Fotografie:Zorneding auf den zweiten Blick

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Keine Collage steckt hinter diesem Bild, sondern nur ein gut gewählter Winkel am Zornedinger Herzogplatz. (Foto: Volker Jäger/oh)

Der Hobbyfotograf Volker Jäger zeigt in seiner Ausstellung "ungewohnt Gewohntes" und richtet dabei den Fokus auf Details, die im Alltag gar nicht wahrgenommen werden. Dadurch können selbst Alteingesessene ihren Heimatort ganz neu entdecken.

Von Andreas Junkmann, Zorneding

Die Gemeinde Zorneding gilt sicherlich nicht als die erste Wahl für schöne Fotomotive im Landkreis Ebersberg - zu gewöhnlich und unspektakulär erscheinen doch die Siedlungen rund um den eher trostlosen Herzogplatz. Doch genau diesen Umstand macht sich nun Volker Jäger zunutze. Der Hobbyfotograf hat eine Ausstellung mit Bildern zusammengetragen, mit denen er einen anderen Blick auf die Gemeinde wirft. Unter dem Titel "ungewohnt Gewohntes - Zorneding einmal anders gesehen" sind Jägers Werke von diesem Freitag an bis Ende November im örtlichen Rathaus zu sehen.

Nun werden sich vor allem die Zornedinger Bürger fragen, warum sie sich eine Fotoausstellung über ihren altbekannten Heimatort ansehen sollten. Die Antwort darauf gibt der Fotograf selbst: "Kommen Sie bei dieser Ausstellung mit auf drei kurze Expeditionen in ein - vielleicht unbekanntes - Zorneding." Und tatsächlich sind auf den Bildern Blickwinkel dargestellt, wie sie wahrscheinlich noch nicht viele auf die Gemeinde hatten. Dabei wären die Garagentore, die Fensterläden oder die Parkbänke eigentlich für jeden sichtbar. Doch es sind eben solche Details, die im Alltag oft untergehen - und denen Völker Jäger nun diese Ausstellung gewidmet hat.

Der Zornedinger Volker Jäger ist Mitglied der Fotofreunde Glonn und im Vorstand des Deutschen Verbandes für Fotografie. (Foto: Christian Endt)

Die Schau hat der 63-jährige Hobbyfotograf, der seit etwa 20 Jahren in Zorneding lebt, in drei Themenfelder gegliedert: "Aristokratisches - auf und um den Herzogplatz", "Gewerbliches - das Gewerbegebiet mal anders" und "Tierisches - Garagen am Daxenberg". Mit letzterem hatte auch alles angefangen, wie Jäger bei einem Rundgang durch das Rathaus erzählt. Während des ersten Corona-Lockdowns habe er viel Zeit zum Spazierengehen gehabt. "Ich dachte, dass ich Zorneding eigentlich gut kenne. Aber weit gefehlt", so der gebürtige Rheinländer, der auf seinen Streifzügen viele neue Ecken und Gassen seiner Wahlheimat entdeckt hat. Besonders die bunten Garagen am Daxenberg haben es Jäger angetan. "Die sehen ja eigentlich eher trist aus, erzählen aber alle ihre eigene Geschichte." Und so entschloss er sich, die Blech-Tore in Dreierensembles abzulichten oder gar farblich aufeinander abgestimmte Collagen daraus zu bilden.

Die bunten Garagen am Daxenberg haben es dem Fotografen besonders angetan. Er hat sie deshalb zu einer farblich abgestimmten Collage zusammengefügt. (Foto: Volker Jäger/oh)
Während über den Herzogplatz der nostalgische Charme der 70er Jahre weht... (Foto: Volker Jäger/oh)
...sind die Aufnahmen aus dem Gewerbegebiet deutlich moderner angehaucht. (Foto: Volker Jäger/oh)

Volker Jäger ist sich bewusst, dass diese Art der Fotografie sicherlich nicht jedermanns Sache ist. "Damit kann ich leben. Die Bilder sollen aber eine Reaktion beim Betrachter auslösen", sagt er über seine, wie er sie nennt, "nicht ganz risikofreie Ausstellung". Tatsächlich hätte es sich Jäger, der Mitglied bei den Fotofreunden Glonn und im Vorstand des Deutschen Verbandes für Fotografie ist, einfach machen können und auf die Suche nach hübschen Postkartenmotiven gehen - doch das war nicht seine Intention. An vielen der abgelichteten Orte würden wohl die meisten Leute sagen, hier gebe es nichts zu fotografieren. "Aber es war mein Ehrgeiz, das Gegenteil zu beweisen."

Und das ist Jäger mit seinen Bildern durchaus gelungen, wie etwa die Detailaufnahmen beim Rewe-Supermarkt zeigen, die wohl die wenigsten Kunden in ihrem Alltag wahrnehmen dürften. Gleiches gilt für das Linienspiel am Himmel über dem Gewerbegebiet, bei dem Volker Jäger die Kondensstreifen von Flugzeugen mit den Dachgauben der Gebäude kombiniert. Während hier eher das Moderne im Fokus steht, geht es in der Serie über den Herzogplatz deutlich traditioneller zu. Hier zieht sich der Charme der 70er Jahre wie ein roter Faden durch die einzelnen Aufnahmen: kahle Häuserfronten, Fenster mit weißen Gardinen und eine etwas aus der Zeit gefallene Tiefgarageneinfahrt lassen fast schon nostalgische Gefühle beim Betrachter aufkommen. Und auch ein bisschen Kritik hat der Fotograf mit seiner Aufnahme des verwaisten und heruntergekommenen Spielplatzes in die Ausstellung mit aufgenommen. "Ich hab hier noch nie ein Kind spielen gesehen", sagt Jäger. Beim Blick auf das Foto glaubt man ihm das sofort.

Dennoch wolle er mit seiner Ausstellung niemanden auf den Schlips treten, wie der 63-Jährige sagt. Vielmehr soll den Zornedingern die Möglichkeit gegeben werden, ihren Heimatort aus einer anderen Perspektive wahrzunehmen - und vielleicht erkennt der ein oder andere so manches Detail dann doch wieder. Noch bis Ende November wird die Ausstellung über die beiden Stockwerke des Rathaus-Foyers verteilt zu sehen sein. Bei der Vernissage an diesem Freitag wird eines der Bilder zugunsten der Zornedinger Tafel versteigert. Auch Teile des Erlöses der restlichen Werke gehen an den örtlichen Hilfsverein, sagt Volker Jäger, der eine Ausstellung über Zorneding verspricht, "die es so sicher noch nie gebegeben hat".

Fotoausstellung "ungewohnt gewohntes - Zorneding einmal anders gesehen" von Volker Jäger . Vernissage am Freitag, 4. November, um 19 Uhr im Zornedinger Rathaus. Die Ausstellung ist bis Ende November zu den Öffnungszeiten der Behörde zu sehen, der Eintritt ist frei.

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