieder anspreche, sei auf der politischen Agenda neu und ein Rückschritt für die Gleichberechtigung, findet Günther.

Landtagswahl: Susanne Günther (Grüne)

Susanne Günther (Grüne)

(Foto: Marco Einfeldt)

Der hohe Männeranteil unter den Freisinger Direktkandidaten sei ein strukturelles Problem, sagt die Gleichstellungsbeauftragte im Landratsamt, Petra Lichtenfeld. Freising sei kein Ausnahmefall. Frauen engagierten sich zwar durchaus politisch, etwa bei Demonstrationen oder ehrenamtlich, aber nicht so häufig parteipolitisch. Einen Grund dafür sieht Lichtenfeld in den Rahmenbedingungen: "Die Bedingungen, wie Politik gemacht wird, sind nicht gerade familienfreundlich." Kommunalpolitik finde häufig am Abend und am Wochenende statt. Um das zu ändern, müsse man in der Jugendarbeit ansetzen und Jugendliche für Politik begeistern. Eine Veränderung sei dringend nötig, denn der hohe Männeranteil in der Politik führe dazu, "dass junge Frauen weniger Vorbilder haben", sagt Lichtenfeld.

Landtagswahl: Rosi Eberhard (Linke)

Rosi Eberhard (Linke)

(Foto: Marco Einfeldt)
Landtagswahl: Petra Lichtenfeld

Petra Lichtenfeld

(Foto: Marco Einfeldt)

Den Politikern im Freisinger Landkreis ist der hohe Männeranteil unter den Direktkandidaten durchweg aufgefallen. Er sei bezeichnend, findet Rosi Eberhard von den Freisinger Linken: Für Bayern, aber auch für die deutsche Gesellschaft. Es gebe einen Mangel an Selbstverständlichkeit, Familie und Job unter einen Hut zu bekommen. Emilia Kirner, Listenkandidatin der Freisinger ÖDP, berichtet, ihr Geschlecht sei oft Thema. Eine noch größere Rolle spiele aber ihr Alter, Kirner ist 20 Jahre alt.

Was man gegen den hohen Männeranteil machen kann? Katharina Capric fände eine Quote eine gute Idee. Capric ist die einzige weibliche Direktkandidatin im Landkreis, sie kandidiert für die Partei "Mut". "Irgendwo muss man anfangen", meint sie. Auch Susanne Günther fände eine Quote eine gute Idee. Außerdem müsse man die Männer mit ins Boot holen. "Gleichberechtigung ist keine Frauenfrage."

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(Foto: Marco Einfeldt)

Markus Grill etwa, der Freisinger Direktkandidat der SPD, findet die Geschlechterverteilung im Landkreis Freising für die Wahl auffällig. Andererseits seien in der SPD in anderen Stimmkreisen mehr Frauen als Direktkandidatinnen vertreten. "Die Parteien müssen intern etwas ändern", meint Grill - man sei hier aber auf dem richtigen Weg. Jens Barschdorf, Direktkandidat der Freisinger FDP, sagt, der Frauenanteil in seiner Partei sei "verbesserungswürdig". Eine Quote finden aber weder er noch die Frauen aus der Kreis-FDP gut: Niemand wolle die Quotenfrau sein, erzählt er. Das Thema werde aber diskutiert.

Emilia Kirner meint, Gleichberechtigung sei dann erreicht, wenn man nicht mehr darüber reden müsse. Kirner sagt aber auch: In der Politik seien nicht nur Frauen, sondern auch andere Gruppen unterrepräsentiert: Zum Beispiel seien vor allem Akademiker in der Politik. Diese Probleme müsse man ansprechen.

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