Bauprojekte:Stadt Grafing ebnet Weg für neuen Wohnraum

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Ein grafischer Überblick über die großen Grafinger Baulandprojekte der jüngeren Vergangenheit - und absehbaren Zukunft.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Als der Grafinger Stadtrat vor der Sommerpause die Rückmeldungen aus der Bürgerschaft zum neuen Baugebiet "Am Dobel West"/"Dobelklause" durchzugehen hatte, war von Zustimmung keine Spur zu finden. "Bebauungsdichte, Abstandsflächen und Grünflächen wurden bei diesem Bebauungsplan größtenteils ignoriert", befanden die Anwohner in einer Sammeleinwendung. Vom zusätzlichen Verkehr ganz zu schweigen. Kritik von fast 80 Nachbarn ackerte das Gremium an dem Abend durch - und wies fast alle davon zurück.

Ein paar Wochen vorher hatte der Bebauungsplan "Schönblick-Nord" auf den Tischen gelegen. Auch da gab es aus der Anwohnerschaft praktisch ausschließlich Klagen. "Die Stadt wächst unkoordiniert weiter, allerdings nicht für Einheimische, sondern nur durch Zuzug von Auswärtigen, die sich die Preise leisten können", beklagte sich ein Nachbar im Stadtrat. Der wiederum sah sich der Versorgung von zumindest halbwegs günstigem Wohnraum verpflichtet. Auch die meisten Einwände gegen eben diesen Bebauungsplan wies das Gremium zurück.

In der Bauausschusssitzung am Dienstag bog nun das nächste größere Grafinger Bauvorhaben in die Planungsphase. Ein Grundstückstausch mit dem Freistaat Bayern soll die Basis legen, um zwei weitere Areale für die Bebauung fit zu machen: Das ehemalige Bauhofgrundstück an der Von-Hazzi-Straße. Und die "Aiblinger Anger II"-Erweiterung an der Pfarrer-Aigner-Straße.

Ein Überblick über die größeren Grafinger Baulandprojekte der jüngeren Vergangenheit - und absehbaren Zukunft:

Ehemaliges BayWa-Gelände

Keine fünf Minuten durch die Grafinger "Gangerl" zu Fuß zum Marktplatz. Der Bahnhof ist nur ein Steinwurf entfernt. Kein Wunder, dass sich nach dem BayWa-Auszug schnell ein Bauträger fand, der gleich das gesamte Gelände kaufte. Sechs Vollgeschosse hätte er in die Höhe bauen dürfen und wegen der massiven früheren BayWa-Halle eine extreme Baudichte auf den Boden bekommen. Im Jahr 2014 grätschten Rathaus und Stadtrat dazwischen und starteten ein förmliches Bauleitplanverfahren. Dieses deckelte die Bauhöhe auf vier Vollgeschosse und reduzierte die erlaubte bebaute Fläche um etwa ein Drittel.

Altes Bäckerei-Scholz-Gelände

Wer dieser Tage die Wasserburger Straße gen Norden fährt und auf Höhe des Goetherings nach Westen schaut, sieht Leute beim Gärten herrichten. "Das, was dort baulich passiert ist, war Innenverdichtung pur", sagt Bauamtsleiter Josef Niedermaier. Das alte Bäckereigelände wurde plattgemacht, ein Bauträger errichtete mehr als 30 Wohnungen darauf. Gerne hätte er einige weitere geplant und die Gebäude um ein viertes Stockwerk erhöht. Doch der Stadtrat versagte es ihm.

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Aiblinger Anger I

Die Aufstellung des Bebauungsplans "Aiblinger Anger" südlich vom Aldi-Markt bedeutete im Jahr 2015 das erste größere Grafinger Neubaugebiet am Stadtrand nach langer Zeit. Mit seinen 14 Reihenhäusern sowie ungefähr 90 Wohnungen war und ist der "Aiblinger Anger" alles andere als eine kleine Nummer. Perspektivisch können sich im Bauamt und Stadtrat viele eine Erweiterung des Baugebiets in Richtung Westen vorstellen. Als dessen Westgrenze wiederum könnte dann die "St2089" etwa auf Höhe des Sanftlrings geradewegs nach Norden an die Glonner Straße durchstechen. Aber das ist, Stand heute, noch als Zukunftsmusik aus der Ferne zu hören.

Aiblinger Anger II, Alter Bauhof

Die beiden Areale liegen zwar Luftlinie mehrere hundert Meter auseinander - gehören aber dennoch zusammen: Die bereits erschlossene Fläche neben dem gerade fertigen Wohngebiet Aiblinger Anger I. Und das ehemalige Bauhofgrundstück an der Von-Hazzi-Straße. Der "Aiblinger Anger II" befindet sich vollständig im Eigentum der Stadt. Das Von-Hazzi-Grundstück dagegen nur zu zwei Dritteln. Der Rest gehört dem Freistaat Bayern.

Von der CSU kam eine Idee, die jetzt auch so umgesetzt werden soll: Ein Teil des Freistaat-Grundstücks soll mit einem Teil des Aiblinger Angers getauscht werden. So kann Grafing beide Areale entwickeln. Einen Satzungsbeschluss will der Stadtrat in der ersten Jahreshälfte 2022 fassen. Dann soll der Tauschvertrag folgen. Läuft die Sache glatt, könnte der Baubeginn dann im Folgejahr liegen.

Altes Brauereigelände

Die im Jahr 2012 gestartete Überplanung des alten Brauereigeländes inklusive des Öxinger Platzes ist in dieser Liste zwar das älteste Vorhaben - aber auch eines der prägendsten für die Innenstadtentwicklung von Grafing. Nicht nur füllte die Stadt eine innenstadtnahe Brachfläche mit drei Geschosswohnungsbauriegeln. Darunter entstand auch eine zentrumsnahe Tiefgarage mit über 50 öffentlich gewidmeten Stellplätzen. Sie gelten als wesentliche Voraussetzung für eine mögliche Umgestaltung des Marktplatzes ohne Parkplätze auf der Mittelinsel.

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Schönblick-Nord

Der aktuelle 1,5-Hektar-Plan sieht eine Mischung aus Einfamilien-, Doppel- und Dreispänner-Reihenhäusern vor. Verglichen mit der Bestandsbebauung im Süden ist sie allerdings alles spürbar kompakter. Aktuell befinden sich die städtebaulichen Verträge in der Mache. Sind sie unterschrieben, könnte alles ganz schnell gehen. Das gilt allerdings auch für mögliche Klagen gegen die Aufstellung des Bebauungsplans, die einige Nachbarn bereits erwägen sollen.

Am Dobel West/Dobelklause

Die große Wiese an der Pfarrer-Dr. Zeiller-Straße gehört zu den letzten großen innerstädtischen Areale im Grafinger Süden, die sich noch baulich entwickeln lassen. "Am Dobel West" und "Dobelklause" lauten die Bezeichnungen der Bebauungspläne, deren Billigungs- und Aufstellungsbeschluss der Stadtrat kurz vor der Sommerpause fasste. Bis zu vier Mehrfamilienhäuser mit je drei Wohnungen sowie zwölf Reihenhäuser könnten auf dem 5 500-Quadratmeter-Areal einmal entstehen. Um oberirdische Parkplätze weitgehend verzichtbar zu machen, ist eine Tiefgarage vorgesehen. Im Oktober liegen die Pläne zur Einsicht im Rathaus aus.

Hans-Eham-Platz-West

Die große Wiese hinter dem Hans-Eham-Platz, die nach einer Bebauung nur so zu schreien scheint, dürfte dagegen auf absehbare Zeit große Wiese bleiben. Formal stelle sie eine Außenbereichsinsel im Innenstadtbereich dar. Vor einer Bauentwicklung müsste unter den zahlreichen Eigentümern Einigkeit bestehen, dass ein Teil des Baulands gemäß örtlichem Kriterienkatalog verbilligt an weniger Betuchte abgegeben wird. Und vor dieser Einigkeit, so erzählen es mit der Angelegenheit Vertraute, sei die Runde weit entfernt.

© SZ vom 29.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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