Finanzen in Vaterstetten:Rekord mit Risiko

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Gut, dass die Vaterstettener Haushaltsmittel nicht in bar verwaltet werden - da gäbe es heuer einiges zu schleppen. (Foto: Deutsche Bundesbank/dpa)

Vaterstetten bringt den größten Haushalt auf den Weg, den die Gemeinde je hatte - das gilt auch für die Schulden.

Von Wieland Bögel, Vaterstetten

Die größte Gemeinde des Landkreises spielt mit diesem bald in einer Liga, was das Haushaltsvolumen angeht: Nur knapp ist dieses heuer nicht dreistellig, damit bewegt Vaterstetten in diesem Jahr fast halb so viel Geld wie der Landkreis Ebersberg, der mit rund 202 Millionen Euro kalkuliert. Was nicht zuletzt der Grund für den Anstieg der Summen in der Großgemeinde ist: Allein die Kreisumlage entspricht mehr als einem Fünftel der Gesamtsumme.

Darauf wies Kämmerer Markus Porombka auch eindringlich hin. So verständlich der Finanzierungsbedarf und so wichtig die Aufgaben des Landkreises auch seien, "die Grenze der Belastbarkeit ist erreicht". Seit 2012 habe sich die Kreisumlage für Vaterstetten in Summe verdoppelt - und heuer hätte sie sogar das Potenzial, einen genehmigungsfähigen Haushalt zu verhindern.

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Anders als der Bund schafft es der Landkreis Ebersberg, seinen Etat für 2024 pünktlich zu verabschieden. Sonderlich hoffnungsfroh stimmen die Zahlen darin jedoch nicht.

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Denn die Umlage berechnet sich nach den Einkünften des vorvergangenen Jahres und 2022 lief es für Vaterstetten vergleichsweise gut bei der Gewerbesteuer - knapp 14,2 Millionen Euro konnte man einnehmen. Was allerdings auch nur gut die Hälfte des Durchschnittswertes sei, den vergleichbar große Kommunen hier erzielen - und heuer sollen es sogar gut drei Millionen weniger sein. Ein Teil der Einnahmen aus dem Jahr 2022 wurden in einer Sonderrücklage geparkt - eben um heuer die Kreisumlage zahlen zu können.

Trotz der schwierigen Lage bei der Gewerbesteuer soll kräftig investiert werden

Geld nicht auszugeben, das war auch der Appell des Bürgermeisters. "Mir wird ja nachgesagt, dass ich zu knickert bin", so Leonhard Spitzauer (CSU). Aber angesichts der großen Herausforderungen für die kommunalen Finanzen, nicht nur in Vaterstetten, müsse das erste Augenmerk darauf liegen, den Bestand zu erhalten - "dafür ist es nicht schlecht, wenn ich knickert bin".

Investieren wird die Gemeinde heuer und in den kommenden Jahren trotzdem in einiges - allen voran das interkommunale Geothermieprojekt. Zusammen mit dem neuen Kindergarten St. Anna beim Altenheim Maria Linden und dem Neubau der Turnhalle der Wendelsteinschule gibt die Gemeinde heuer bei diesen drei Projekten mehr aus, als sie durch die Gewerbesteuer einnimmt.

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Die Gemeinde Vaterstetten aktualisiert ihr Investitionsprogramm. Weil die Geothermie neu auf die Liste gekommen ist, steigen die Gesamtkosten kräftig - aber nicht nur deswegen.

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Hier müsse Vaterstetten besser werden, forderte Josef Mittermeier (SPD), trotz des neuen Gewerbegebietes nördlich der Autobahn 94 blieben die Einnahmen unterdurchschnittlich. "Wir sollten vielleicht andere Vorgaben für Gewerbe machen - nicht immer 'Big is beautiful'." Michael Niebler (CSU) verwies darauf, dass man im Gewerbegebiet Vaterstetten Ost genau dies vorhabe "aber das dauert eben". Tatsächlich verzögert sich das Projekt seit Jahren, was aber auch daran liegt, dass zunächst die Trafo-Station umziehen muss. Dies ist für diesen Sommer geplant, voraussichtlich kommendes Jahr sollen dann die ersten Betriebe einziehen.

Das Gemeindeschiff soll auch heuer nicht in Seenot geraten

Es sei eben schwierig, Betriebe anzusiedeln und zwar nicht obwohl, sondern weil Vaterstetten im Münchner Speckgürtel liege, sagte Dritter Bürgermeister Roland Meier (FW). "Die Leute, die da arbeiten, müssen ja irgendwo wohnen - und wir sind nicht bekannt für unsere günstigen Grundstücke." Wichtig sei, dass die Gemeinde trotz der schwierigen Finanzlage in die Geothermie investiere - "das ist unsere Zukunft".

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Die Gemeinden Vaterstetten, Grasbrunn, Haar und Zorneding gründen eine gemeinsame Fördergesellschaft für Erdwärme. Dafür, dass diese dann in die Häuser kommt, ist jede Kommune selbst zuständig.

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Auch Klaus Willenberg (FDP) lobte die Ausgaben für die Geothermie - bei allem anderen sei Sparsamkeit angebracht. "Wir leben über unserer Verhältnisse", was sich auch an den steigenden Schulden zeige. David Göhler (Grüne) machte sich ebenfalls Sorgen wegen der Schulden im Finanzplan "da kriege ich schon Muffensausen". Weshalb er die an dieser Stelle jedes Jahr geäußerte Forderung seiner Fraktion wiederholte, die Umfahrung Parsdorf-Weißenfeld aus der Finanzplanung zu streichen.

Und natürlich durfte auch das alle Jahre von Günter Lenz (SPD) in der Haushaltsdebatte auf die Reise geschickte Gemeindeschiff nicht fehlen. Dieses sei "in schwierigem Fahrwasser", habe in Kämmerer Porombka aber einen fähigen Steuermann. Auf große Fahrt werde sich das Gemeindeschiff indes nicht machen: "Mehr als nicht in Seenot zu geraten, ist in der aktuellen Lage nicht möglich."

Dies sahen die übrigen Gemeinderatsmitglieder genauso, ohne Gegenstimmen wurde der Haushalt verabschiedet. Fünf Gegenstimmen, die der Grünen-Fraktion, gab es beim Finanzplan.

Die Zahlen

Gesamtvolumen: 96,34 Millionen Euro

Verwaltungshaushalt: 73,11 Millionen Euro

Vermögenshaushalt: 23,23 Millionen Euro

Schulden:

Ende 2023: 23,6 Millionen Euro

Ende2024: 29,2 Millionen Euro (Prognose)

Ende 2027: 47,4 Millionen Euro (Prognose)

Rücklagen:

Ende 2023: 10,3 Millionen Euro

Ende2024: 5,5 Millionen Euro (Prognose)

Ende 2027: 1,1 Millionen Euro (Prognose)

Größte Einnahmen:

Einkommensteuer: 25 Millionen Euro

Zuweisungen: 13,5 Millionen Euro

Gewerbesteuer: 11 Millionen Euro

Grundsteuer: 4,5 Millionen Euro

Größte Ausgaben:

Kreisumlage: 20,5 Millionen Euro

Zuschüsse an soziale Einrichtungen: 14,3 Millionen Euro

Verwaltungs- und Betriebskosten: 13,1 Millionen Euro

Personal: 12,4 Millionen Euro

Größte Investitionen:

Kinderhaus St. Anna: 4 Millionen Euro

Geothermie: 3,9 Millionen Euro

Turnhalle Wendelsteinstr.: 3,5 Millionen Euro

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