Gemeinde Eching:Fragwürdiges Schweigen des Bürgermeisters

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Bürgermeister Sebastian Thaler in seinem Büro. (Foto: Marco Einfeldt)

Diverse Vorwürfe gegen Sebastian Thaler belasten das Klima in der Gemeinde. Er selbst sagt dazu: nichts. Ist ein klärendes Wort wirklich zu viel verlangt?

Von Klaus Bachhuber, Eching

Ob Kostenerstattungen für einen Prozess, Auftragsvergaben an seinen Schwager oder ein Wohnungskauf zu weit unterdurchschnittlichem Preis: Die diversen Vorwürfe gegen Bürgermeister Sebastian Thaler, die derzeit die Echinger Ortspolitik umtreiben, sind in Thalers Augen "politische Hetzkampagnen"; so hat er das in seiner ersten Stellungnahme im Verlauf der Affären abgetan. Nun kommt ein weiterer Vorgang dazu, der einer Einordnung bedarf.

Der SZ liegt ein Schreiben vor, dessen Hintergrund das persönliche Briefpapier Thalers sein könnte. In dem auf Juni 2021 datierten Brief, der offenbar an mehrere Dietersheimer Grundeigentümer "am Ortsrand" ging, sucht Thaler nach einem Baugrundstück für seine Familie. Er würde zur Abschätzung des Grundstückswerts auf eigene Kosten ein Wertgutachten erstellen.

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Diese private Suche wäre nun wirklich reine Privatsache; allerdings gibt es zwei pikante Fragen: Woher kennt Thaler die Eigentumsverhältnisse und die Adressen der Eigentümer? Als Bürgermeister hätte er da Einblick, den er freilich keinesfalls in seinem privaten Interesse missbrauchen dürfte. Noch spekulativer wäre der Gedanke, was ihm auf dem Weg zu Wohneigentum ein Grundstück hilft, das vielleicht nicht zur Bebauung gewidmet ist?

Als Bürgermeister hätte er da die Möglichkeit, den Zustand rasch zu ändern. Wilde Spekulationen, politische Hetzkampagne oder ein weiteres Puzzlestück in dem Bild, das sich durch die diversen Vorwürfe von Thaler zu manifestieren beginnt? Gerade rücken könnte das ganz einfach Thaler selbst. Bislang hat er zu allen Vorwürfen meist eisern geschwiegen, vorrangig mit Verweis auf laufende Verfahren. Im Falle der Briefe läuft nun gar nichts, schon gar kein Justizverfahren.

Bei seiner Wohnungssuche habe er "schon mal mit dem einen oder anderen Dietersheimer gesprochen", sagt Thaler also auf Anfrage. Die Eigentumsverhältnisse seien am Dorf nicht schwer zu eruieren, "ich kenn ja die Leute eigentlich alle hier". Stammt der - nicht unterschriebene - Brief also überhaupt von ihm? Thaler sagt dazu: nichts. Es ist dieses Muster, das längst auch die Unterstützer des Bürgermeisters an ihm verzweifeln lässt. Thaler sagt zu allen Fragen nichts oder räumt nur das ein, was bereits unwiderlegbar offen liegt. Die Grünen, Unterstützer des Bürgermeisters in zwei Wahlen, haben ihm bereits öffentlich "mangelnde Bereitschaft zu Transparenz und Aufklärung" vorgehalten.

Als Merkwürdigkeiten im Zusammenhang mit seinem Wohnungskauf im November 2020 ohne Belege geraunt wurden, da nannte er den Vorgang rein privat, die Fragen "an den Haaren herbeigezogen" und den Kaufpreis "marktüblich". Es stellte sich heraus, dass der Preis annähernd 50 Prozent unter den ortsüblichen Marken lag und die "rein private" Angelegenheit damit gewürzt war, dass er den Verkäufer höchstwahrscheinlich dienstlich als Bürgermeister kennengelernt hatte und der schließlich sein gesamtes Vermögen der Gemeinde hinterließ, womit der Wohnungskauf also erheblichen Einfluss auf die Erbmasse hatte.

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Nachdem all diese Details offen gelegt worden waren, beschrieb Thaler in einer Erklärung wortreich das Offenkundige, zu den offen gebliebenen Fragen - Sperrvermerk des Kaufvorgangs bis nach den Wahlen, Vertragsabschluss in einem Notariat in Neuburg, Zusammenhang mit dem Testament - sagte er: nichts.

Als ebenso ruchbar wurde, dass er mehrere Aufträge der Gemeinde an seinen Schwager vergeben hatte, legte er sofort wortreich dar, wie und wem er die verwandtschaftliche Verbindung offen gelegt habe - beim vierten Auftrag. Bei den vorigen drei? Kein Kommentar. Die Aufträge an den Verwandten seien jeweils klar die günstigsten Angebote gewesen, betonte er unter Darlegung der Auftragssummen. Der SZ liegen freilich Rechnungen vor, wonach die tatsächlich ausbezahlten Rechnungssummen deutlich höher gelegen haben. Sebastian Thaler sagt dazu: nichts.

Ist ein klärendes Wort zu viel verlangt?

Es stimmt: Wenn er privat Grundstücksbesitzer fragt, die er privat kennt, dann hat die Öffentlichkeit keine Veranlassung, ihn überhaupt nach dem Vorgang zu fragen. Nur: Wenn man aber fragt - ist dann ein klärendes Wort zu viel verlangt, wenn alles ohne den Hauch eines G'schmäckles ist? Thaler ist nicht Versicherungsvertreter oder Schreiner, er steht in einem öffentlichen Amt.

Keiner der Vorgänge, die Sebastian Thaler bislang zur Last gelegt werden, ist ein "Verbrechen"; im Fall des Wohnungskaufs hat er es mittlerweile sogar von der Staatsanwaltschaft bestätigt, dass es nicht rechtswidrig war. Sebastian Thaler hätte noch jeden Vorwurf, so er denn üble Nachrede oder "politische Hetzkampagne" wäre, durch eine Erklärung zur rechten Zeit aus der Welt schaffen können. Sein Schweigen hingegen ist ein Brandbeschleuniger geworden.

© SZ vom 10.02.2022 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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