Hochschulen in Freising und die Corona-Krise:Alle in der Warteschleife

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Vor dem Vorlesungsstart an den Hochschulen sind noch viele Fragen offen. Jugendorganisationen von Parteien formulieren Forderungen zu Prüfungswiederholungen und Literaturzugang trotz geschlossener Bibliotheken.

Von Thilo Schröder, Freising

Angesichts des bevorstehenden Vorlesungsstarts an den Freisinger Hochschulen sorgen sich die Jugendorganisationen mehrerer Parteien im Landkreis um ausreichende Vorbereitungsmaßnahmen im Kontext der Corona-Krise. Darum haben sie Forderungen formuliert zu Themen wie Prüfungswiederholungen und Literaturzugang trotz geschlossener Bibliotheken. TU München und Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) sind nach eigenen Angaben noch dabei, auf die Situation zu reagieren. Manche Forderungen stoßen bei ihnen jedoch auf Unverständnis. Die Initiative stammt von der Grünen Jugend und Emilia Kirner von den Jungen Ökologen, angeschlossen haben sich die Jusos Freising, die Junge Linke Freising und die Jungen Liberalen Freising. Die Junge Union, so die Grüne Jugend-Sprecherin Joana Bayraktar, ließ eine Anfrage bislang unbeantwortet. Konkret fordern sie unter anderem, das Semester nicht auf die Maximalstudienzeit anzurechnen, jetzt zwar bestandene aber nicht optimal verlaufende Prüfungen später wiederholen zu dürfen, den Zugang zu Lehr- und Lernmitteln schnellstmöglich sicherzustellen, Hochschularbeitsverträge nicht aufzukündigen, Abgabefristen angemessen zu verschieben, zeitgebundene Lehre auf tagsüber unter der Woche zu beschränken, Angebote flexibel abrufbar zu machen und bei der Beschaffung von Geräten und Lizenzen zu unterstützen.

HSWT und TU haben bereits angekündigt, das Semester auf freiwilliger Basis durchzuführen. "Die Frage ist immer: Wie freiwillig ist das?", sagt Joana Bayraktar mit Verweis auf Drittversuche, Pflichtpraktika oder Exkursionen. "Es stehen gerade alle in der Warteschleife, das geht halt einfach nicht." Zwar würden fällige Fristen verlängert. "Aber vieles an Literatur ist Online nicht verfügbar, vieles ist in Präsenzbibliotheken. Da wird sich kurzfristig natürlich nicht viel ändern." Zur Zeit werde vor allem von Dozenten in Eigeninitiative Literatur bereitgestellt.

Literatur über Moodle, E-Books und kontaktlose Buchausleihe - die Hochschulen arbeiten an Alternativen

"Wir sind alle angehalten, größtmögliche Kulanz und Flexibilität walten zu lassen", sagt TU-Pressesprecher Ulrich Marsch. Und das Lernmaterial betreffend: "Natürlich haben wir unser Angebot ausgeweitet. Jeder Kurs hat Moodle, da werden natürlich von den Dozierenden Unterlagen eingestellt. Ein Großteil der Literatur ist ja dort schon verfügbar, das läuft ja schon seit Jahren." Literaturintensive Fächer stünden an der TU allerdings weniger im Vordergrund. "Fast alle Inhalte sind digital verfügbar", sagt auch HSWT-Vizepräsidentin Sabine Homann-Wenig. "Wir haben von Anfang an die Lehrenden sehr eindringlich gebeten, diese bereitzustellen." Zudem erwerbe man E-Books und arbeite an einer kontaktlosen Buchausleihe.

Ob das Sommersemester auf die Regelstudienzeit angerechnet werde, darüber gebe es derzeit noch keine hundertprozentig klare Vorgabe des Kultusministeriums, sagt Marsch. An der HSWT agiert man indes proaktiv. "Das Semester wird nicht auf die Regelstudienzeit angerechnet", stellt Homann-Wenig klar, sagt aber auch: "Das Semester soll ganz normal studiert werden."

Laborpraktika oder andere Präsenz erfordernde Veranstaltungen entfallen an beiden Hochschulen. Denkbar sei, sie auf das Semesterende oder das Wintersemester zu verschieben und dafür andere Veranstaltungen vorzuziehen, sagt Marsch. "Es wird eine große Flexibilität bei Prüfungen geben", sagt HSWT-Präsident Eric Veulliet. Homann-Wenig ergänzt: "Es wird große Fristen geben, auch für Wiederholungen. Wer an diesem Semester teilnimmt, der kann wiederholen, ohne, dass das auf die Zahl maximal möglicher Prüfungen angerechnet wird."

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In Digitalisierung werde bereits investiert, ein Problem seien die Internetverbindungen auf dem Land

Beide Hochschulen betonen, bereits viel in die eigene Digitalisierung zu investieren: Um Lehrende in der aktuellen Lage zu unterstützen, würden zusätzlich Studierende als E-Scouts verpflichtet, bestehende Verträge mit Studierenden zugleich beibehalten. Marsch sieht für die Zukunft vor allem bei der didaktischen Frage Nachbesserungsbedarf. Die Hochschule hat derweil ihre Lernsoftware aufgestockt: "Wir haben Lizenzen für Zoom erworben: und zwar die um einen fünfstelligen Betrag teurere Campuslizenz, mit der Studierende auch ohne Lehrende zusammenarbeiten können", sagt Veulliet. "Die wird momentan getestet." Physische Heimausstattung, etwa Laptops, könne die Hochschule allerdings nicht bereitstellen.

Der HSWT-Präsident spricht in diesem Zusammenhang indirekt ein Thema an, das Debatten dieser Tage wie ein Mantra durchzieht: verschlafene flächendeckende Maßnahmen zur Digitalisierung seitens der Politik, etwa durch die Bereitstellung von Glasfaseranschlüssen. Eric Veulliet drückt es so aus: "Unser Problem gerade sind eher die Internetverbindungen auf dem Land, insbesondere zu Stoßzeiten zwischen 10 und 12 Uhr und 14 und 16 Uhr." Zeiten also, zu denen an Universitäten und Hochschulen bevorzugt Vorlesungen und Seminare abgehalten werden.

© SZ vom 15.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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