Eine böse Überraschung haben die Restauratoren im Freisinger Diözesanmuseum beim Abbau des alten hölzernen Lichthofdaches erlebt: Schon der erste Blick hinter die Front der Konstruktion offenbarte, dass nahezu alle vertikalen Elemente in der jüngeren Vergangenheit mit neuzeitlichen Materialien zusammengeflickt wurden, einzelne Bauteile waren sogar miteinander verklebt, vernagelt oder komplett ersetzt worden. Den Experten bot sich ein "enormes Schadensbild, das niemand so erwartet hatte", wie Christoph Spieß vom städtischen Bauamt am Mittwoch im Planungsausschuss des Stadtrats schilderte.
Eigentlich hätte die historisch wertvolle Kassettendecke fachgerecht restauriert und anschließend wieder eingesetzt werden sollen. Da aber offenbar gut 40 Prozent der Tragkonstruktion schadhaft und zu allem Überfluss auch noch Schadstoff-belastet sind, nimmt inzwischen wohl auch das Landesamt für Denkmalschutz Abstand von der Forderung nach einer Restaurierung. Nach diesem "wahnsinnigen Befund" solle "das Thema jetzt neu gedacht werden", schilderte Spieß den aktuellen Stand der Dinge.
Diözesanmuseum:Auferstehen aus der Schuttwüste
Im Freisinger Diözesanmuseum haben die Sanierungsarbeiten begonnen. Wände werden herausgerissen, Decken entfernt, Kabel hängen bis auf den Boden herab. Museumsdirektor Christoph Kürzeder hat jedoch jetzt schon vor Augen, wie alles einmal werden soll.
Ein neuer Entwurf dafür liegt bereits vor
Ein erster neuer Entwurf dafür liegt der Stadt bereits vor. Er wurde dem Ausschuss am Mittwoch kurz vorgestellt, wobei zum Teil bereits vollendete Tatsachen geschaffen wurden, wie Spieß sagte: Nach dem Rückbau der Holzdecke sei die neue Tragkonstruktion ohne Rücksprache mit der Stadt bereits in Beton ausgeführt worden. Das habe man gestoppt, inzwischen seien mehrere Gespräche unter anderem mit dem Landesamt für Denkmalpflege geführt worden. Jetzt versuche man etwas zu finden, "was zwischen dieser Holzdecke und einer neuen, zeitgemäßen gestalterischen Lösung vermittelt".
Aktuell könne man sich eine Tragkonstruktion aus Stahl vorstellen, die mit Holzelementen verkleidet würde. Die dazwischen liegenden Kassetten würden mit einer transluzenten Membran gefüllt, die von oben Tageslicht in den Innenhof lassen könnte. Diese Idee werde nun weiterentwickelt "und wird werden uns in Bälde noch einmal damit beschäftigen", kündigte Spieß den Ausschussmitgliedern an. Die neuen Pläne hätten zudem Auswirkungen auf das zusätzliche Schirmdach über dem Lichthof, das nun als Zeltdach mit Glasplatten gedacht sei.
Das Diözesanmuseum ist eine der größten kirchlichen Sammlungen der Welt
Die Reaktion der Stadträte auf die neuen Pläne fiel unterschiedlich aus. Karlheinz Freitag (FW) etwa fragte sich, ob die doch eher moderne Decke zu den Rundbögen des Innenhofs passt. Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher fühlte sich an "Mailänder Galerien" erinnert, wohingegen Robert Weller (FW) dem "Wow"-Effekt der alten Holzdecke nachtrauerte: "Man sagt mir nach, ich sei immer für Gebäude, die aussehen wie im Märchen. Ja, so bin ich halt". Werner Habermeyer (Grüne) konnte sich dagegen mit dem Gedanken, durch die Membran mehr Licht in den Innenhof zu bekommen, durchaus anfreunden. Das stärke die Aufenthaltsqualität, sagte er - Spieß hatte zuvor schon vorsorglich beruhigt, dass die Membran in Freising natürlich nicht bunt leuchten werde wie die der Münchner Allianz-Arena.
Das Freisinger Diözesanmuseum, das eine der größten kirchlichen Sammlungen der Welt mit etwa 40 000 Objekten beherbergt, ist aus Brandschutzgründen bereits seit 2013 geschlossen. Die Umbau- und Sanierungsarbeiten haben im Juli 2018 begonnen, an Pfingsten 2022 soll das Museum feierlich eröffnet werden - rechtzeitig zur Landesausstellung, die 2024 nach Freising kommen soll: "Bayern in Freising" wird die erste große Sonderausstellung sein, für die das zweite Obergeschoss reserviert ist. Bislang ist die Erzdiözese als Bauherrin laut Spieß trotz allem noch im Zeitplan. Alle Baumeisterarbeiten seien abgeschlossen, so dass die Ausbaugewerke beginnen könnten. Letzten Kostenschätzungen zufolge wird die Renovierung die Erzdiözese gut 73 Millionen Euro kosten. Sie wird damit deutlich teurer, als ursprünglich angenommen. Anfangs war man von 45 Millionen Euro ausgegangen, noch Mitte 2019 dann von 60 Millionen.