Neues Portal:Coronakrise: Kirchseeoner Startup will Arbeitskräfte besser vernetzen

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"My Jopportunity" aus Kirchseeon diente ursprünglich dazu, leichter an Fachleute im Bereich Agrar und Tiermedizin zu kommen.

Von Andreas Junkmann, Kirchseeon

Wie alle Bereiche des täglichen Lebens, stellt die Corona-Krise auch die Arbeitswelt vor gewaltige Herausforderungen. Während in manchen Branchen die Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden, ist andernorts der Personalmangel größer denn je. Diese beiden Gemengelagen versucht ein Kirchseeoner Startup nun auf einer neu gegründeten Plattform zusammenführen. Ursprünglich wollte das Unternehmen mit seinem Tool die Akquise von Fachkräften im Bereich der Tiermedizin und der Agrarbranche erleichtern. Nun hat man die Webseite an die Bedürfnisse in der Corona-Pandemie angepasst.

Ein kleiner roter Pfeil auf der Landkarte direkt über Kirchseeon verweist auf das Angebot eines Jobsuchenden: Als Interimsmitarbeiter, Freiwilliger, Erntehelfer oder Saisonkraft könnte die Person maximal acht Stunden pro Woche bei einem Betrieb in der Region mit anpacken, bevorzugt am Montag, Dienstag und Mittwoch, Führerschein ist vorhanden. Was zunächst noch ein Testlauf zur Überprüfung der Funktionstüchtigkeit der Internetseite war, könnte bald schon ganz real werden. Noch sind es zwar nicht viele solcher Markierungen, die auf der Plattform www.my-jopportunity.com aufploppen. Wenn es nach Gründerin Katja Ritterbusch geht, soll sich das in den nächsten Wochen aber ändern. Sie stellt ihre Seite nun vorübergehend als ein Werkzeug zur branchenübergreifenden regionalen Vernetzung von Corona-Helfern zur Verfügung. "Auch wir wollen unseren Beitrag leisten", sagt die Tierärztin und Betriebswirtin.

Ursprünglich war das Ziel der Plattform selbstverständlich ein anderes. Als Ritterbusch und ihre Mitstreiterin Victoria Empl - die ebenfalls Tierärztin und zusätzlich Agrarwissenschaftlerin ist - vor etwa anderthalb Jahren die Idee zu deren Entwicklung hatten, war Corona nicht mehr als der Markenname einer mexikanischen Brauerei. Bei "My Jopportunity" sollte es um die Vereinfachung der Personalakquise in der Tiermedizin sowie in den Bereichen Agrar und Food gehen. "Wir haben in unserer Branche einen großen Fachkräftemangel", so Ritterbusch. Durch eine digitalisierte branchenspezifische Stellenbörse verspreche man sich deshalb eine leichtere Kontaktaufnahme zwischen Betrieben und qualifiziertem Personal. Ein Talente-Pool soll zusätzlich dafür sorgen, dass auch Studierende bereits mit potenziellen Arbeitgebern in Kontakt treten können.

Nun haben die Entwicklerinnen angesichts der Corona-Pandemie das Angebot der Plattform angepasst. Zwar soll diese weiterhin ein digitaler Treffpunkt für alle Fachkräfte der Tiergesundheits- und Agrarbranche sein, jetzt aber auch verstärkt für "flexible Lösungen und temporäre Jobs" zur Verfügung stehen, wie es auf der Website heißt. Darunter fallen in der ursprünglichen Konzeption vor allem zeitlich befristete Tätigkeiten wie Praktika oder die Mitarbeit bei Projekten. Während der Corona-Krise soll diese Vernetzungsoption nun vorübergehend aber für alle Bereiche offen sein, in denen durch das Virus zusätzlicher Personalmangel entstanden ist. Ritterbusch zählt dazu etwa Tafeln, Nachbarschaftshilfen, medizinische Labore, Gemüsebauern, Landwirte, Supermärkte und andere karitative Einrichtungen, die nun einen Mehrbedarf an Helfern haben. Solche Betriebe oder Einrichtungen können ihr Gesuch kostenfrei auf die Plattform stellen.

Das Angebot funktioniert aber auch aus der anderen Richtung. Wer zum Beispiel von seiner Firma in Kurzarbeit geschickt worden ist, darf eine systemrelevante Nebentätigkeit annehmen, ohne dass Abstriche beim Kurzarbeitergeld drohen - etwa als Erntehelfer einspringen. Entsprechende Inserate können Interessierte ebenfalls kostenlos auf der Plattform erstellen und mit den Betrieben direkt in Kontakt treten. Wer wo Hilfe braucht beziehungsweise anbietet, wird auf einer interaktiven Karte dargestellt. Obwohl "My Jopportunity" seinen Sitz in Kirchseeon hat, ist das Angebot aber nicht auf den Landkreis Ebersberg begrenzt, sondern im gesamten deutschsprachigen Raum verfügbar.

Laut Katja Ritterbusch versteht man sich allerdings dennoch nicht als eine klassische Tauschbörse, auf der alle möglichen Inserate eingestellt werden können. Man wolle grundsätzlich weiterhin branchennah arbeiten, also die Bereiche Tiermedizin, Agrarwirtschaft und Ernährung bedienen - und dort nun verstärkt kurzfristig entstandene Bedarfe abdecken. Damit das reibungslos funktioniert, wird derzeit noch im laufenden Betrieb an der Plattform gefeilt. Diese sollte laut ursprünglichem Plan im April in ihrer eigentlich angedachten Konzeption starten. Doch dann kam Corona. Inzwischen aber steht die Basis, um Betriebe und Arbeitssuchende auf schnellem Wege zusammenzubringen und Nachfrage und Angebot an einem virtuellen Ort zu bündeln.

© SZ vom 22.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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