Porträt:"Wenn ich eine Figur übernehme, habe ich keine Angst mehr"

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Von Cannes nach München: Alba Rohrwacher ist ein häufiger Gast beim Filmfest in der bayerischen Landeshauptstadt - und wird diesmal dort ausgezeichnet. (Foto: Kurt Krieger)

Die Schauspielerin Alba Rohrwacher ist eines der bekanntesten Kinogesichter Italiens, vor der Kamera hat sie eine unglaubliche Präsenz. Das Filmfest München zeichnet sie für ihr Schaffen nun mit dem Cine-Merit-Award aus.

Von Josef Grübl, München

Es ist schon ein paar Jahre her, da besuchte Alba Rohrwacher das Filmfest. Wieder einmal, könnte man fast sagen. Denn kaum ein internationaler Gast kommt so gerne nach München wie die italienische Schauspielerin. Eigentlich läuft nahezu jedes Jahr ein Film mit ihr beim Filmfest, wunderbare Werke wie "Glücklich wie Lazzaro", "Hungry Hearts" oder "Land der Wunder".

Man möchte fast glauben, ohne sie ginge es nicht mehr. Geht es natürlich schon, sie hat ja nicht immer Zeit für Festivalbesuche: Die in Florenz geborene Tochter eines Deutschen und einer Italienerin dreht viel, ist eines der bekanntesten Kinogesichter Italiens. Sie sei auch deswegen gerne in München, weil sie hier Freunde habe, verriet sie bei dem eingangs genannten Besuch - da gab sie in einem kleinen Hotel im Lehel Interviews.

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Auf den ersten Blick entspricht Alba Rohrwacher nicht unbedingt dem Bild, das man von einem Filmstar hat, dafür wirkt sie zu zart und zerbrechlich, fast schon unscheinbar. Wenn man ihr gegenübersitzt, bestätigt sich dieser Eindruck. Doch vor der Kamera hat sie eine unglaubliche Präsenz, da kann man die Augen kaum von ihr abwenden: Sie kehrt das Innere ihrer Figuren regelmäßig nach außen, sie stellt Frauen dar, die mit sich und ihrer Umwelt hadern. "Wenn ich eine Figur übernehme, habe ich keine Angst mehr", sagte sie damals beim Interview. Beim Spielen müsse es für sie immer einen Mittelweg geben: "Dass man sich der Rolle hingibt und trotzdem sehr bewusst wahrnimmt, was um einen herum passiert."

Die Schauspielerin überzeugt in Publikumshits und Arthouse-Filmen

Die 43-Jährige kann auf eine knapp zwanzigjährige Filmkarriere zurückblicken, sie überzeugt in Arthouse-Filmen und Publikumshits. So war sie unter anderem Teil des Ensembles von "Perfetti sconosciuti", dem italienischen Komödienphänomen, das überall auf der Welt nachverfilmt wurde, unter anderem in Deutschland als "Das perfekte Geheimnis".

Auch hierzulande drehte sie bereits, in Doris Dörries Verfilmung der Ferdinand-von-Schirach-Kurzgeschichte "Glück" spielte sie 2012 eine osteuropäische Prostituierte. "Ich verstehe Deutsch, spreche es aber nicht sehr gut", verriet sie beim Interviewtermin im Lehel, deshalb war eine Dolmetscherin an ihrer Seite. Dann aber antwortete sie in einem herrlichen Sprachengewirr aus Italienisch, Deutsch und Englisch.

Ihr jüngster Film "Das Pfauenparadies" ist wieder eine rein italienische Produktion, inszeniert hat ihn die Römerin Laura Bispuri. Mit ihr hat sie schon öfter zusammengearbeitet, ebenso wie mit ihrer Schwester, der Regisseurin Alice Rohrwacher. Im neuen Film verkörpert Alba Rohrwacher eine Frau, die mit Mann und Tochter zu einer Familienfeier fährt - den Pfau, den sie als Haustier halten, nehmen sie auf dem Autorücksitz mit.

Ähnlich fehl am Platz fühlt sich die von ihr gespielte Adelina; sie trägt eine auffällige Leopardenfelljacke, obwohl sie gar nicht auffallen will. Sie hält sich auch ständig die Hände an ihre abstehenden Ohren, obwohl diese gar nicht abstehen. Und über die frohe Nachricht, die sie zu verkünden hat, freut sie sich selbst am allerwenigsten.

Alba Rohrwacher wird am Sonntag, 26. Juni, die Vorführung im Astor Kino besuchen; das Filmfest verleiht ihr bei der Gelegenheit den Cine-Merit-Award. Dieser Preis wird jedes Jahr vergeben, das Festival will damit "herausragende Persönlichkeiten des internationalen Filmschaffens für ihre Verdienste um die Filmkunst" ehren. Zuletzt erhielten ihn Stars wie Emma Thompson, Antonio Banderas, Isabelle Huppert, Ralph Fiennes oder Ellen Bursty; so kam auch immer ein bisschen Hollywood-Flair nach München. Da kann Alba Rohrwacher vielleicht nicht ganz mithalten, dafür ist sie dem europäischen Kino zu sehr verbunden. Eine würdige Preisträgerin ist sie natürlich trotzdem. Das weiß auch die Filmfest-Chefin Diana Iljine, die ihr "zurückgenommenes präzises Spiel und ihre Wandelbarkeit" lobt.

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