US-Wahl:Das sagen Amerikaner aus dem Landkreis Ebersberg

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An diesem Dienstag wird der neue Präsident der USA gewählt. Auch einige Amerikaner aus dem Landkreis Ebersberg haben ihre Stimme abgegeben.

Von Nathalie Stenger, Ebersberg

Also zum jetzigen Präsidenten kann ich gar nichts sagen. Ich nenne ihn immer nur Nummer 45 und ich finde, er ist der absolut schlechteste Präsident, den wir je hatten." Das sind die Worte von Janet Day-Strehlow, einer Amerikanerin aus Pliening, als man sie auf die Präsidentschaftswahl an diesem Dienstag in den USA anspricht. Der Republikaner Donald Trump gegen den Demokraten Joe Biden. Nicht nur registrierte Bürgerinnen und Bürger mit Wohnort in den Vereinigten Staaten dürfen ihre Stimme abgeben. Auch im Ausland lebende Amerikaner können wählen, vorausgesetzt sie haben ihre Unterlagen für die Briefwahl rechtzeitig angefordert. So wie Janet Day-Strehlow eben. Die Plieningerin gehört zu den 237 aktuell im Landkreis Ebersberg gemeldeten amerikanischen Staatsangehörigen, die wahlberechtigt sind.

"Ja, ich habe schon gewählt", sagt sie, "und den Wahlzettel auch schon getrackt, er ist eingegangen." Die 65-Jährige kommt ursprünglich aus dem Bundesstaat Virginia, seit 1997 lebt sie in Pliening. Ihrer Aussage nach sei Trump das schlimmste, was Amerika passieren konnte. "Er bringt das Land noch zu einem Bürgerkrieg, wenn das so weitergeht." Biden aber, der sei grundsätzlich ein Mensch. Day-Strehlow muss lachen, "das ist extrem wichtig, dass ein Präsident Empathie hat und Respekt vor anderen Meinungen und vor der Verfassung. "Biden ist kein Bully - er ist Diplomat, hat viele Erfahrungen als Vizepräsident unter Obama gemacht." Es gebe eine gute Basis, um einige Sachen zu reparieren, wenn auch nicht über Nacht.

Über Mike Pence, den aktuellen Vizepräsidenten will sie ebenso wenig sprechen wie über dessen Chef. "Ich nenne ihn den weißen Teufel. Pence ist ähnlich, vielleicht sogar noch schlimmer als Nummer 45." Kamala Harris, die als Vizepräsidenten für Biden kandidiere, hingegen habe alles, "was wir für eine Vizepräsidentin brauchen: Sie ist erfahren und kann gut kommunizieren". Janet Day-Strehlow, die Mitglied von Democrats Abroad ist, hofft nicht nur auf einen Wahlerfolg von Joe Biden, sie gehe angesichts der Briefwahlbeteiligung gar von einem Erdrutschsieg aus.

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Vier Amerikaner, eine Meinung: Janet Day-Strehlow, ...

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... Emily Frömel, ...

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... John Axenböck und ...

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... Martin Unger lassen kein gutes Haar an Donald Trump - und hoffen auf Joe Biden.

Ebenfalls aus Pliening kommt John Axenböck. Mit der doppelten Staatsbürgerschaft für Österreich und Amerika hat auch er gewählt. Er halte nichts von Trump, heißt es von dem 53-Jährigen, "die Überraschung vor vier Jahren wurde zum Alptraum". Der einzige Nachteil für Biden sei sein Alter. In diesem Zuge hätten wohl auch ein paar republikanisch eingestellte Amerikaner Bedenken, dass in Kamala Harris eine Frau an die Macht kommen könnte, "da hatten sie damals schon mit Hillary ein Problem". Wenn es nach Axenböck geht, gewinnt Biden. "Nur eine eindeutige Abwahl wäre gut", so der 53-Jährige, "bei einem engen Wahlausgang findet man sonst schon etwas für eine Wahlwiederholung."

Auf der Suche nach Amerikanerinnen und Amerikanern im Landkreis stößt man auf welche, die anonym bleiben oder gar keine Aussagen machen möchten. Und diejenigen, die man erreicht, vertreten mehr oder weniger die gleichen Ansichten. "Es ist auch ein Thema, das Familien spaltet", sagt Lea Kissinger, "ich verstehe voll, dass man nichts dazu sagen möchte." Die 20-Jährige aus Ebersberg gehört zu den 51 Bürgerinnen und Bürgern aus der Kreisstadt, die einen amerikanischen Pass besitzen. "Ich persönlich kenne Leute in alle Richtungen: Manche wählen Trump, andere Biden. Vielen finden aber beide nicht gut und wählen deshalb aus Protest nicht." Sie könne anhand ihres Bekanntenkreis keine Tendenzen zum Wahlergebnis ausmachen. "Es wird extrem knapp", so die Studentin, die ihre Stimme per Briefwahl bereits abgegeben hat.

Was sie denn von den Kandidaten halte? Lea Kissinger beginnt mit Trump. "Das sagt jetzt zwar politisch nicht viel aus, aber er ist mir an und für sich schon kein sympathischer Mensch. Trump ist sehr schlecht einzuschätzen, er rudert viel zurück und tritt Leuten auf die Füße." Gerade im Umgang mit der Coronapandemie habe sich der Präsident ihrer Meinung nach total verschätzt. "Er übernimmt keine Verantwortung für seine Taten und wird bei Anfeindungen sehr schnell persönlich." Ihr Fazit: "Ich halte ihn nicht für vertrauenswürdig." Sein Herausforderer allerdings sei für die 20-Jährige ebenso nicht der perfekte Kandidat: "Frauen betreffend ist auch Biden kein unbeschriebenes Blatt", sagt die Ebersbergerin, "auch ihm wird Missbrauch vorgeworfen." Im Gegensatz zu Trump habe Biden aber zumindest politische Erfahrung und er wirke ausgeglichener. "Ich weiß, dass Trump durch sein Handeln mit Covid und der Black-Lives-Matter-Bewegung einiges an Popularität verloren hat", so die Studentin. "Allerdings gibt es ja dennoch Leute, die ihn als Person und seine Agenda unterstützen."

Die Amerikanerin Emily Frömel aus Kirchseeon - sie ist die stellvertretende Vorsitzende der Democrats Abroad in München - macht es kurz und knapp: "Ich unterstütze Biden und Harris, habe aber keine Ahnung, wie diese Wahl enden wird." Sie hoffe aber auf einen erdrutschgleichen Sieg für die Demokraten. Ihre Wahlunterlagen haben etwa drei Wochen nach New York gebraucht, sagt sie, "bevor es Probleme mit der amerikanischen Post gab, dauerte so etwas nur eine Woche". Frömel hat einen klaren Standpunkt: "Ich supporte Biden und Harris, weil ich das Gefühl habe, sie haben einen Plan für das Land. Und Amerika braucht einen Plan, für ein Gesundheitssystem, für Covid-19, die Liste ist endlos. Und wenn man Trump zuhört", so Frömel weiter, "wirkt er nicht so als habe er einen. Für sich selbst ja, aber nicht für die Zukunft." Trump wolle die Wirtschaft wieder öffnen, an dieser Stelle frage sie sich: "Wann sind 200 000 Tote durch Covid-19 zu viele?"

Die Wahlnacht wird sie wie alle Democrats Abroad vor dem Fernseher verbringen, so die 45-Jährige, und die Stimmauszählungen mitverfolgen. "Eigentlich war ein gemeinsames Mittagessen nach dem Wahltag geplant, nun wird es wohl ein Onlinetreffen." Sie wolle auch die Reaktion der Demokraten in den USA abwarten. "Für den Fall, dass sie sagen, wir sollen Protest gegen das Ergebnis einlegen, wird man von uns hören."

Einer der nicht gewählt hat, ist Martin Unger aus Aßling. "Habe ich noch nie", sagt er. Auskennen tut er sich dennoch: Der Musikmanager hat die doppelte Staatsbürgerschaft, als Sohn eines ehemaligen US-Soldaten und einer Berliner Mutter, sei er, "mit zwei Mentalitäten aufgewachsen". Der 62-Jährige hat eine klare Haltung zu dem amtierenden Staatsoberhaupt: "Wenn ich mir die Vorgängerpräsidenten anschaue", so Unger, "also Obama, Clinton und Bush, da hat sich niemals jemand so aufgeführt wie Trump jetzt. Er überwirft sich mit der ganzen Welt! Und der Status der USA war noch niemals so schlecht wie heute."

Unger, der durch die Nähe zur US-Kaserne in Bad Aibling viele Jahre seiner Kindheit mit amerikanischen Familien verbracht hat, spricht von einem "riesengroßen Kasperltheater in den Staaten". Trump sehe die Präsidentschaft nicht als Amt, worauf man einen Eid schwöre, so der Musikmanager weiter, stattdessen betrachte er seine Aufgabe als Geschäft. Joe Biden allerdings wäre laut Martin Unger "eine gute Veränderung für die USA", alles sei besser als weitere vier Jahre mit Donald Trump. Wer gewinnen wird? "Das ist unheimlich schwer zu sagen", so der Aßlinger. "Das Misstrauen Trump gegenüber ist zumindest gewachsen." Er möchte aber auch kein Gewicht auf die Umfragen legen. Und selbst wenn, so vermute Unger, "dass Trump nicht freiwillig gehen wird".

© SZ vom 03.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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