Schulen in Zeiten von Corona:Unterricht mit Abstand

Lesezeit: 3 min

Vor allem die Grund- und Mittelschulen finden kaum noch Personal. Studieren Abiturienten heute Lehramt, entscheiden sie sich eher fürs Gymnasium.(Symbolbild). (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Das digitale Übermitteln von Lerninhalten und "Lernen im Wechsel" haben die Schulen im Landkreis Freising in den vergangenen Monaten vor neue Herausforderungen gestellt. Wie es im September weitergeht, ist bislang ungewiss.

Von Donato Nicolaidi und Alexandra Vettori, Freising

Masken, Abstand, halbe Klassen und vom Pausenverkauf keine Spur: Der Unterricht läuft an den Schulen Corona-bedingt bis zum vorzeitigen Schuljahresende am kommenden Freitag, 24. Juli, anders ab als gewohnt. Schulleiterinnen und Schulleiter versuchen alles, um die Gesundheit der Schüler zu schützen und gleichzeitig relevante Lehrplaninhalte zu vermitteln. Welche genauen Regeln für das kommende Schuljahr im September gelten werden, steht noch nicht ganz fest. Derzeit geht man, niedrige Infektionszahlen voraus gesetzt, davon aus, dass alles wie früher läuft, die Abstandsregel fällt und die Klassen wieder so groß wie vor dem Lockdown sind. Allerdings hat das Kultusministerium die Schulleiter schon davon in Kenntnis gesetzt, dass digitaler Unterricht und "Lernen im Wechsel" auch künftig eine Rolle spielen könnten.

Am Josef-Hofmiller-Gymnasium in Freising hat Schulleiterin Nicole Storz jeden Sanitärbereich mit dem Schild "frei/besetzt" versehen lassen, um Begegnungen an den Waschbecken zu vermeiden. Als einzige Schule bietet das Hofmiller allerdings noch einen Pausenverkauf an, wenn auch mit einem recht aufwendigen Konzept, um Infektionen zu verhindern: Die Eltern bestellen vorab über I-Net und der Caterer richtet klassenweise das Essen abgepackt für jeden Schüler in Kisten her. In den Klassenzimmern verteilen dann die Lehrkräfte die Mahlzeiten. Am Schuleingang stehen morgens Aufsichten, die kontrollieren, dass jeder Schüler eine Maske trägt. Dank neuer Stundenpläne werden nur noch ganz selten die Klassenzimmer gewechselt.

Schule in der Coronakrise
:Vorsichtige Rückkehr zur Normalität

Aktuell nehmen nur Schüler in Abschlussklassen am Präsenzunterricht teil. Von nächster Woche an kommen Viertklässler dazu sowie die Jahrgangsstufen, die 2021 ihren Abschluss machen. Das geht nur, wenn strenge Hygienevorschriften eingehalten werden.

Von Thilo Schröder und Nadja Tausche

Passende Plattformen für Videokonferenzen mussten erst einmal gefunden werden

Bernd Friedrich, Leiter der Karl-Meichelbeck-Realschule in Freising, hat größere Gruppen in extra große Räume eingeteilt, um den Abstand von 1,50 Meter einzuhalten. Als zu Beginn des Lockdowns "Mebis", die digitale Lernplattform, dauernd abstürzte und auch ansonsten sehr zäh lief, richtete er eine neue Unterabteilung auf der Homepage der Realschule ein, damit Videokonferenzen stattfinden konnten. In Zusammenarbeit mit dem Landkreis entdeckte er weitere zulässige Plattformen für den Datenaustausch. Die Lehrkräfte dürfen inzwischen mit ihren Klassen Microsoft Teams und Office 365 benutzen.

Auch vor dem altehrwürdigen Domgymnasium hat die Coronakrise nicht Halt gemacht. Dank des Einsatzes von Schulleiter Manfred Röder läuft der digitale Unterricht jetzt auf Hochtouren. Egal ob Erklärvideos, Podcasts oder Videokonferenzen: Die Lehrkräfte haben den Kontakt mit den Schülern auch im Lockdown aufrechterhalten. Röder möchte die neuen Impulse und den Schwung mit in die Zukunft nehmen.

Mit dem zweimonatigen digitalen Fernunterricht haben alle Schulleiter ähnliche Erfahrungen gesammelt. Sie sind sich einig, dass digitaler Unterricht den Präsenzunterricht nicht komplett ersetzen kann.

Oft fehlten die Geräte für Online-Unterricht

Was an den weiterführenden Schulen mit älteren, medienerfahrenen Kindern ganz gut über die Bühne ging, war bei den Kleinen, zumal den im Lernen eingeschränkten Kindern im Sonderpädagogischen Förderzentrum (SFZ) in Pulling, eine besondere Herausforderung. "Uns fehlen für den digitalen Unterricht oft die Endgeräte in den Elternhäusern, manchmal gibt es nicht einmal einen Internetanschluss, und viele unserer Eltern sprechen nicht oder kaum Deutsch", erklärt Schulleiterin Daniela Höhn. Inzwischen hat der Landkreis als Träger zwar Geld für Laptops bereit gestellt, doch die Geräte sind erst im nächsten Schuljahr verfügbar.

400 Kinder vom Vorschulalter bis zum Neuntklässler werden im SFZ unterrichtet, auch in Außenstellen. "Die Klassenlehrer mussten den Eltern erst einmal erklären, wie das alles läuft, das waren unzählige Telefonate", so Höhn. Sie kann ihrer Lehrerschaft nicht genug Lob zollen, "für sie war und ist das eine herausfordernde Situation". Mittlerweile läuft die Sache, auch wenn die Gesichtsmasken für viele Schüler ein Problem sind: "Manche sind auch im Hören eingeschränkt, sie brauchen die Mimik", erklärt Höhn und fügt hinzu, "manche haben uns Lehrer mit Masken am Anfang gar nicht erkannt."

Wie es im September weitergeht, dahinter steht ein großes Fragezeichen. Bisher ist bei allen Schulleitern lediglich das Signal aus dem Kultusministerium angekommen, dass der Unterricht wohl ohne Abstandsregel und mit ganzen Klassen startet. Anders geht es einfach nicht. Sonst bräuchte man doppelt so viele Klassenzimmer und doppelt so viele Lehrer. Was sich ändern könnte: Im konkreten Einzelfall könnte die Maskenpflicht laut Röder in Klassenzimmern gelten, wenn die Risikogruppen an die Schulen zurückkehren.

© SZ vom 21.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusBildung und Coronavirus
:"Wir dürfen die Schulen nicht fahrlässig öffnen"

Der Kinderarzt Matthias Keller warnt davor, nach den Sommerferien an den Schulen in voller Klassenstärke ohne Abstand zu unterrichten. Warum er altersgerechte Schutzmaßnahmen empfiehlt und weshalb Schüler mehr Wissen über Hygiene brauchen.

Von Anna Günther

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: