Bildung:Wenn nicht jetzt - wann dann?

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Neben dem neuen Baugebiet am Lerchenwinkel in Poing soll das Gymnasium entstehen. (Foto: Christian Endt)

In Poing soll ein neues Gymnasium entstehen. Doch wann mit dem Bau begonnen wird, bleibt fraglich. Der zuständige Ausschuss des Kreistages hat den Bau der Schule nun auch 2023 nur auf die Warteliste gesetzt.

Von Sina-Maria Schweikle, Poing/Grafing

"Die Gemüter kochen hoch in Poing und den umliegenden Gemeinden", sagt Andrea Lacour. Es ist erst der Beginn der Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses (KSA) - doch schon jetzt scheint festzustehen, welches Thema den Nachmittag bestimmen soll. Knapp zwei Wochen vor der nächsten Sitzung des Kreistages haben sich die Mitglieder des KSA im Saal des ehemaligen Ebersberger Kreissparkassengebäudes versammelt, um gemeinsam am Haushalt und besonders an den Investitionen des Landkreises zu arbeiten. Zwei große Brocken sind dabei die beiden geplanten Schulen im Landkreis: eine Berufsschule in Grafing sowie ein Gymnasium in Poing. Beide werden gewünscht, insofern könnte alles sehr einfach sein - wäre da nicht das Problem mit den Finanzen des Landkreises Ebersberg.

Die Gymnasien im Landkreis laufen über ihren Kapazitäten

"Das Gymnasium in Vaterstetten ist für eine Schülerzahl auf 1500 ausgelegt und zählt zu einem der Größten im Freistaat Bayern. Den Prognosen zufolge, steuern wir dort in absehbarer Zeit auf 2000 Schülerinnen und Schülern zu. Das sind zu viele ", sagt Landrat Robert Niedergesäß (CSU). Dass die Schulen im Landkreis am Rande ihrer Kapazitäten arbeiten, darüber herrscht Einigkeit. Doch was man wann und wie dagegen tun kann, darüber gibt es unterschiedliche Meinungen. Andrea Lacour, Veronika Neu und Martina Pillath sind nach Ebersberg gekommen, um die Interessensgruppe "Gymnasium Poing Jetzt!" vor dem Ausschuss zu vertreten. "Im Jahr 2024/25 wird es einen starken Anstieg der Schülerzahlen geben, hier braucht es bereits jetzt Lösungsansätze. Der Bau des bereits genehmigten Gymnasiums im Norden wäre eine Antwort", sagt Veronika Neu.

Dass der Landkreis Ebersberg ein fünftes Gymnasium bekommen soll, ist längst beschlossene Sache. In der Sitzung geht es deshalb nicht um "das Ja oder Nein, sondern um die Frage, wann der Bau beginnen soll", so Niedergesäß. Bereits im Jahr 2018 wurde das Gymnasium vom Kultusministerium genehmigt, doch seitdem hat sich wenig getan. Und auch jetzt, bei der aktuellen Beratung des Landkreishaushalts 2023, beschließen die Kreisräte keinen großen Fortschritt: Es werden keine Mittel für das Projekt eingestellt, es verbleibt aus finanziellen Gründen auf der Warteliste.

Die Zeit bis zu einer endgültigen Entscheidung soll dafür genutzt werden, die nächsten Schritte in Ruhe zu planen und zu beobachten, wie sich die gesamtwirtschaftliche Situation weiterentwickelt. Doch die Frage bleibt: Wann wird der erste Spatenstich tatsächlich erfolgen, und was ist bislang unternommen worden, um die Bauten endlich zu realisieren? "Wir kommen kleine Schritte weiter - aber wir leben in einer Phase der Unsicherheit, die auch Auswirkungen auf die Haushalte hat", antwortet Niedergesäß.

Für das Haushaltsjahr 2022 stehen die Prognosen schlecht

Und wahrlich: Betrachtet man die Haushaltszahlen, die in der Sitzung des Kreis- und Strategieausschusses vorgestellt werden, kann man den Eindruck gewinnen, dass sich der Landkreis Ebersberg in einer ziemlich unsicheren Lage befindet. "Insgesamt wird für das Haushaltsjahr 2022 eine negative Entwicklung des Gesamthaushaltes erwartet. Die geplanten Ergebnisüberschüsse können aus heutiger Sicht um bis zu 2,8 Millionen Euro niedriger ausfallen", heißt es in den Informationen über die Haushaltsentwicklungen 2022.

So unschön, so ungut. Denn die Erklärungen für die Differenz zwischen Soll und Ist liegen nach Kreiskämmerin Brigitte Keller und Landrat Niedergesäß zwar auf der Hand - aber der Weg aus der Misere scheint ein schwieriger. Denn die Corona-Pandemie, der russische Angriffskrieg und die daraus folgende Energiekrise stellen alle vor Herausforderungen - auch den Landkreis und seine gewählten Vertreter. Was aber bedeuten die finanziellen Tatsachen für die beiden geplanten Schulen im Landkreis und wie soll nun weiter vorgegangen werden? "Es wir nicht gelingen, beide Schulen zeitgleich zu bauen", sagt Robert Niedergesäß.

"Wir brauchen einen Zweckbau und müssen keinen Architekturpreis gewinnen"

Eine Priorisierung des Gymnasiums könnte ein möglicher erster Schritt sein - der Bau der Berufsschule solle dann aber zeitnah darauf erfolgen. Man sei nicht begeistert von den Zahlen aus der Machbarkeitsstudie, sagt Niedergesäß. "Wir brauchen einen Zweckbau und müssen keinen Architekturpreis gewinnen", sagt der Landrat. Die SPD würde sich einen schnellen Weg in die Planung und den Baubeginn wünschen. "Es sind alles Argumente der Angst", sagt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende und Poings Altbürgermeister Albert Hingerl. "Wenn wir jetzt nicht bauen, wann dann?" Zwar würde man in der Fraktion einsehen, wie schwierig die Situation sei. Dennoch sei es wichtig, mit dem Bau zu beginnen, bevor die restlichen Schulen sich mit weiteren Anbauten ausgeholfen hätten und steigende Zinsen und Baukosten die Politik nur noch weiter davon abhielten, die neuen Schulvorhaben umzusetzen, sagt Hingerl und plädiert für eine Solidarität der "kommunalen Familie".

Wie eng diese "kommunale Familie" überparteilich zusammensteht, ist an diesem Nachmittag im Sitzungssaal in vielen Bereichen erkennbar. Doch was den Umgang und Fortschritt bezüglich der Schulbauten für die Jugend angeht, bleiben viele Fragen offen. Ihre Beantwortung wurde nun mit drei Gegenstimmen auf das kommende Jahr vertagt.

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