Verkehr in der Innenstadt:SPD will bei Fußgängerzone abwarten

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Reges Treiben im eigentlich verkehrsberuhigten Bereich der Unteren Hauptstraße. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Freisinger SPD spricht sich dagegen aus, in den neu gestalteten Bereichen der Unteren Hauptstraße sofort eine Fußgängerzone auszuweisen. Nach eigenen Zählungen sehen die Genossen keine Gefährdungslage.

Von Kerstin Vogel, Freising

Viel ist schon gesprochen worden über das neue Verkehrskonzept für die Innenstadt, das in den fertiggestellten Bereichen bereits sukzessive umgesetzt wird. Dabei stößt die Idee von der "Begegnungszone", einem verkehrsberuhigten Bereich, in dem alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind, durchaus auf Kritik: Zu viele Autos, heißt es aus der Unteren Hauptstraße, zu viele parkende Fahrzeuge, zu viele rasante Autofahrer, zu viele rücksichtslose Radfahrer. Grüne und Linke haben deshalb bereits beantragt, umgehend eine Fußgängerzone in den umgebauten Bereichen einzurichten - doch jetzt widersprechen die Stadtratsfraktion und der Vorstand des SPD-Stadtverbandes.

Zu viel Hörensagen habe sich für die Genossen hinter der Kritik verborgen, sagte Stadtrat Peter Warlimont am Montag bei einer Pressekonferenz - "und möglicherweise manche Übertreibung". Um sich ein eigenes Bild zu machen, habe man im Sommer insgesamt acht bis zu zweistündige Zählaktionen an verschiedenen Wochentagen und zu unterschiedlichen Zeiten durchgeführt und das Gespräch mit Geschäftsleuten und anderen Akteuren in den fraglichen Bereichen gesucht, so Warlimont. Das Ergebnis der SPD: Von einer Gefährdungslage könne keine Rede sein.

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Zwar sei vereinzelt mal ein Auto etwas zu schnell unterwegs gewesen und auch etwa fünf Prozent der Radfahrer, schilderte Warlimont seine Beobachtungen: Wirklich gefährliche Situationen habe man dagegen nicht gesehen, "schon gar nicht, dass sich Fußgänger förmlich an die Wand pressen müssen, um nicht überfahren zu werden, wie auch schon behauptet wurde". Generell habe man tagsüber mit bis zu 200 Radfahrern pro Stunde sehr starken Radfahrverkehr in der Innenstadt festgestellt. So fahrradunfreundlich könne die Stadt also nicht sein, sagte Warlimont weiter. Generell sei die Stadt tagsüber "erfreulich belebt" und die Fußgänger nähmen zunehmend selbstverständlich den gesamten Straßenraum ein.

Was den kritisierten Autoverkehr angeht, so hat die SPD bei ihren Zählungen tagsüber bis zu 20 Autos pro Stunde festgestellt, maximal die Hälfte davon parke jedoch verbotenerweise in dem verkehrsberuhigten Bereich, berichtete Warlimont. Der Rest fahre irgendwo in Höfe oder Seitengassen, weshalb es sich wohl um Anwohner oder Geschäftsleute handele. Abends ändere sich die Situation. Man habe weniger Radler gezählt, dafür aber zum Teil deutlich mehr als 20 Autos pro Stunde, darunter eine erhebliche Zahl an Dauerparkern. Das Bild komplettiere ein nicht unerheblicher Lieferverkehr, der jedoch zum Geschäftsleben gehöre, sowie aktuell der Baustellenverkehr. Gespräche mit den Geschäftsleuten und deren Äußerungen im Innenstadtbeirat hätten ergeben, dass man von dieser Seite gerade in der Coronazeit keine zusätzliche Belastung oder Verunsicherung durch eine neue Fußgängerzone wünsche. Auch Radler seien Kunden, die man nicht "hinausdrängen" sollte.

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Nach einer Diskussion bei einer virtuellen Mitgliederversammlung, über die Vorsitzende Teresa Degelmann kurz berichtete, sei die SPD zu dem Schluss gekommen, dass die Einführung einer Fußgängerzone zum jetzigen Zeitpunkt "übereilt" wäre. Es gelte zunächst, den Umbau fertigzustellen und das Verkehrskonzept zu testen. Auf jeden Fall aber sollte der Kontrolldruck erhöht werden, fordert die SPD - auch durch den auszubauenden kommunalen Ordnungsdienst oder die Sicherheitswacht. Wenn das nichts bringe, könne man überlegen, doch Parkbereiche auszuweisen, den Lieferverkehr zu beschränken oder Autos zeitweise auszusperren. Auf jeden Fall müssten alle berechtigten Interessen zusammengeführt werden, man müsse die Geschäfte und beispielsweise ältere Menschen einbeziehen. Die Fußgängerzone könne nur "Ultima Ratio" sein.

Kritisch sieht auch die SPD die taktilen Führstreifen für Blinde, die oft versperrt und deshalb gefährlich für nicht sehende Menschen seien. Er sei schon mehrmals deswegen angesprochen worden, sagte SPD-Stadtrat Norbert Gmeiner, es habe auch schon Unfälle gegeben. Angeblich arbeiteten die Planer auch schon an Verbesserungen, sagte er weiter, während Kollege Andreas Mehltretter forderte, zumindest für die verbleibenden Bauabschnitte daraus zu lernen und die Fehler nicht zu wiederholen.

© SZ vom 09.12.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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