Der bevorstehende Fahrrad-Frühling beginnt mit einer frohen Botschaft, zumindest für den sogenannten Endverbraucher, also den Radler an sich. Das elektrisierende Gute-Laune-Wort heißt Preis-Alarm. Nach den sehr lukrativen Pandemie-Jahren bekam die Fahrradbranche im vergangenen Jahr eine Konjunkturdelle ab. Kaufzurückhaltung bei den von Inflation und Rezession gebeutelten Käufern in spe bescherte Industrie und Handel volle Lager, wovon die Kunden in diesem Jahr profitieren könnten.
Wobei ein Blick zurück zeigt, in welchen Preiskategorien man sich heutzutage bewegt: Schon seit 20 Jahren stellt Gunnar Fehlau vom "Pressedienst Fahrrad" die Neuheiten der Saison vor, und während man nach Angaben des Zweirad-Industrie-Verbandes 2013 noch im Schnitt 520 Euro in den Kauf eines neuen Rads investiert hatte, waren es 2022 mit 1600 Euro mehr als dreimal so viel. Längst hat sich das lapidare Fahrrad zum teils futuristischen Hightech-Gefährt entwickelt, zugleich gottlob aber auch eine gesellschaftliche Metamorphose durchgemacht: Denn die Fahrradbranche versteht sich völlig zurecht als Teil der Antwort, nicht als Teil des Problems, Hashtag Verkehrswende. Hier ein paar Hingucker des Fahrrad-Frühlings 2024.
Transport auf zwei Lade-Ebenen
Am offenkundigsten ist die seit Jahren zu beobachtende Fahrzeugwerdung des Bikes traditionell bei den gerne verspotteten Lastenrädern, die schon lange sehr viel mehr können als den morgendlichen Transport des Nachwuchses in Kita, Kindergarten oder Schule. Da ist zum Beispiel das "CS" des Herstellers Ca Go, das zwar optisch etwas gewöhnungsbedürftig ist, dafür aber einer Dreizimmerwohnung auf Rädern gleichkommt. Auf zwei Lade-Ebenen kann hier gegen die Entrichtung von 5590 Euro so einiges von A nach B transportiert werden: unten die Kiste Bier, oben der Einkauf, hinten das Kind. Selbst bei 60 Kilo Zuladung liege das Rad noch "satt auf der Straße, fährt wie auf Schienen", schwärmt Experte Fehlau. Und der muss es wissen, hat er das vergangene Jahr doch als digitaler Lastenrad-Nomade verbracht und mit "Workpacking" ein höchst unterhaltsames Buch darüber geschrieben, mit vielen Tipps vom Autor, "wie man es besser und cleverer machen kann als ich".
Das Elektro-Sesseldreirad
Wer es nicht nur praktisch, sondern auch noch bequem haben mag, der ist mit dem Elektro-Sesseldreirad "Delta tx" (ab 5990 Euro) der Firma HP Velotechnik gut bedient. Hineinlegen und sich wohlfühlen, scheint hier die Devise zu sein: niedriger Einstieg, aufrechte Sitzposition, Kopfstütze - Fahrradfahren kann ja so entspannt sein! Hätte das Ding einen Verbrenner-Motor, würde man wohl von einem Chopper sprechen und jeden Tag tiefenentspannt in den Sonnenuntergang kurbeln. Maximales Zuladegewicht: satte 150 Kilo. Logisch, dass so ein Rad für viele unter Auto-Ersatz läuft.
Motor und Schaltung in einem Gehäuse
Dass auch auf dem Rad die Digitalisierung in Sieben-Meilen-Stiefeln voranschreitet, versteht sich von selbst. Der neue, wegweisende Clou bezüglich E-Antrieb: die Fusion von Motor und Schaltung in einem einzigen und somit vergleichsweise wartungsarmen Gehäuse. Mit der "Motor-Gearbox-Unit" des Schaltungs-Herstellers Pinion wechselt das System dank der sogenannten Smart-Shift-Technologie automatisch die Gänge, auch wenn man mal abrupt bremsen muss und dann womöglich im größten Gang an der Ampel steht.
Der federleichte Fahrradschlauch
Auch raffiniert und schön nachhaltig noch dazu: der Fahrradschlauch "Road Ultra" (ab 23,90 Euro) der kleinen Schweizer Firma Eclipse. Der ist mit gerade mal 20 Gramm nicht nur federleicht - herkömmliche Schläuche wiegen etwa dreimal so viel - und passt locker in jede Radlhose, sondern er ist auch noch zu hundert Prozent recycelbar. Wie überhaupt die gesamte Fahrradbranche im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung wirklich ihre Hausaufgaben zu machen scheint: So ist organisiertes Reifen-Recycling schon längst eine Selbstverständlichkeit. Mit schönen Grüßen an die Hersteller von Autoreifen!
Blinker am Rad
Ein Signal, dass Radfahrer langsam aber sicher tatsächlich als Verkehrsteilnehmer in der Gesellschaft angekommen sind, ist der Blinker. Bislang ist die im Behörden-Deutsch Fahrtrichtungsanzeiger genannte Abbiege-Hilfe nur an S-Pedelecs und mehrspurigen Fahrzeugen erlaubt, wird aber wohl bald an allen Rädern zugelassen sein, was hinsichtlich Sicherheit und Sichtbarkeit natürlich sinnvoll ist: Auf regennasser Fahrbahn, womöglich noch eingezwängt zwischen Pkws und Trambahnschienen, ist man als Radler ganz froh, wenn man beide Hände am Lenker lassen kann. Der "Turntec" von Busch & Müller kostet derzeit allerdings noch stramme 349 Euro.
Verreisen mit der Lenkerrolle
Ebenfalls weiterhin im Trend: ein- oder mehrtägige Radreisen. Jeder, der sich mal einen längeren Ausflug auf zwei Rädern vorgenommen hat, weiß, wie wichtig dabei die Gepäcktaschen sind. Wasserdicht sollten sie sein, einfach zu befestigen und wieder abzunehmen, im Weg sollten sie dem Reise-Radler natürlich auch nicht sein und bitte schön kein Vermögen kosten. Die Taschenserie "Rough Ride" von M-Wave erfüllt all diese Kriterien: Die Lenkerrolle ist schon ab 21,90 Euro zu haben.
Cruisen mit Nachwuchs
Und dann ist da ja noch der Nachwuchs, der auch um ein Vielfaches leichter und sportlicher durch die Botanik cruist als in der Stützrad-Ära. Moderne Kinderräder sind ergonomisch abgestimmt, ultraleicht und selten günstig zu haben. Das "Jam Bam" von Eightshot, der sportlichen Schwester der Kinderrad-Spezialisten Puky, macht da keine Ausnahme: Für 969 Euro gibt es dafür aber auch ein stylishes Single-Speed-Rad für Ausflüge in Pumptracks und Dirtparks. Oder wie Experte Fehlau sagt: "Dafür hätte ich früher meinen Bruder verkauft."