Landtagswahl 2023:Ein Mann, ein Wort, keine Startbahn

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Die Startbahngegner demonstrieren weiter gegen die dritte Startbahn - wie hier Anfang September vor dem Bierzeltauftritt von Ministerpräsident Markus Söder in Erding - und fordern nicht politische Bekenntnisse, sondern Rechtssicherheit. (Foto: Jürgen Brinkmann)

Staatskanzleichef Florian Herrmann verkündet als Freisinger CSU-Direktkandidat in seiner Wahlbroschüre das Ende einer dritten Startbahn am Flughafen München. Sie sei "Geschichte". Die Startbahngegner reagieren keineswegs zufrieden, sondern werfen ihm "Täuschung der Wählerinnen und Wähler" vor.

Von Florian Tempel, Flughafen

Freisinger und Erdinger Kandidatinnen und Kandidaten der CSU sind schon immer gegen die dritte Startbahn. Das ist auch insofern vernünftig, da eine andere Haltung bei einem großen Teil der Wählerinnen und Wähler in der Region eher nicht so gut ankommen würde. Das ist natürlich auch dem Freisinger CSU-Direktkandidaten Florian Herrmann bewusst.

Aber noch besser: Er muss gar nicht mehr Position gegen die dritte Startbahn beziehen, sondern er verkündet in seiner persönlichen Wahlkampfbroschüre - mit Ausrufezeichen und fett gedruckt-, dass die Sache endgültig erledigt sei: "Es wird keine dritte Startbahn geben!" und "Ich bin froh, dass das Damoklesschwert einer dritten Startbahn für unsere Region Geschichte ist."

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Das hört man freilich gerne, gleichwohl fehlt einem der Glaube. Wieso kann Herrmann das so genau sagen? Haben wir alle etwas verpasst? Es sollte doch kaum möglich sein, dass der Planfeststellungsbeschluss für die dritte Startbahn aufgehoben worden ist, ohne dass die Öffentlichkeit davon erfahren hätte? Irritierenderweise erreicht die Redaktion am Freitagnachmittag eine Einladung von Florian Herrmann zu einer Pressekonferenz am Sonntag. Da soll ein Konzept für "Solarpanels statt einer dritten Startbahn" vorgestellt werden zur "sinnvollen Nutzung der Fläche am Flughafen München, die einmal für den Bau der dritten Startbahn vorgesehen war."

Das kommt sehr plötzlich und ändert erst mal gar nichts. Die Baugenehmigung für die dritte Startbahn gilt unverändert und noch mindestens bis 2026. Danach könnte der Geltungszeitraum für die Genehmigung verlängert werden. Nach anderer Rechtseinschätzung ist jedoch nicht einmal das notwendig, da mit dem Bau von Vorarbeiten für eine dritte Startbahn bereits begonnen worden ist. Das würde, wie die Staatsregierung Ende 2020 auf eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Johannes Becher argumentierte, dazu führen, dass die Planfeststellung quasi ewig gilt, was die Startbahngegner zerknirscht und entsetzt zur Kenntnis genommen haben. Sie fordern deshalb umso mehr einen ordentlichen Beschluss gegen die Startplangenehmigung.

Nun aber verkündet Florian Herrmann mit breiter Brust und enormer Gewissheit die frohe Botschaft, dass alles geklärt sei. Keiner müsse sich mehr Sorgen machen, dass die dritte Startbahn doch noch gebaut wird. Wie gesagt, sie sei ja Geschichte, steht doch in seiner Wahlbroschüre. Die dritte Startbahn ist also kein schlafender Drache mehr, sondern nur noch eine alte, gruselige Erzählung aus vergangenen Tagen, mit der man niemanden mehr erschrecken kann.

Die Startbahngegner nun aber reagieren keineswegs dankbar und mit großer Freude über Herrmanns definitive Aussagen. "Viele von uns empfinden das als irreführende Behauptungen und Täuschung der Wählerinnen und Wähler", schreiben Christian Magerl, (Aufgemuckt), Franz Spitzenberger, (BI Attaching), Markus Geier (BI Berglern) und Professor Oswald Rottman (Bürgerverein Freising) einem offenen Brief: "Wir wollen endlich Rechtssicherheit und fordern daher die Streichung der dritten Start- und Landebahn aus dem LEP und die Einleitung eines Änderungsplanfeststellungsverfahrens, mit dem Ziel die dritte Start- und Landebahn zu streichen."

Er hat alles im Griff: Florian Herrmann ist von Ministerpräsident Markus Söder in Sachen Startbahn für zuständig erklärt worden. (Foto: Marco Einfeldt)

Es ist keine Nebensächlichkeit, dass Florian Hermann so entschieden das Aus der dritten Startbahn verkündet. Als Leiter der Staatskanzlei ist er Mitglied der bayerischen Staatsregierung. Die Erdinger CSU-Direktkandidatin Ulrike Scharf ist zwar als Sozialministerin ebenfalls Mitglied im Kabinett von Ministerpräsident Markus Söder und auch sie war schon immer gegen die dritte Startbahn. Scharf bleibt jedoch viel zurückhaltender und verkündet nicht die Beerdigung der dritten Startbahn, so wie es Hermann in seiner Wahlkampfbroschüre ohne Einschränkung tut.

Auf eine Anfrage der SZ rudert Herrmann ein gutes Stück zurück. Deutlich weniger knapp als in seiner Wahlkampfbroschüre formuliert, schreibt er nun, dass lediglich "nach meiner Einschätzung und festen Überzeugung, das Thema dritte Startbahn faktisch endgültig erledigt ist". Die an ihn gestellten Fragen, ob es denn da irgendeine rechtssichere Feststellung, einen Bescheid oder eine Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gebe, oder ob so etwas konkret in Vorbereitung sei, ignoriert er komplett und lässt sie unbeantwortet. Man darf aus diesem beredten Schweigen getrost ableiten, dass bislang nichts Dergleichen geschehen ist.

Der Chef hat das Wohl und Wehe einer dritten Startbahn ganz in seine Hände gelegt

Florian Hermann argumentiert auf eine andere, sehr selbstbewusste Art und Weise. Erstens könnten er, und alle anderen auch, auf das Wort des Ministerpräsidenten vertrauen, schreibt er, weil Markus Söder "klar zum Ausdruck gebracht" hat, dass die dritte Startbahn so lange nicht gebaut wird, solange er regiert. Zweitens sieht sich auch Herrmann fortan als persönlicher Garant. Denn der Chef hat das Wohl und Wehe einer dritten Startbahn ganz in seine Hände gelegt. Als Christian Magerl den Ministerpräsidenten vor Kurzem vor dessen Bierzeltauftritt in Moosburg auf die dritte Startbahn ansprach, klopfte Markus Söder dem neben ihm stehenden Florian Herrmann auf die Schulter und sagte, "dafür ist dieser Mann zuständig".

Na also, so einfach und unbürokratisch kann Politik sein. Wählerinnen und Wähler, denen die dritte Startbahn ein wichtiges Thema ist, brauchen nur Florian Herrmann zu wählen. Er ist zum Glück erst 51 Jahre alt. Da kann er nicht nur dieses Mal, sondern noch öfter wiedergewählt werden. So bleibt dann garantiert, dass keine dritte Stadtbahn gebaut wird. Dank Florian Herrmann und seines politischen Willens.

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