Energiewende:Photovoltaik statt Ackerbau und Viehzucht

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Sanfte Hügel, grüne Felder, Einödhöfe, ein paar Bäume - die Landschaft hinter Grüntegernbach ganz im Osten des Landkreises. (Foto: Renate Schmidt)

Ein Dorfener Landwirt plant als Zukunftskonzept für seinen Betrieb eine 18 Hektar große Freiflächenanlage. Die große Mehrheit im Stadtrat findet das gut. Doch es gibt auch Kritik und Bedenken.

Von Florian Tempel, Dorfen

Die Photovoltaikanlage, die Georg Brandl plant, ist bemerkenswert. Der junge Landwirtschaftsmeister aus Wies bei Grüntegernbach, ganz im Osten des Landkreises Erding, hat sich entschieden, den Betrieb seiner Familie neu auszurichten. Die Stromerzeugung durch Photovoltaik (PV) soll das wesentliche Standbein für die eigene Zukunft sein. Georg Brandl setzt konsequent auf Sonnenstrom und geht in die Vollen. Rund um den Einödhof will er etwa 18 Hektar mit PV-Modulen bestücken. Damit lassen sich nach gängigen Durchschnittsrechnungen zehn bis 14 Millionen Kilowattstunden Strom im Jahr erzeugen. Das ist viel. Das entspricht dem Jahresverbrauch von mehr als 4000 Haushalten.

Der Dorfener Stadtrat hat dem Projekt nun grundsätzlich zugestimmt. Im Flächennutzungsplan wird eine 18,4 Hektar große Fläche als Sondergebiet Photovoltaik ausgewiesen. "Das löst aber noch kein Baurecht aus", betonte Bürgermeister Heinz Grundner (CSU). Bevor die Module installiert werden können, ist ein zweites Genehmigungsverfahren nötig. Es gibt noch viele Fragen zu klären. Im Bebauungsplan können zudem detaillierte Auflagen zur Gestaltung rund um die große PV-Freiflächenanlage gemacht werden. Denn auch wenn eine Mehrheit im Stadtrat das Projekt befürwortet, gibt es auch Ablehnung aus generellen und speziellen Bedenken. Und Brandls Nachbarn sind so gar nicht mit der geplanten Anlage einverstanden.

So wird das in etwa aussehen: eine bereits bestehende Freiflächen-PV-Anlage bei Türkenfeld im Landkreis Fürstenfeldbruck. (Foto: Lukas Barth)

Dass aus einem Landwirt ein Energiewirt wird, ist gar nicht so etwas Besonderes. In der Vergangenheit ging es dabei aber stets um Biogas. Im Gebiet der Stadt Dorfen gibt es nicht wenige Biogasanlagen, die einen erheblichen Anteil daran haben, dass im Versorgungsbereich der Stadtwerke Dorfen schon seit einiger Zeit mehr Strom aus regenerativen Energiequellen produziert als verbraucht wird. Die Stadtwerke selbst und andere Dorfener Landwirte planen ebenfalls PV-Freiflächenanlagen im größeren Umfang, die aber in der Summe immer noch deutlich weniger als Brandls geplanter Solarpark wären. Unter anderem sind mehrere PV-Freiflächenanlagen direkt neben oder nahe der Isentalautobahn A94 geplant.

Ein Hektar PV-Freifläche bringt 50 Mal so viel Energieertrag wie ein Hektar Mais, der in einer Biogasanlage verstromt wird

Man kann, soll und muss die Biogasproduktion mit der Stromerzeugung durch PV-Anlagen vergleichen. Der Dorfener Physiker Manfred Groh hat das in einem Vortrag bei einem Energiewende-Abend der Stadtwerke Dorfen im Juli getan. Die Erzeugung von Strom durch Photovoltaik ist ungleich effektiver. Ein Hektar PV-Freifläche bringt 50 Mal so viel Energieertrag in Kilowattstunden wie ein Hektar Mais, der in einer Biogasanlage verstromt wird. Groh machte noch eine andere Rechnung auf, um den enormen Effizienzunterschied zu verdeutlichen. Mit dem Biodiesel, den man aus einem Hektar Rapsanbau produzieren könnte, würde ein Auto 25.000 Kilometer weit fahren. Der Strom von einem Hektar PV-Anlage reiche hingegen für fünf Millionen Kilometer, das ist 200 Mal mehr.

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Die Gegenargumente der Kritiker und Gegner von PV-Freiflächenanlagen sind auch aus den Diskussionen über Windkraftanlagen bekannt oder zumindest sehr ähnlich: Die Landschaft werde von den Anlagen verschandelt, das von den Modulen reflektierte Licht könnte stark blenden, der Tierwelt werde Lebensraum entzogen und der Landwirtschaft gute Böden zur Lebensmittelproduktion. Außerdem werde der Photovoltaikstrom nicht gespeichert und mache somit sowieso keinen Sinn.

Die eventuelle Problematik der Blendungen wird in einem Gutachten untersucht werden. Lärm und Gestank sind bei einer PV-Anlage nicht zu erwarten. Dass Wildtiere durch die große PV-Anlage leiden würden, ist nach Ansicht der Naturschutzbehörden und der Jagdbehörde eher nicht zu erwarten. Man hat lediglich angeregt, dass ein Zaun um die Anlage Durchschlupfraum für kleine Tiere lassen sollte. Die Rehe würden sicher mit der Anlage zurecht kommen.

Landwirtschaftliche Flächen werden schon seit langem zur Energiegewinnung genutzt

Das Amt für Landwirtschaft und Kritiker weisen zwar darauf hin, dass Freiflächenanlagen vorzugsweise nicht auf normalen landwirtschaftlichen Flächen errichtet werden sollten. Stadträtin Sabine Berger (CSU), zugleich Ortsobfrau des Bayerischen Bauernverbandes, sprach sich aber klar dagegen aus, einem Berufskollegen vorschreiben zu wollen, wie er seinen eigenen Grund bewirtschaften solle. Zudem werden ja auch landwirtschaftliche Flächen schon seit langem zur Energiegewinnung genutzt, auch und nicht wenig im Raum Dorfen.

Der viele Strom, den Georg Brandl erzeugen will, muss ins Netz eingespeist werden. Dazu braucht es Leitungen, die es an dieser Stelle noch nicht gibt. Bürgermeister Grundner sagte, dass es Aufgabe des Investors sei, den Anschluss seiner Anlage ans Stromnetz zu klären und möglich zu machen, sonst könne man die Anlage nicht genehmigen. Das Argument, Sonnenstrom stehe nicht durchgehend zur Verfügung und werde auch bislang nicht gespeichert, verwarf die Mehrheit im Stadtrat als allzu pauschale Ablehnung der Photovoltaik, ohne die die Energiewende nicht zu schaffen sei.

Als letztlich stärkstes Ablehnungsargument blieb die Beeinträchtigung des Landschaftsbilds. Die sanft hügelige Gegend ist in der Tat sehr grün. Die Landschaft wird anders aussehen, wenn dort auf vielen Hektar PV-Module stehen. Einiges wird durch bereits vorhandene Gehölzgruppen abgeschirmt und eher nicht zu sehen sein. An anderen Stellen lässt sich mit Bepflanzungen sicher noch etwas machen. Eines aber bleibt: die Gegend verändert sich.

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