Champions-League-Sieger:Der FC Bayern und seine fragwürdige Mission

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Zwei Gelegenheiten, ein Slogan. (Foto: Collage: Stephan Rumpf/AP)

"Mission accomplished" teilte der Verein nach dem Sieg im Champions-League-Finale mit. Aber ein Triple ist kein gewonnener Krieg, auch wenn es Vokabeln gibt, die in beiden Fällen benutzt werden.

Kolumne von Stefan Simon

Der Blick in die Gesichter verrät Zufriedenheit. Es ist geschafft, Erleichterung, die Gegner sind besiegt, so dachte man. Viele vorwiegend junge Männer stehen nun beisammen, ein paar Frauen sind auch dabei, sie jubeln, applaudieren, Arme fliegen hoch. Auf dem Foto, das den Moment festhält, steht im Vordergrund ein Mann. Er reckt den rechten Daumen nach oben, grinst in die Kamera. Hoch über allem prangt ein Schriftzug: "Mission accomplished", Mission erfüllt.

Siebzehn Jahre später. Der Blick in die Gesichter zeigt keine Zufriedenheit, es ist ausgelassene Freude. Ein Sieg wird gefeiert, den vor ein paar Monaten kaum jemand für möglich gehalten hätte. Viele junge Männer sind zusammengekommen, ein paar Frauen sind auch dabei, alle jubeln, viele applaudieren, etliche umarmen sich. Corona-Regeln? Sind für einen kurzen Moment vergessen. Hoch über allem prangt ein Schriftzug: "Mission accomplished", Mission erfüllt.

FC Bayern
:15-Minuten-Empfang für die Triple-Sieger

Ein Ministerpräsident, ein roter Teppich, eine Ellbogen-Begrüßung für jeden Spieler - so läuft die Ankunft der siegreichen Bayern-Mannschaft auf dem Münchner Flughafen ab. Gefeiert wird woanders.

Von Kassian Stroh

Die Szenen ähneln sich, vergleichbar sind sie nicht. Die erste spielt auf dem Flugzeugträger USS Abraham Lincoln am 1. Mai 2003, die zweite am Münchner Siegestor an diesem Sonntag. Schon klar: Ein Triple ist kein gewonnener Krieg, auch wenn es Vokabeln gibt, die in beiden Fällen benutzt werden. Sturm, Verteidigung, Schuss. Wer denkt da heute nicht an Fußball? Bei "Mission accomplished" aber kommt vielen, die sich für mehr interessieren als für Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League, die umstrittene Rede des früheren US-Präsidenten George W. Bush in den Sinn, mit der er voreilig das Ende des Irakkriegs ausrief. Kurz nach dem Ausspruch eskalierte die Lage, die Zahl der US-Soldaten, die starben, nahm täglich zu.

Warum wohl strahlt jemand dieses zynische Motto, das zum Synonym für Aufgaben zweifelhafter Natur wurde, an das Siegestor? Absicht steckte sicher nicht dahinter. Doch nicht nur optisch stand der Spruch recht schräg über der eigentlichen Inschrift: zum Frieden mahnend.

© SZ vom 26.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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