Organisierte Kriminalität:Schleuser schmuggeln Menschen im Privatjet nach München

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Mit Privatfliegern brachten die Schleuser Menschen aus der Türkei nach Deutschland, Belgien oder Italien - bis die Polizei einschritt. (Foto: Europol)

Die illegale Einreise fliegt auf, als Bundespolizisten die gefälschten Diplomatenpässe von Passagieren eines Privatflugzeugs kontrollieren. Es ist der Startpunkt einer europaweiten Ermittlung.

Von Martin Bernstein

Insgesamt 40 Jahre Haft und Geldstrafen in Millionenhöhe: Deutsche, italienische und belgische Sicherheitsbehörden haben einen professionellen Schleuserring zerschlagen. Ausgangspunkt der Ermittlungen, über die jetzt die Münchner Bundespolizei berichtet, war ein Vorfall am Flughafen im Erdinger Moos.

Dort war am 9. Oktober 2020 ein Privatjet vom Typ Hawker Beechcraft 400A gelandet. Die Insassen - ein Ehepaar, 49 und 44 Jahre alt, und dessen zwei Kinder - zeigten Diplomatenausweise des winzigen Karibikstaats St. Kitts und Nevis vor. Die Dokumente waren gefälscht, wie sich herausstellte. Die irakische Familie hatte mehr als 60 000 Euro bezahlt, um aus der Türkei nach Europa zu gelangen.

Ermittler der Bundespolizei am Flughafen München und der Staatsanwaltschaft Landshut fanden Hinweise auf ein Schleusernetzwerk und ließen daraufhin mehrere verdächtige Flüge zum Flughafen Memmingen annullieren. Ähnliche Schleusungen gab es auch nach Österreich, Italien, Frankreich und Großbritannien. Die kriminelle Schleuserorganisation hatte Ausweispapiere und offenbar auch Schecks gefälscht, um eine eigene Flotte aufzubauen.

Die Migranten, hauptsächlich Iraker und Iraner kurdischer Herkunft, bestiegen in der Türkei mit gefälschten Diplomatenpässen Privatflugzeuge. Die offiziellen Reiseziele, meist in der Karibik, wurden laut Europol jedoch nie erreicht. Bei den Zwischenstopps auf verschiedenen europäischen Flughäfen verließen die Migranten das Flugzeug, entsorgten ihre gefälschten Pässe und beantragten Asyl.

Die europäischen Sicherheitsbehörden Europol und Eurojust schalteten sich ein, ein Joint Investigation Team (JIT) übernahm die Koordination. Die Ermittler konnten 2021 einen Hauptverdächtigen identifizieren: einen zusammen mit seiner ebenfalls verdächtigen Frau in einem Vorort der belgischen Hauptstadt Brüssel lebenden Ägypter.

Gleichzeitige Festnahmen in Brüssel und in Rom

Am 13. September 2022 wurde das Ehepaar von der belgischen Polizei festgenommen. Deutsche und italienische Ermittler waren dabei. Bei der Durchsuchung des Anwesens und eines angemieteten Flugzeughangars wurden unter anderem 30 000 Euro in bar, eine Fälscherwerkstatt und zwei Kleinflugzeuge entdeckt. Weitere Komplizen, darunter die beiden Brüder des mutmaßlichen Haupttäters, wurden zur gleichen Zeit in Italien festgenommen. Ein Brüsseler Gericht hat jetzt die Urteile über sieben Mitglieder der Schleuserbande gesprochen. Der Kopf der Bande wurde laut Bundespolizei zu zehn Jahren Haft und knapp 1,3 Millionen Euro Geldstrafe verurteilt.

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