Zorneding:CSU-Parteikollegen wenden sich von Ortsvorsitzender ab

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Nach rechtspopulistischen Äußerungen der CSU-Ortsvorsitzenden Sylvia Boher legt der Geschäftsführer sein Amt nieder. Auch in der Bevölkerung finden die Thesen wenig Zuspruch.

Von Carolin Fries und Isabel Meixner, Zorneding

Die rechtspopulistischen Äußerungen ihrer Zornedinger Ortsvorsitzenden Sylvia Boher ziehen in der CSU erste Folgen nach sich: Christian Czirnich hat am Mittwochabend sein Amt als Geschäftsführer mit sofortiger Wirkung niedergelegt. Einige Mitglieder drohen mit Parteiaustritt. Entsprechende Anrufe sind nachweislich in der Kreisgeschäftsstelle eingegangen, was diese auf Nachfrage allerdings verneint. Kreisvorsitzender Thomas Huber bestätigt jedoch "Reaktionen auf die Berichterstattung".

CSU-Ortsvorstand und der Kreisvorstand wollen sich nun mit der Causa Boher befassen

Der Ortsvorstand werde sich in der nächsten Sitzung mit Bohers Äußerungen beschäftigen, "zudem sehe ich die Notwendigkeit, auch den CSU-Kreisvorstand damit zu befassen, was im Rahmen seiner nächsten Sitzung erfolgen wird", so Huber. In der Bevölkerung und im Internet stößt die Kolumne "Kritisch angemerkt", die Boher im von der CSU herausgegebenen Zorneding-Report veröffentlicht hat, vielerseits auf Ablehnung, bei manchen aber auch auf Zustimmung.

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"Ich musste Konsequenzen ziehen", sagt Christian Czirnich. Er habe nicht warten wollen, bis andere handeln. Als Geschäftsführer und Vorstandsmitglied "will ich mich nicht öffentlich von der Ortsvorsitzenden distanzieren müssen", begründet er seinen Schritt, über den er zunächst Bürgermeister Piet Mayr und Vorstandsmitglied Jutta Sirotek informierte und am Donnerstagvormittag die Vorstandsmitglieder Johannes Schott, Sylvia Boher und Johann Haindl. Mitglied der Zornedinger CSU will er bleiben: "Die von mir vertretene Meinung sehe ich durchaus bei vielen anderen CSU-Mitgliedern auch." Die in Zorneding gelebte Willkommenskultur gegenüber den Flüchtlingen sei für ihn verbunden mit den christlich-sozialen Werten.

In den sozialen Medien und in Leserbriefen zeigen sich viele Leser entsetzt von Bohers Kolumne, darunter auch einige CSU-Mitglieder oder -Wähler. Boher, die mit ihrer Unternehmensberatung unter anderem mit Kontakten in die arabische Welt wirbt, hat unter der Fragestellung "Was würde Franz Josef Strauß dazu sagen?" Asylbewerber als Militärdienstflüchtlinge bezeichnet und falsche Tatsachen verbreitet, etwa dass "unsere Armen" durch Asylbewerber weniger Geld vom Staat erhielten oder Heimatvertriebene im Gegensatz zu den heutigen Flüchtlingen keine Hilfe erhalten hätten.

"Habe den Zorneding-Report hiermit abbestellt", postet ein User

Es sei beschämend, "die Schande, den eigenen Leuten damals nicht geholfen zu haben, als Argument, sich heute ebenso schändlich gegenüber Flüchtlingen verhalten zu müssen", zu nutzen, schreibt ein Leser auf Facebook. "Habe den Zorneding-Report hiermit abbestellt. Hatte schon Angst, dass dieser grauenhafte Artikel sang- und klanglos untergeht!", meldet sich ein anderer User zu Wort und empfahl, die Abbestellung direkt an Boher zu schreiben. Die allgemeine E-Mail-Adresse funktioniere nicht. Ein Leser fordert Bohers Rücktritt: "Wenn die CSU nur halbwegs glaubwürdig sich als 'christlich' bezeichnen möchte, sollte sie sich schnellstens von solchen TypInnen trennen."

Doch es gibt auch Zustimmung für Boher. "Endlich eine, die sich traut, ihre Meinung zu veröffentlichen und nicht wie die ganzen Nachredner in der Politik!!!", findet ein User. Ein anderer: "Wenn man eine andere Meinung hat, nicht konform mit den Medien oder der Regierung, wird man als Hetzer oder Pack beschimpft, ich denke, dass da irgendwas nicht stimmt."

Woraufhin ein Leser kommentierte: "Hetze, Diskriminierung, Geschichtsklitterung und Rassismus waren noch nie eine 'Meinung'." Auch die Ansicht, Boher habe nur ihre Einzelmeinung vertreten, wurde geäußert - und stieß auf Widerspruch: Sie habe die Kolumne in einer CSU-Zeitschrift veröffentlicht, damit sei das keine Privatmeinung mehr.

© SZ vom 16.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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