Inhabergeführte Geschäfte:Nicht nur Eis, sondern ein paar Minuten Glück

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Im Jahr 1989 übernahm Diego Campo das Lokal und lebt zusammen mit seiner Frau mittlerweile das ganze Jahr über in Deutschland. (Foto: Marco Einfeldt)

Diego Campo entstammt einer Eismacherfamilie aus dem Val di Zoldo in den Dolomiten. Seit 1989 betreibt er in Freising die Eisdiele Garda. Angefangen hat er mit 15 Sorten, mittlerweile stellt er knapp 30 her. Doch die beliebtesten sind immer noch Klassiker wie Vanille oder Schokolade.

Von Katharina Aurich, Freising

Diego Campo formuliert es so: "Wir verkaufen nicht nur Eis, sondern ein paar Minuten Glück". 1989 übernahm er von der Familie De Pellegrin die Eisdiele Garda in der Unteren Hauptstraße in Freising, die es dort bereits seit 1955 gibt. Schon Campos Großvater und sein Vater waren Eismacher, die Familie stammt aus dem bekannten Eismachertal Val di Zoldo in der Provinz Belluno in den Dolomiten, von wo aus seit Jahrhunderten die Bewohner im Sommer in alle Welt aufbrechen, um Eis herzustellen und Menschen glücklich zu machen.

Früher kamen sie im Winter wieder in die Heimat zurück, das hat sich jedoch heute bei den allermeisten geändert. Vor drei Jahren zog auch Campo, dessen zwei Töchter in Italien aufwuchsen, aber inzwischen in Deutschland studieren, mit seiner Frau ganz nach Freising. "Wir haben uns diesen Schritt lange überlegt, denn wir sind nicht Fisch und nicht Fleisch, gehören nirgends richtig dazu", sagt der 56-Jährige.

Seine Mitarbeiter kommen von noch weiter her, aus Brasilien. Genauer sind es Italo-Brasilianer. Ihre Familien wanderten einstmals aus dem armen Italien nach Süd-Brasilien aus, in der Hoffnung auf ein besseres Leben. Jetzt kommen sie im Frühling nach Freising und fahren im Oktober wieder zurück. Die meisten Mitarbeiter machen dies jedes Jahr und begrüßen die Gäste fast schon wie alte Bekannte. Wenn jemand nicht mehr möchte, dann sorge er für Ersatz, denn es sei finanziell für Brasilianer sehr lukrativ, in Deutschland zu arbeiten. "Meine Mitarbeiter sind gut drauf, wir sind ein super Team", erzählt der Chef, der selbst täglich meist von neun bis 24 Uhr hinter dem Tresen steht.

Klassisch und experimentell aus Naturprodukten

Als Campo das Eiscafé 1989 übernahm, stellte er 15 Sorten her, heute sind es knapp 30. Die beliebtesten sind immer noch die Klassiker Vanille, Erdbeere, Schokolade und Stracciatella, daran habe sich auch in 30 Jahren nichts geändert. Der Eismacher ist jedoch experimentierfreudig und kreiert immer wieder neue Sorten, wie beispielsweise ein Ingwereis. Besonders gern möge er das Schokoladeneis aus rosa Kakaobohnen, "Ruby Cococolate". Aber die Freisinger seien Traditionalisten, neue Sorten wie Kiwi, Limetta oder Mandel hätten es schwer, sich bei ihnen durchzusetzen. Neue Ideen holt sich Campo auf Eismessen, die er im Winter besucht, aber auch seine Kunden inspirierten ihn immer wieder. Eine Dame brachte kürzlich Mirabellen vorbei, aus denen er dann Eis herstellte. Das sei viel Arbeit gewesen, die Früchte zu entkernen, "aber sehr lecker", sagt Campo. In Zukunft wolle er ein Tauschgeschäft anbieten, und zwar das Obst aus den Gärten seiner Kunden gegen Eis, berichtet er und freut sich über diesen Plan. Für seine Eiskreationen verwende er nur beste Naturprodukte, schildert er, so auch Biomilch aus Hohenbachern.

Ein gutes Eis herzustellen, sei zunächst Rechenarbeit, den es sei ja bekannt, wie viel Eiweiß, Fett, Zucker und Obst zusammenkommen müssten. Die Kunst sei, dieses Produkt dann anzupassen und ihm den letzten Schliff zu geben, schildert der Eismacher. Seine beiden Mitarbeiter machten das natürlich gut, aber zweimal in der Woche steht er mit ihnen an der Eismaschine, probiert und verfeinert, bis das Eis vollkommen schmeckt.

Wenn die Eisdiele zu hat, führt Campo ein Café

Inzwischen benötige man aber viel mehr als das Talent zum Eismachen, damit eine Eisdiele gut laufe. Die Buchhaltung und Schreibtischarbeit raube ihm leider viel Zeit, sagt Campo. Außerdem stiegen die Kosten. Gerne hätte er das Haus, in dem sich die Eisdiele befindet, anfangs gekauft, heute sei es unbezahlbar geworden. Ende der 1980er Jahre sei Freising noch ein Dorf gewesen, am Abend war niemand auf der Straße. Das habe sich zum Glück geändert und die Stadt sei viel lebendiger geworden. Leider sei es inzwischen ein Albtraum, einen Parkplatz zu finden. Auf den Innenstadtumbau angesprochen, sagt Campo diplomatisch, es sei schwierig, so viele unterschiedliche Interessen zusammenzubringen.

Wenn die Eisdiele von Oktober an geschlossen ist, führt Campo in den Räumen ein kleines Café und daneben ziehen im November Lebkuchen ein. "Ganz weg bin ich nie", sagt der Eismacher, der im Winter häufig Kurse besucht. Ab Januar beginnt er dann, die neue Saison zu planen und mit seinen Mitarbeitern Kontakt aufzunehmen. Das funktioniere heute glücklicherweise sehr einfach, vor 30 Jahren sei ein Telefonat nach Brasilien noch ein Abenteuer und sehr teuer gewesen, erinnert er sich.

© SZ vom 09.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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