Corona-Strategie in Freising:Landkreis impft Schul- und Kitapersonal an einem Wochenende

Lesezeit: 3 min

2400 Personen nehmen freiwillig an der Impfaktion teil, die vom BRK und den Johannitern organisiert wurde. Die Betroffenen hoffen nun auf Lockerungen, die zweite Dosis gibt es aber wohl erst im Mai.

Von Thilo Schröder, Freising

Es wirkt auf den ersten Blick, als warteten sie darauf, für ein Konzert eingelassen zu werden: 30 bis 40 Erwachsene mit Zetteln in der Hand, ordentlich in einer Reihe vor dem Eingang der Realschule Gute Änger im Freisinger Stadtteil Lerchenfeld. Neben der Tür steht ein Mann, ihm zeigen sie ihren Wisch, dann dürfen sie rein, immer ein paar hintereinander. Es ist Freitagnachmittag, die Sonne scheint und die Wartenden sind gut gelaunt. Dazu haben sie allen Grund, denn sie stehen an für eine Reihenimpfung gegen das Coronavirus.

Noch bis Sonntagabend sollte sie andauern, rund 2400 Personen haben sich für das freiwillige, priorisierte Angebot angemeldet. Es gilt dem gesamten Personal von Grund- und Förderschulen und Kindertagesstätten im Landkreis Freising. Nur vereinzelt habe es Absagen gegeben, etwa wegen Krankheit, sagt Landratsamtssprecher Robert Stangl mit Verweis auf BRK-Angaben. Wie groß der Zulauf anteilig sei, sei jedoch schwer abzuschätzen, "gefühlt" aber groß. Prüfen lässt sich das nicht. Eine der Personen in der Warteschlange berichtet: Von zwölf Kolleginnen in ihrer Einrichtung hätten sich nur vier angemeldet.

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Der Tenor ist aber positiv. "Ich bin sehr dankbar, wirklich glücklich und ich freu mich drauf, dass es endlich soweit ist", sagt Gerlinde Pichl. Sie ist Erzieherin im Kindergarten Dietersheim "Löwenzahn" der Gemeinde Eching. Die vorgezogene Impfung bedeute für sie als über 60-Jährige mit einer Vorerkrankung "weniger Angst, das ist ein Schutz". "Ich möchte mich jetzt nicht wegen Corona aus der Arbeit zurückziehen. Für mich ist das ein Geschenk."

Ähnlich äußert sich Petra Maly. Sie ist 42 und Lehrerin an der Grundschule Attenkirchen. "Ich hätte nicht gedacht, dass das jetzt so schnell geht." Sie finde es "wichtig, dass sich so viele impfen lassen, dass wir weiterkommen und Lockerungen eintreten können". Sie finde es "ganz wichtig, dass die Kinder zur Schule gehen können - wieder jeden Tag gehen können. Da ist das ein wichtiger Beitrag".

Auch Hildegard Wiesner erhofft sich von der Impfung, "dass wir wieder freier leben können und geschützter, dass wir wieder mit einem besseren Gewissen unter Menschen gehen können". Sie arbeitet in der Mittagsbetreuung der Grundschule Attenkirchen. Die Reihenimpfung hält Wiesner für "das einzig Richtige, es ist ja auch freiwillig, keiner wird verpflichtet, das ist für mich das Beste, was es gibt".

Man habe sich "entschlossen, die Impfungen in Freising voranzutreiben, sodass künftig wieder der Schulbetrieb stattfinden kann - und das so schnell wie möglich", sagt BRK-Kreisgeschäftsführer Albert Söhl. Ab diesem Montag soll es im Landkreis wieder für alle Präsenzunterricht mit Mindestabstand und FFP2-Maske geben.

BRK und Johanniter organisieren die Reihenimpfung. Im Eingangsbereich stehen zehn Anmelde-Tische, davor je eine impfwillige Person, mit etwa drei Metern Abstand wartet die nächste. Die Impfungen selbst werden in separaten, den Anmelde-Tischen zugeordneten Räumen durchgeführt, über das ganze Gebäude verteilt.

"Es war uns wichtig, dass auf dem Weg in die Schulen - wie schon bei den Heimen - die Übertragung des Virus fast gestoppt wird", erklärt Söhl die Auswahl der Impfgruppen. Er ist überzeugt: "Es hilft auch in der Zukunft, dass wir schneller zum normalen Schulalltag zurückkehren." Könnten Reihenimpfungen auch für andere Gruppen Schule machen? "Das werden wir nicht schaffen", glaubt Söhl. "Unsere Intention ist ja, dass die Ärzte ab April miteingebunden werden." Das Impfen solle dann generell zügiger ablaufen, hofft er - "so Gott uns der Impfstoff vorliegt, also von der Regierung, das ist unser größtes Problem".

Die Spritzen liegen bereit für die große Reihenimpfung. Ein großer Teil des Schul- und Kita-Personals hat sich über das Angebot gefreut. (Foto: Johannes Simon)

Für die aktuelle Reihenimpfung sind aber genug Dosen vorrätig, auch eine für Michaela Hofbauer. Sie arbeitet im Kindergarten "Sausewind" in Attenkirchen. Bevor sie im Impfzimmer A.9 vom Freisinger Internisten Abit Veliqi eine Spritze mit Astrazeneca-Impfstoff bekommt, klärt der sie über die üblichen Nebenwirkungen wie Fieber oder Schüttelfrost auf. Sie habe im Januar fünf gängige Impfungen durchführen lassen, sagt Hofbauer, und sie habe eine leichte Schilddrüsenunterfunktion. Kein Problem für die Impfung, sagt Veliqi.

Auch Hofbauer hofft auf Lockerungen, wie sie anschließend sagt. Von der jüngsten Diskussion um die Wirksamkeit des Astrazeneca-Mittels habe sie sich nicht abschrecken lassen. Man merkt, sie ist das Impfen gewohnt; für Personal in staatlichen Kitas sind gängige Impfungen wie die gegen Masern Pflicht. Sorge bereitet Hofbauer das Verhalten von Virus-Leugnern. "Wenn manche meinen, das Coronavirus gibt's nicht, das finde ich erschreckend", sagt sie. "Lieber mach ich's jetzt, bevor es doch heißt: Impfpflicht. Es ist ein kleiner Piks." Sie zuckt die Achseln. "Und bei jeder Impfung gibt's Nebenwirkungen."

Nach der Impfung geht es noch für alle kurz in die Sporthalle - sicher ist sicher. (Foto: Johannes Simon)

Nach dem Piks werden Geimpfte in der angrenzenden Sporthalle betreut. Zwei Ärzte stehen bereit, am Ausgang wartet ein Rettungswagen. Wer nach 15 Minuten keine auffälligen Beschwerden habe, dürfe gehen, sagt Ortsbeauftragter der Johanniter Allershausen Heinrich Märkl. Er konstatiert: Wie "nicht anders zu erwarten", gehe es den Menschen "hervorragend".

Am Busstopp vor der Schule sitzt, frisch geimpft, Sabrina Wildgruber. Sie arbeitet in einem Kindergarten in Au. Das vorzeitige Impfangebot sei ein "Luxus"; die zweite Impfdosis gebe es jedoch erst Mitte Mai, habe man ihr gesagt. Über neue Corona-Regeln werde man oft sehr spät informiert. Ob die Impfungen zu mehr Normalität verhelfen? Die 40-Jährige zündet sich eine Zigarette an. "Muss man sehen."

© SZ vom 15.03.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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