Hotels in der Coronakrise:Viele Hoteliers fürchten die Pleite

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Hoteliers in Freising fordern mehr Unterstützung von der Politik. Einige, wie das Schloss Hohenkammer, stehen zwar noch gut da, fürchten aber die langfristigen Folgen der Krise. (Foto: Marco Einfeldt)

In einem offenen Brief wendet sich Martin Kirsch, Geschäftsführer von Schloss Hohenkammer, an Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Ministerpräsident Markus Söder. Er fordert dringend mehr Unterstützung.

Von Petra Schnirch und Nadja Tausche, Freising

Kaum eine Branche leidet so stark unter den Corona-Beschränkungen wie Hotellerie und Gastronomie. Ein Normal- oder auch nur Teilbetrieb ist nicht in Sicht. In einem offenen Brief wendet sich Martin Kirsch, Geschäftsführer von Schloss Hohenkammer, sowohl an Bundesfinanzminister Olaf Scholz als auch an Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. Denn beschlossene Hilfen wie die zeitlich befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf Speisen reichten bei weitem nicht aus, kritisiert Kirsch. Der Frust sei groß, nach vielen Gesprächen mit Kollegen habe er sich entschlossen, den beiden Politikern zu schreiben.

Schloss Hohenkammer ist in einer vergleichsweise beruhigenden Situation. Hinter dem Tagungsbetrieb steht die Munich Re. Viele andere Hoteliers aber befürchteten, dass sie in zwei bis drei Monaten pleite sind, schildert Kirsch. Ohne den Mutterkonzern hätte auch er Existenzängste. In Schloss Hohenkammer summierten sich die Verluste mittlerweile auf etwa 2,5 Millionen Euro. Kurzarbeit gebe es dort keine. Selbst wenn man die Personalkosten herausrechne, lägen die Ausgaben in drei Monaten bei etwa 600 000 Euro, rechnet der Geschäftsführer vor. Pacht, Strom, Müllabfuhr, Internet-Abos - die Fixkosten seien immens. Für seine Branche sei die Corona-Krise "eine Katastrophe".

Die auf ein Jahr befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf Essen von 19 auf sieben Prozent - sie soll von Juli an gelten - "ist leider alles andere als eine große Hilfe", heißt es in dem offenen Brief. Etwa 80 Prozent der Übernachtungen in Deutschland seien geschäftlich motiviert. Die neue Regelung erreiche viele Betriebe deshalb gar nicht oder nur teilweise. Kirsch nennt ein Beispiel: Tagungen in Schloss Hohenkammer würden, wie in diesem Bereich üblich, zu einem Nettopreis verkauft. Von einer Steuersenkung profitierten deshalb die Geschäftskunden, nicht das Hotel.

Martin Kirsch, Geschäftsführer Schloss Hohenkammer, hat sich mit einem offenen Brief an Söder und Scholz gewendet. (Foto: privat)

Kirsch fürchtet ein Bürokratie-Moster: Fingerfood mit sieben Prozent Mehrwertsteuer, Sekt mit 19

Ein weiteres Problem: Für Häuser, denen dieser Schritt helfen könnte, sei die Befristung auf ein Jahr zu kurz. In diesem Jahr werde sich die Nachfrage vermutlich nicht mehr erholen, argumentiert Kirsch. Die Saison beginne, außer in Wintersportgebieten, erst im April. Ende Juni 2021 soll die Ermäßigung jedoch schon wieder auslaufen, wenn die Außengastronomie gerade ins Laufe komme und viele Hochzeiten stattfänden.

Außerdem befürchtet Kirsch ein weiteres Bürokratie-Monster. Die vor Jahren beschlossene Senkung der Mehrwertsteuer für Hotels zeige in der Praxis "verrückte Folgen". Nebenleistungen wie die Flasche Mineralwasser auf dem Zimmer, Wlan, Frühstück, Saunanutzung und Parkplatz, der nicht kostenlos zur Verfügung gestellt werden dürfe, müssten herausgerechnet werden, denn sie würden mit 19 Prozent besteuert. Ähnliches könnte künftig für Pauschalen bei Hochzeiten gelten, warnt Kirsch - wenn dann beispielsweise das Fingerfood beim Empfang mit sieben Prozent, der Sekt dazu aber mit 19 Prozent besteuert werden müsste. Schwierig könnte es auch beim Frühstück werden: Für Saft und andere Getränke müssten weiterhin 19 Prozent erhoben werden.

Seine Forderungen: Wenn Steuersenkungen auf Essen, dann ohne zeitliche Befristung. Bei einem gebuchten Paket sollte die Hauptleistung maßgeblich für die Steuerhöhe sein. Außerdem bittet der Geschäftsführer des Tagungshotels für seine Kollegen um echte Soforthilfen, mit denen sie die Krise überbrückten könnten. Weitere Kredite würden die laufenden Schulden für Immobilien und getätigte Investitionen nur erhöhen.

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:Schloss Hohenkammer: Neustart in Zeiten der Krise

Das Schloss Hohenkammer öffnet seinen Hotelbetrieb am Sonntag, 19. April, wieder für Geschäftsreisende. Zwei Wochen lang sind die knapp 30 Auszubildenden für den Betrieb verantwortlich. Sie wollen die Chance nutzen.

Von Petra Schnirch

Im Moosburger Hof wurden schon jetzt 56 Prozent der Sommerurlaubsbuchungen storniert

Auch Johannes Killermann vom Hotel Lerner in Freising sieht Darlehen kritisch. Wenn es für die Hotels irgendwann wieder besser laufe, würden sie durch die Darlehen belastet, sagt er. Die Mehrwertsteuer für Speisen von 19 auf sieben Prozent zu senken, hält Killermann für eine richtige Maßnahme - "unabhängig von Corona", wie er sagt. Insgesamt hat Killermann das Gefühl: "Die Politik bemüht sich." Dankbar ist er vor allem um die Möglichkeit der Kurzarbeit, "die ist eine große Hilfe", sagt er - "sonst müsste man wohl viel eher ausstellen." Das Hotel Lerner, zu dem auch ein Gasthaus gehört, ist derzeit für Geschäftsreisende geöffnet. Der Betrieb laufe aber auf niedrigem Niveau: "Von Normalität sind wir weit entfernt", so Killermann. Dass sich das in diesem Jahr noch ändert, glaubt er nicht. Es sei zwar möglich, dass Veranstaltungen im Herbst nachgeholt werden und die Besucher im Hotel absteigen. "Aber die werden nicht alles auffangen können", glaubt er. Aktuell seien einige Gäste im Haus, die auf Baustellen arbeiten, das decke einen Teil der Unkosten, berichtet Killermann, außerdem hat er die Soforthilfe beantragt. Die Umbauarbeiten, die im Hotel geplant waren, hat man aber erst einmal auf Eis gelegt: "Die Investition ist zu groß für diese unsichere Zeit."

Im Hotel Moosburger Hof liegt die Auslastung derzeit bei unter zehn Prozent, wie Inhaber Vangelis Bournazos berichtet. Davor sei das Hotel zu rund 75 Prozent ausgelastet gewesen. Auch für den Sommer sind in dem Moosburger Hotel schon zahlreiche Stornierungen eingegangen: "Insgesamt sind 56 Prozent der gesamten Buchungen storniert", sagt er. Derzeit versucht Bournazos, das Geschäft mit einem Lieferservice seines Restaurants Mythos einigermaßen aufrechtzuerhalten. Die Senkung der Mehrwertsteuer für Speisen auf sieben Prozent zu senken, hält auch er für eine gute Maßnahme: "Aber die Frage ist, wann wir aufmachen können." Denn die Fixkosten liefen die ganze Zeit weiter, sagt er - und wenn er die Zahlungen jetzt stunde, müsse er sie eben später begleichen. Gleichzeitig habe er Schutzmasken und Desinfektionsmittel für die Mitarbeiter besorgen müssen. Einen Antrag auf Zuschüsse hat er schon zwei Mal gestellt, wie er erzählt, habe das Geld aber noch nicht bekommen.

© SZ vom 29.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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