Gymnasium Kirchseeon:Sozialkunde mit Betroffenen

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Auf dem Podium (von links): Doris Rauscher (SPD), Florian Siekmann (Grüne), Thomas Huber (CSU), Nikolaus Kraus (FW), die Moderatorinnen Magdalena Brilmayer und Sophia Spörl, Martin Hagen (FDP), Franz Bergmüller (AfD) und Martin Roßnagl von der Energie-Agentur. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Auf Einladung des P-Seminars "GymKi goes Politics" kommen Vertreter der Landtagsfraktionen zu einer Podiumsdiskussion über Energiepolitik zusammen - und einer höchst aufgeladenen politischen Debatte.

Von Alexandra Leuthner, Kirchseeon

Energiepolitik der Zukunft - unter den Themen in der aktuellen politischen Diskussion sicher eines der komplexesten. Dass sich das P-Seminar am Kirchseeoner Gymnasium ausgerechnet damit beschäftigt und zu einer Podiumsdiskussion eingeladen hat, war mutig, zumal Polit-Profis auf dem Podium saßen.

Umso gewissenhafter hatten sich die beiden Moderatorinnen Sophia Spörl und Magdalena Brilmayer darauf vorbereitet, alternative Kraftstoffe wie E-Fuels, Wasserstoff-Mobilität und den Ausbau erneuerbarer Energien zu thematisieren, aber auch kritische Fragen gestellt: Etwa, ob die Abschaffung der EEG-Umlage durch die aktuelle Regierung sinnvoll gewesen sei, oder die Entscheidung, die deutschen Atomkraftwerke abzuschalten - was grundsätzlich von allen auf dem Podium bis auf den Mann von der AfD mit "Ja" beantwortet wurde. Vom Vorsitzenden der Bayern-FDP Martin Hagen wollten sie wissen, warum seine Partei so auf E-Fuels setze, die doch so teuer seien, dass niemand sie bezahlen könne.

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Dass sie am Ende trotz guter Vorbereitung zu tun hatten, die Gesprächsführung in Händen zu behalten, weil die Diskussion emotional wurde, lag nicht zuletzt am Abgeordneten der Landtags-AfD Franz Bergmüller, der als Vertreter einer Partei, die den menschengemachten Klimawandel in Abrede stellt per se für viele Anwesende ein rotes Tuch darstellte.

Neben Franz Bergmüller von der AfD (rechts) musste auch der FDP-Politiker Martin Hagen einige Kritik einstecken. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch auch der FDP-Landtagsabgeordnete, der Vaterstettener Martin Hagen, musste sich kritischen Fragen aus dem Publikum stellen. Wie seine Partei fordern könne, die Energiesteuer auf Diesel und Benzin zu senken, wenn man doch fossile Energien einsparen wolle, wollte eine Oberstuflerin wissen. Hagen, der sich ein Laptop reichen ließ, um die entsprechenden Aussagen auf der Homepage seiner Partei nachzulesen, verwies auf den europäischen Emissionshandel und den dadurch erreichten Spareffekt, der das wieder ausbügeln solle. Man wolle aber durch die Abschaffung die Belastung des Einzelnen durch staatliche Einflussnahme reduzieren. Die Schülerin gab aber nicht nach: "Das läuft doch dem Ziel total entgegen, es wäre doch ein Anreiz für jeden, klimaneutral zu handeln, wenn man die Steuer bestehen lässt."

Zunächst jedoch hatte Martin Roßnagl von der Energieagentur Ebersberg zum Einsatz von E-Fuels, also alternativen Kraftstoffen für Verbrennermotoren, erklärt, dass sie allenfalls dann sinnvoll seien, wenn sie mithilfe erneuerbarer Energie hergestellt würden. Das gelte auch für Wasserstoffantriebe, die durchaus interessant für den Schwerlastbetrieb und die Industrie seien. Martin Hagen dagegen bezeichnete E-Fuels im Moment als alternativlos, noch gebe es 48 Millionen Verbrenner-Autos mit einer durchschnittlichen Lebensdauer von 18 Jahren in Deutschland. E-Fuels würden auch billiger werden, wenn erst einmal mehr davon produziert würden.

"Es wird weiter geflogen werden", sagt der Grüne Florian Siekmann

Was der Grünen-Abgeordnete Florian Siekmann in Frage stellte, schon allein, weil nicht genug davon produziert werden könnten, und die müssten dann dort eingesetzt werden, wo es gar keine Alternative zu fossilen Treibstoffen gebe wie im Flugverkehr. "Es wird weiter geflogen werden."

Thomas Huber, Grafinger CSU-Landtagsabgeordneter, zeigte sich als Befürworter des Wasserstoffantriebs. Der werde künftig eine bedeutende Rolle spielen. Bayern investiere bereits mit dem Zentrum Wasserstoff Bayern (H2.B) in Forschungsinitiativen, "um rasch eine führende Rolle weltweit" einnehmen zu können. Eine erste Wasserstofftankstelle werde im August oder September in Glonn beim Busunternehmen Ettenhuber eingerichtet, als Baustein einer landkreisweiten Wasserstoffinfrastruktur.

Früher habe man die Zähne nicht mit Elektrozahnbürsten geputzt, merkt der Mann von den Freien Wählern an

Ähnlich sah das auch der Vertreter der Freien Wähler Nikolaus Kraus aus Ismaning - trotz der Frage der Moderatorinnen nach der schwierigen Entsorgung von Wasserstoffmodulen. Da werde es sicher weitere Entwicklungen geben, so Kraus. Überdies plädierte er dafür, grundsätzlich weniger Energie zu verbrauchen - früher habe man sich die Zähne nicht mit Elektrozahnbürsten geputzt, rief er den Schülern zu.

SPD-Landtagsabgeordnete Doris Rauscher aus Ebersberg warb dafür, das Augenmerk stärker auf Flexibilität in der Abrufbarkeit von Energie zu legen, etwa gespeicherten Strom von einem Auto zum anderen übertragen zu können. Auch das Thema alternative Mobilität werde immer wichtiger, also Share-Modelle und öffentliche Verkehrsmittel. "Der Gedanke, sich stärker vom eigenen Fahrzeug zu lösen, wird wichtiger." Sie warb für ein klares Bekenntnis zu erneuerbaren Energien und rief AfD-Mann Bergmüller zu. "Wir machen das nicht aus Jux und Dollerei, sondern weil wir den Klimawandel zu bekämpfen haben."

Bergmüller hatte schon zuvor erklärt, seine Partei sei für einen Weiterbetrieb und intensive Forschung für eine weitere Atomkraftnutzung, auch von ideologisch aufgesetztem Klimawandel hatte er gesprochen und, mit schweren Vorwürfen aus dem Publikum konfrontiert, erklärt, die "Sanktionspolitik" gegen Russland habe im Hinblick auf die Teuerung der Energie der deutschen Bevölkerung mehr geschadet als Russland mit seinem Krieg. Was nicht zuletzt Thomas Huber auf die Palme brachte und - neben der abgelaufenen Zeit - die Moderatorinnen nötigte, die Veranstaltung möglichst rasch zu beenden.

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