Wirtschaft im Landkreis Ebersberg:Das Geld geht aus

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Ist noch genug in der Firmenkasse? Eine Frage, die bei immer mehr Unternehmen im Landkreis mit Nein beantwortet wird. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

Zum zweiten Mal in Folge ist die Zahl der Unternehmensinsolvenzen im Landkreis gestiegen. Die Corona-Pandemie ist dafür in mehrfacher Hinsicht verantwortlich - aber nicht nur.

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Immer mehr Unternehmen im Landkreis geht das Geld aus. Diese Schlussfolgerung ergibt sich aus aktuellen Zahlen des Statistischen Landesamtes. Demnach hatte es im Pandemiejahr 2020 eine rekordverdächtig niedrige Anzahl an Unternehmensinsolvenzen gegeben, seit 2021 nimmt die Zahl indes wieder zu. Im vergangenen Jahr übertraf sie sogar den Wert von 2019. Bemerkenswert ist aber auch, dass die Summe der im Raum stehenden Forderungen noch viel deutlicher gestiegen ist: Für 2022 beträgt sie 15,6 Millionen Euro, das ist der zweithöchste Wert in den vergangenen zehn Jahren.

Insgesamt 21 Unternehmen mit Sitz im Landkreis Ebersberg stellten im vergangenen Jahr einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Das waren vier mehr, als ein Jahr zuvor und sogar 15 mehr als 2020. Wobei dieses erste Pandemie-Jahr ein Ausreißer in der Statistik ist: In den vergangenen zehn Jahren schwankte die Zahl der beantragten Insolvenzen stets um den Wert von 20 - das ist auch genau die Zahl des letzten Vor-Corona-Jahres 2019.

Die Gesamtsumme der Forderungen hat sich im Jahresvergleich etwa versiebenfacht

Etwas mehr Schwankung gab es stets bei den dann tatsächlich eröffneten Insolvenzverfahren, da immer einige Anträge mangels Masse abgewiesen werden. Das kommt vor, wenn nicht einmal mehr genügend Liquidität vorhanden ist, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu decken. So wurden etwa im Jahr 2013 von 25 beantragten Verfahren elf abgelehnt, auch von den 2020 beantragten sechs wurden am Ende nur vier eröffnet. 2021 waren es zehn und im vorigen Jahr 17, das ist noch eines weniger als 2019.

Der voraussichtliche Wert der Forderungen hat sich dagegen im vergangenen Jahr im Vergleich mit den beiden Pandemie-Jahren - 2,3 Millionen Euro waren es 2020, ein Jahr darauf 2,2 Millionen - gut versiebenfacht, er liegt auch um einiges über jenem des letzten Vor-Corona Jahres mit sechs Millionen Euro. Zweistellig war die Gesamtsumme der Forderungen lediglich in den Jahren 2016 mit 13,3 Millionen Euro, 2014 mit 15,4 und 2012 mit 19,7 Millionen Euro, der höchste Wert der Dekade.

Eine mögliche Erklärung sowohl für die Entwicklung der Fallzahlen wie der Forderungssumme hat Sonja Ziegltrum, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses für den Landkreis Ebersberg. Im Jahr 2020 habe es noch der eine oder andere Betrieb dank der Corona-Hilfen geschafft, eine Insolvenz abzuwenden. Als diese ausgelaufen waren, hätten sich einige Firmen zunächst mit Krediten beholfen - was, als sich die wirtschaftliche Lage dann aber nicht gebessert habe, zu diesen hohen Forderungen geführt haben könnte.

Sonja Ziegltrum, Vorsitzende des IHK-Regionalausschusses Ebersberg. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Derzeit besonders unter Druck ist nach Einschätzung der IHK-Kreisvorsitzenden der Handel - mit Ausnahme von Lebensmitteln. Denn durch die aktuell immer noch hohe Inflation, die sich bei den Waren des täglichen Bedarfs oder auch Energiekosten bemerkbar macht, "fehlt den Kunden das Geld anderswo". So würden Ausgaben, die sich schieben oder sparen lassen, nicht getätigt - und das seien oftmals gerade jene, die dem Handel dann fehlten.

Dabei zeigten die Insolvenzen lediglich einen Teil des Problems, den es in manchen Bereichen der Wirtschaft gerade gebe, so Ziegltrum. Denn immer öfter komme es auch zu Geschäftsaufgaben, die nicht direkt damit zu tun hätten, dass das Geld fehlt - sondern das Personal. Davon sei ebenfalls der Handel stark betroffen, aber auch die Gastronomie. Das sei ebenfalls eine Folge von Corona, so Ziegltrum, während der Schließungen hätten sich eben viele Mitarbeiter andere Jobs gesucht - und solche auch gefunden.

Zu guter Letzt gehe auch die Zahl der Selbständigen zurück - auch das habe mit der aktuellen Wirtschaftslage zu tun: Viele würden ihr eigenes Geschäft aufgeben, wenn sie dafür eine Festanstellung bekommen könnten, so Ziegltrum.

Immerhin: Die Zahl der Privatinsolvenzen geht im Landkreis wieder zurück

Insgesamt - das ist die ein bisschen positive Nachricht - sinkt die Zahl der Insolvenzen im Landkreis etwas, nämlich von 84 im Jahr 2021 auf 73 im vergangenen Jahr. Auch hier lag der niedrigste Wert im ersten Corona-Jahr mit 40, aber auch im Dekaden-Vergleich bewegen sich die Insolvenzen derzeit auf einem eher niedrigen Stand. Am meisten gab es 2016 mit 132, in diesem Jahr lag auch die Zahl der Privatinsolvenzen mit 65 auf einem sehr hohen Wert.

Bereits seit 2017 geht die Zahl der sogenannten Verbraucherinsolvenzen indes zurück, damals waren 44 Personen aus dem Landkreis offiziell zahlungsunfähig, 2019 noch 33 - im Jahr 2020 gab es nur noch 15 Anträge auf eine Privatinsolvenz. Nach einem leichten Anstieg auf 41 im Jahr 2021 ist dieser Wert wieder gesunken, 31 Anträge wurden für das vergangene Jahr im Landkreis gestellt. Auch die Summe der Forderungen ist im Jahresvergleich deutlich gesunken, von 3,4 auf 1,2 Millionen Euro.

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