Lockerungen im Kreis Ebersberg:"Die Gastwirte sind da sehr findig"

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Josef Köll (links) und Jan Köhnen besprechen mit Wirtin Bettina Hofstetter, wie die Vorgaben umgesetzt wurden. (Foto: Barbara Mooser/oh)

Die Gastronomen im Landkreis Ebersberg müssen in der Corona-Pandemie viele neue Regeln umsetzen. Fachleute des Landratsamts beraten.

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Am Ende wandern alle geschlossen zum Eingang hinaus. Dabei hat sich Wirtin Bettina Hofstetter so ins Zeug gelegt: auf dem Boden, auf Schildern - überall markieren Pfeile den Einbahn-Parcours, den Gäste in ihrem Wirtshaus "Zur Gass" eigentlich einschlagen sollen. Ein bisschen schimpft die Wirtin, aber ganz ernst meint sie das nicht. Denn Restaurantbetrieb herrscht an diesem regnerischen Dienstagmorgen noch nicht: Statt dessen hat sie Besuch vom Landratsamt, das an ihrem Betrieb zeigen will, wie die vielen komplizierten und sich ständig ändernden Regeln für die Gastronomie in der Corona-Pandemie vorbildlich umgesetzt werden.

Auch stellvertretender Landrat Walter Brilmayer ist gekommen, von ihm gibt es großes Lob: "Sehr korrekt und genau" hätten Bettina Hofstetter und ihr Team gearbeitet, dies sei wichtig, damit die Gaststätten nach der langen Schließungsphase auch weiterhin offen bleiben könnten, sagt Brilmayer - und verspricht, dass er auch selbst bald mal wieder zum Essen vorbeischauen wird.

Jan Köhnen und Josef Köll, die im Sachgebiet "Öffentliche Sicherheit, Gemeinden" für den Schwerpunkt Gaststätten- und Lebensmittelrecht zuständig sind, sehen sich mit fachkundigem Blick um und weisen darauf hin, was die Wirtin alles richtig gemacht hat: Schon auf dem Parkplatz machen Schilder darauf aufmerksam, dass die Gäste Abstand halten sollen, neben der Tür werden sie auf einem weiteren Schild mit dem Hinweis begrüßt, dass das Personal sich gleich um sie kümmern wird. Wer mag, kann sich gleich am Eingang die Hände desinfizieren, alles Nötige steht hier auf einem kleinen Tischchen bereit. Gelb-schwarze Klebebänder auf dem Boden weisen den Weg durch die Wirtschaft, eine Einbahnregelung hat man sich hier ausgedacht. Auch wer auf die Toilette will, muss erst mal einen kleinen Umweg nach draußen einschlagen, das soll verhindern, dass Gäste auf dem Weg von und zu den Sanitärräumen zu eng aneinander vorbei müssen.

Im Wirtshaus "Zur Gass" hat sich einiges geändert. (Foto: Barbara Mooser/oh)

Nur ein einziges Detail passt Köll nicht. Die blau bespannten Trennwände, die dort aufgestellt sind, wo einander die Gäste möglicherweise zu nahe kommen könnten, sind eigentlich nicht hoch genug. "Sie müssten eine Oberkante von zwei Metern haben", sagt er. Er weiß aber auch, woran es liegt, dass sie im Wirtshaus "Zur Gass" Exemplare angeschafft haben, die ein wenig zu niedrig sind. Denn hier hat man sich besonders schnell bemüht, auf aktuelle Anforderungen zu reagieren und die idyllisch gelegene Gaststätte wieder auf Besucher vorzubereiten - und als sie ihr Konzept fertig hatten, hatten sich auch die Vorgaben schon wieder teilweise geändert.

Die Abstandsregeln sind gut ausgeschildert. (Foto: Barbara Mooser/oh)

Dass es nicht leicht ist, hier den Überblick zu bewahren, räumen auch die beiden Fachleute aus dem Landratsamt freimütig ein. Dennoch seien Gastronomen und andere Geschäftsleute verpflichtet, sich ständig über die aktuellen Regelungen zu informieren. Nicht jeder sieht das ein, weshalb Köhnen und Köll davon berichten, dass sie immer wieder schimpfende Wirte am Hörer haben, die erst einmal loswerden wollen, dass das alles mit diesen Vorgaben ja gar nicht gehe und überhaupt, und dass ihnen das jetzt langsam auch wurscht sei. Wenn der erste Ärger verraucht ist und der Dialog etwas ruhiger wird, wenn die Fachleute vielleicht sogar mal im Betrieb vorbei schauen und mit den Wirten selbst die Örtlichkeit inspizieren, dann stellt sich meist doch heraus, dass sich durchaus Lösungen finden lassen.

Markierungen auf dem Boden und Wegweiser zeigen den Gästen, wo es lang geht. (Foto: Barbara Mooser/oh)

"Die Gastwirte sind da sehr findig", erzählt Köll. In einer Eisdiele im Landkreis beispielsweise, wo zu den Sanitärräumen im Keller nur eine enge Treppe führt, hat der Inhaber so eine Art Ampel einbauen lassen: So sieht der Gast gleich oben, ob der Weg für ihn frei ist.

Eine Ampel hat Bettina Hofstetter zwar nirgends, aber auch in ihrem Lokal hat sich so einiges geändert. Ein bisschen ungemütlicher ist es geworden, Kissen auf den Bänken sind beispielsweise nicht mehr erlaubt, und alle halbe Stunde reißt sie Türen und Fenster auf, um durchzulüften. Größere Stammtischrunden treffen sich momentan hier nicht mehr, das dürfen sie auch gar nicht. Die Zahl der Sitzplätze musste auf 40 halbiert werden, und selbst die sind meist nicht alle besetzt, weil meist an jedem Tisch eh nur zwei Leute sitzen, wie Hofstetter festgestellt hat. Die Gäste reagieren auf die Corona-Sicherheitsvorkehrungen unterschiedlich: "Manche sind sehr verständnisvoll, andere sagen, so genau muss man es auch wieder nicht nehmen", erzählt die Wirtin.

Bei Köhnen und Köll rufen eher die an, die finden, dass man es genau nehmen muss. Gerade am Anfang gab es sehr viele Hinweise darauf, dass in Betrieben Gäste oder Mitarbeiten keinen Mund-Nasen-Schutz trügen, erzählen sie. Vor allem Beschwerden von Gästen kamen da herein, immer wieder aber kam es auch vor, dass ein Gastwirt über den anderen klagte. Allerdings befasst sich das Landratsamt nicht nur mit Unternehmen und Betrieben, es ist im Zusammenhang mit den Corona-Regelungen die allgemeine Bußgeldstelle. Insgesamt knapp 440 Anzeigen haben die Fachleute dort mittlerweile bearbeitet, in den meisten Fällen ging es um Verstöße gegen Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen. Die Verstöße im gewerblichen Bereich beliefen sich auf einen niedrigen einstelligen Prozentbereich, sagt Köhnen.

Beschwerden gab es anfangs auch zum Ebersberger Aldi, wo das Team vom Landratsamt als nächstes vorbei schaut. Hier trugen die Mitarbeiter teilweise Gesichtsvisiere statt der vorgeschriebenen Mund-Nasen-Masken. Kurzzeitig hatte zwar das zuständige Ministerium die Visiere erlaubt, dann aber einen Kurswechsel eingeschlagen. Inzwischen sind die Aldi-Mitarbeiter längst vorschriftsmäßig ausgestattet, und auch sonst bekommt Regionalverkaufsleiter Alexander Hoven nur Positives von seinen Besuchern vom Landratsamt zu hören. Wie in vielen anderen Läden auch wird die Besucherzahl dadurch gesteuert, dass jeder sich einen Einkaufswagen nehmen muss. Ist keiner mehr übrig, schließt die Filiale kurzzeitig ihren Eingang. Das ist auch die Hauptanforderung an die Geschäftsleute: dass nicht zu viele Kunden im Laden sind und diese sich nicht zu nahe kommen.

Desinfektionsmittel am Eingang, Abstandsmarker auf dem Boden, Plexiglasscheiben vor den Kassen - das alles sind Maßnahmen, die bei Aldi freiwillig zusätzlich ergriffen werden, aber nicht vorgeschrieben sind. Gerade die Möglichkeit, die Griffe des Einkaufswagens, auf die viele andere ihre Hände schon gelegt haben, zu desinfizieren, werde aber von Kunden dankbar registriert, sagt Köll: "Es gibt genügend, die meinten, das hätten sie sich auch vorher schon gewünscht."

© SZ vom 12.06.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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